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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2
Autoren: Gary Jennings
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es einen Himmel gibt, ich keine große Hoffnung darein setzen dürfte hineinzukommen; und gibt es eine Hölle, dann, möchte ich meinen, habe ich wahrhaftig andere Dinge, um die ich mir Sorgen machen müßte als darum, wie es meinen Nachfahren am Rialto ergehen mag.
    Ich bin wohl alles andere als ein vorbildlicher Christ, aber ich bin auch nicht so wie jene Väter im Fernen Osten, die ich Dinge habe sagen hören wie: »Nein, ich habe keine Kinder. Nur drei Töchter.« Ich habe Töchtern gegenüber nie irgendwelche Vorurteile gehabt. Selbstverständlich hätte ich mir Töchter gewünscht, die besser aussähen und intelligenter wären. In der Beziehung bin ich vielleicht übertrieben heikel, weil ich in jüngeren Tagen das Glück hatte, so viele überaus schöne und intelligente Frauen zu kennen. Aber in ihren jüngeren Tagen hatte Donata auch dazugehört, und wenn sie sich nicht in ihren Töchtern wiederholen konnte, muß das wohl an mir liegen.
    Der kleine Raja der Hindus hatte sich mir gegenüber einmal darüber ausgelassen, daß kein Mann je mit Sicherheit wissen könne, wer der Vater seiner Kinder ist, doch habe ich in der Beziehung nie die geringsten Ängste gehabt. Ich brauche sie mir nur anzusehen -Fantina, Bellela und Morata -, sie sind mir alle drei viel zu sehr wie aus dem Gesicht geschnitten, als daß irgendein Zweifel herrschen könnte. Nun muß ich allerdings eilends erklären, daß Marco Polo sein Lebtag kein schlecht aussehender Mann gewesen ist. Dennoch möchte ich nicht gerade ein im heiratsfähigen Alter stehendes Mädchen sein und so aussehen wie Marco Polo. Wenn ich das wäre und eben so aussähe, dann würde ich mir zumindest wünschen, zum Ausgleich ein einigermaßen heller Kopf zu sein. Leider sind meine Töchter auch in dieser Hinsicht etwas zu kurz gekommen. Ich will damit nicht sagen, daß sie sabbernde Schwachköpfe wären; sie sind nur nicht besonders feinfühlig, glanzlos und besitzen keinen Charme.
    Dennoch sind sie meines Blutes. Kann der Töpfer es sich leisten, die einzigen Töpfe zu verachten, die er jemals gemacht hat? Und es sind gute Mädchen, die ein gutes Herz haben, zumindest wird mir das immer wieder tröstend von meinen Bekannten gesagt, die mit hübschen Töchtern gesegnet sind. Das einzige, was ich sagen kann, ist, daß meine Töchter, soweit ich es aus Erfahrung weiß, sauber sind und gut riechen. Nein, ich kann auch noch sagen, daß sie das Glück haben, einen Papa zu besitzen, der sie mit den Reizen des Reichtums ausstatten kann.
    Der junge Bragadino zeigte sich letztlich von meinem Gerede an jenem Tag nicht so abgestoßen, daß er für immer fortgeblieben wäre, und als er das nächstemal vorsprach, beschränkte ich mich in meinen Erörterungen auf Fragen wie Erbe und Aussichten. Er und Fantina sind jetzt in aller Form verlobt, und Bragadino der Ältere und ich werden uns in Bälde wegen der impalmatura beim Notar einfinden. Meiner zweiten Tochter, Bellela, wird eifrig von einem jungen Mann namens Zanino Grioni der Hof gemacht. Morata wird, wenn es soweit ist, gewiß auch einen Freier finden. Ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß alle drei Mädchen froh sein werden, wenn sie nicht mehr als die Damine Milione gelten, und mich beschleicht kein überwältigendes Bedauern, daß die Compagnia, das Vermögen und das Haus Polo über Generationen hinweg in den Compagnie und Häusern Bragadino, Grioni Eccètera versickern wird. Sollten die Vorstellungen der Han stimmen, erregt dies vielleicht Betroffenheit unter meinen Ahnen, von Nicolò bis hin zu jenem ersten dalmatinischen Pavlo, doch mir macht das nicht viel aus.
    8
     
    Wenn ich mich wegen der Tatsache, daß ich keine Söhne habe, wirklich beklage, dann nur wegen dessen, was das für Donata bedeutete. Sie war erst zweiunddreißig Jahre alt, als Morata geboren wurde, doch die Geburt einer dritten Tochter überzeugte sie offensichtlich, einfach keine Söhne bekommen zu können. Und gleichsam, um zu verhindern, daß durch Zufall noch eine Tochter zur Welt kam, begann Donata fortan manches zu tun, mich vom ehelichen Umgang mit ihr abzuhalten. Es war nie so, daß sie durch Wort oder Geste irgendwelche Annäherungsversuche von meiner Seite abgewiesen hätte, doch fing sie an, sich so zu kleiden, so auszusehen und sich so zu verhalten, daß sie für mich weniger reizvoll und meine Glut nach ihr weniger groß wäre.
    Sie ließ zu, daß ihr Gesicht mit zweiunddreißig sein Strahlen verlor, ihr Haar seinen Glanz und ihre Augen
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