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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2
Autoren: Gary Jennings
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fein ist wie Waliser Flanell.
    Auch lassen die Mongolinnen keine Milch gelten, es sei denn Pferdemilch. Sie geben nicht einmal ihren eigenen Kindern die Brust sondern nähren sie von klein auf mit Stutenmilch. Mit dieser Flüssigkeit machen sie ein paar ganz und gar ungewöhnliche Sachen; so dauerte es auch nicht lange, und ich überwand meinen Widerwillen und wurde allmählich zu einem begeisterten Anhänger aller mongolischen Milcherzeugnisse. Das am weitesten verbreitete ist das leicht berauschende kumis. Dieses Getränk gewinnt man dadurch, daß man frische Stutenmilch in einen großen Lederbeutel gießt, welchen die Frauen mit schweren Schlegeln bearbeiten, bis sich Butter gebildet hat. Die Butter wird abgeschöpft, und die Molke, die übrigbleibt, wird zum Gären gebracht. Dies kumis schmeckt streng und beißend und hinterläßt einen leichten Nachgeschmack nach Mandeln; wer genug davon trinkt, kann sogar betrunken werden. Wird der mit Milch gefüllte Beutel so lange geschlagen, bis Butter und Quark abgeschöpft oder herausgeseiht worden sind und nur noch die dünne Molke zum Gären übrigbleibt, wird daraus eine angenehm süßliche, gesunde und belebende kumis-Art, die arkhi genannt wird. Davon braucht man längst nicht soviel zu trinken, um sich zu berauschen.
    Neben der Buttergewinnung aus der Milch verwenden die Mongolinnen auch den Quark auf eine höchst ungewöhnliche Weise. Sie breiten ihn in der Sonne aus und trocknen ihn zu harten Brocken ein. Diese grut genannte Masse hält sich beliebig lange, ohne zu verderben. Ein Teil davon wird für den Winter aufgehoben, denn dann geben die Stuten ja keine Milch; ein anderer Teil wird in Beutel gefüllt und als Notration von den Kriegern unterwegs mitgeführt. Das grut braucht bloß in Wasser aufgelöst zu werden und ergibt dann einen rasch hergestellten, nahrhaften seimigen Trank.
    Die Aufgabe des Stutenmelkens obliegt bei den Mongolen allerdings den Männern; sie stellt sogar eine Art männlichen Vorrechts dar und ist den Frauen verboten. Die Bereitung von kumis und arkhi und grut hinterher ist wie die Filzherstellung Frauenarbeit. Ja, eigentlich ist es so, daß überhaupt alle Arbeit in einem Mongolen-bok von den Frauen verrichtet wird.
    »Denn die einzig richtige Beschäftigung für einen Mann ist das Kriegführen«, sagte mein Gastgeber mir an diesem Tag. »Und die einzig richtige Aufgabe für die Frau ist es, sich um ihren Mann zu kümmern. Uu?«
    Da das Mongolenheer überall hingeht in Begleitung der Kriegerfrauen sowie außerdem anderer Frauen für die unverheirateten Männer, wozu dann noch die Kinder all dieser Frauen gehören, läßt es sich nicht leugnen, daß sich die Männer selten um etwas anderes als um das Kämpfen zu kümmern haben. Eine Frau ist auch ohne Hilfe anderer imstande, eine yurtu abzubauen oder aber auch aufzustellen; außerdem übernimmt sie sämtliche Aufgaben der Vorratshaltung, der Sauber-und Instandhaltung der yurtu, der Ernährung und Bekleidung ihres Mannes, hält ihren Mann in Kampfstimmung und pflegt ihn, wenn er verwundet ist, hält sein Gerät und seine Waffen instand und pflegt auch noch seine Pferde. Auch die Kinder arbeiten, sammeln Dung oder kara für die bok-Feuer, hüten die Herden und nehmen am Wachdienst teil. Die wenigen Male, da eine Schlacht zuungunsten der Mongolen ausgegangen ist und sie auf ihre Reserven im Lager zurückgreifen mußten, sollen die Frauen zu den Waffen gegriffen, sich selbst ins Kampfgetümmel geworfen und sich tapfer geschlagen haben.
    Leider kann ich nicht sagen, daß die Mongolinnen den kriegerischen Amazonen der Antike gleichen, wie die abendländischen Künstler sie dargestellt haben. Man hätte sie fast für mongolische Männer halten können, denn sie haben das gleiche flache Gesicht, die hochsitzenden Wangenknochen und die ledrige Gesichtshaut, die gleichen aufgequollenen Lider, welche die Schlitzaugen entstehen lassen, die, wenn man sie überhaupt einmal sieht, immer rot entzündet sind. Die Frauen sind vielleicht nicht ganz so robust und kräftig wie die Männer, doch merkt man ihnen das nicht an, weil sie in ebenso weite Kleidung gehüllt sind wie die Männer. Wie die Männer besitzen sie, da sie es ihr Leben lang gewöhnt sind zu reiten -und zwar rittlings auf dem Pferd sitzend wie ein Mann -, einen ausgeprägt breitbeinigen Gang. Unterscheiden tun sich die Frauen von den Männern eigentlich nur dadurch, daß sie keinen schütteren Kinn-oder Lippenbart tragen wie einige von diesen.
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