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Mareks Todfeind

Mareks Todfeind

Titel: Mareks Todfeind
Autoren: Jason Dark
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Votivbilder mit den Fotos der Verstorbenen fielen dem Betrachter auf. Kein Weg war mit Kies bedeckt. Wer über den Friedhof ging, der wirbelte auch Staub auf. Marek machte da keine Ausnahme.
    Es kam ihm vor, als wäre es hier noch stiller geworden als im Dorf selbst. Heißer war es auf jeden Fall, und der einsame Besucher litt unter den Strahlen der Sonne.
    Da nichts Hohes seinen Blick versperrte, hatte er das frische Grab schnell entdeckt. Man hatte es am anderen Ende des Friedhofs geschaufelt, wo noch genügend Platz war.
    Der Pfähler lenkte seine Schritte dorthin. Er blieb vorerst allein auf dem Friedhof und stoppte schließlich neben dem aufgeworfenen Erdhügel, in dem ein Spaten steckte.
    Marek warf einen Blick in die Grube und spürte den kühlen Schauer auf seinem Rücken. Auch jetzt konnte er sich nicht vorstellen, dass sich Vargas dort freiwillig beerdigen ließ. Das wollte ihm einfach nicht in den Kopf. So dumm konnte er nicht sein, dass er diese Masse an Erde auf den Sarg fallen ließ.
    Der Pfähler war davon überzeugt, dass Vargas einen anderen Plan verfolgte und nur in seine zweite Existenz hineinging. Wobei sich Marek auch die Frage stellte, wer ihn zum Vampir gemacht hatte. Man wird schließlich nicht als Blutsauger geboren.
    Er wünschte sich die Antworten auf die Frage, und er wünschte sich weiter, dass er sie nicht allein suchte, sondern so schnell wie möglich Hilfe von seinem Freund John Sinclair bekam.
    Der Pfähler wusste nicht, wie lange er in Gedanken verloren vor dem Grab gestanden hatte. Die Zeit war relativ geworden. Er schwitzte im prallen Schein der Sonne, doch das gehörte einfach dazu. Er konnte sie ja nicht ausradieren.
    Die Stille blieb nicht. Sie wurde durch ein bestimmtes Geräusch unterbrochen, und als sich Frantisek umdrehte, sah er den Kopf des Pferdes oberhalb der Mauerkante. Er wusste, dass die Beerdigung beginnen würde.
    Und das ohne einen Priester. Nur die Sargträger und die Menschen aus dem Ort waren da.
    Marek trat zur Seite. So konnte er sehen, wie der Sarg von dem Wagen gehoben wurde, den das Pferd gezogen hatte. Vier Männer schleppten ihn und litten in der Hitze.
    Als schwarze Gestalten betraten sie den Friedhof. Die Zylinder auf den Köpfen wirkten fast lächerlich, und sie gingen auch nicht richtig im Gleichschritt, sodass der Sarg schaukelte, als befände er sich auf dem Deck eines Bootes.
    Je länger Marek über die Beerdigung nachdachte, desto mehr wurde sie für ihn zu einer Farce. Er konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass er hier eine normale Beerdigung erlebte. Das hier war ein Schauspiel, in dem Vargas den Regisseur abgab, im Hintergrund lauerte und sich dabei ins Fäustchen lachte über all die dummen Menschen, die ihm einen Gefallen taten.
    Für Marek stand fest, dass er einen Plan verfolgte, doch wie der genau lief, das war ihm nicht bekannt, und darüber ärgerte er sich. Er hätte zu gern gewusst, was dieser Blutsauger vorhatte.
    Zunächst wurden seine Gedanken von dem Bild abgelenkt, das er zu sehen bekam. Die vier schwitzenden Männer schleppten den Sarg auf das Grab zu. Sie gingen dabei den kürzeren Weg. Manchmal traten sie auch auf die Kantsteinumrandung irgendwelcher Gräber, sodass der Sarg noch mehr ins Schaukeln geriet.
    Hinter dem Quartett gingen die Beerdigungsgäste. Sie kamen Marek wie ein kurzer dunkler Bandwurm vor. Ihre Schritte schleiften über den Boden hinweg, und bei jeder Berührung produzierten sie Staubwolken, die um sie herum quollen.
    Sie sprachen nicht. Die Männer und Frauen schritten stumm und waren in Gedanken versunken. Kinder befanden sich nicht unter den Trauergästen, was Marek sehr entgegenkam. Er hatte Zeit genug gehabt, um sich einen Plan zurechtzulegen. Er würde dafür sorgen, dass die Beerdigung nicht unbedingt zu normal ablief.
    Erst ließ er die Leute kommen. Die vier Träger hatten schwer zu schleppen, und das hörte man ihnen auch an. Mit dem Geräusch ihrer Schritte erreichte Marek auch das Keuchen, und so waren sie froh, ihre Last absetzen zu können, und zwar dort, wo schon die Seile bereitlagen, an denen der Sarg nach unten gelassen wurde.
    Wie auf ein Kommando hin nahmen sie ihre Zylinder ab und wischten sich den Schweiß von Stirn und Gesicht.
    »Endlich«, sagte einer.
    Die übrigen Trauergäste hatten sich vor dem Grab verteilt. Marek schaute in ernste Gesichter, doch er sah keine Tränen. Der Schmerz der Menschen hielt sich in Grenzen.
    »Will einer noch eine Rede halten?«, erkundigte
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