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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel
Autoren: Christian Ditfurth
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den Jeep sich nähern. Jetzt wusste Stachelmann, was geschehen sollte. Er sprang Kohn in den Rücken, beide fielen hin. Kohn lag auf dem Bauch, Stachelmann auf Kohn. Er hatte die Fernbedienung noch in der Hand, der Daumen hatte einen Hebel umgelegt. Ein Knall, trocken und laut. Stachelmann zerrte an Kohns Arm, Kohn ließ die Fernbedienung los, drehte sich auf die Seite. Stachelmann fiel neben ihn. Ihn überraschte die Kraft des Alten. Kohn stand auf und trat Stachelmann ins Gesicht. Im Liegen sah Stachelmann, wie sich ein anderer Mann näherte. Er hatte weiße Haare, ein sonnengebräuntes Gesicht und trug ein graues Jackett. In der Hand glitzerte etwas. Kohn brüllte los. Der Schrei kam tief aus ihm heraus, Stachelmann lief ein Schauder über den Rücken. Kohn schrie nur ein Wort: »Holler!« Er stürzte auf den anderen Mann zu. Ein Knall. Kohn blieb stehen, als wäre er auf ein Hindernis gestoßen. Er wankte, er schrie, es war nicht zu verstehen, was er schrie. Es war nur laut. Im Schrei erklangen Schmerz, Schreck und Zorn. Kohn fiel zu Boden. Stachelmann schaute auf den Mann, jetzt erkannte er die Waffe. Stachelmann stand auf und rannte weg, es tat ihm weh. Da fiel ihm ein, er kannte den Mann. Er hatte ihn schon einmal gesehen, es war in Berlin gewesen, auf dem Bahnhof Friedrichstraße und im Adlon, wohin er ihm gefolgt war. Das Gesicht tat ihm weh, es übertönte den Schmerz in den Knöcheln, Stachelmann drehte sich um, während er lief. Der Mann folgte ihm nicht, er war nicht mehr zu sehen. Stachelmann zwang sich, stehen zu bleiben. Vorsichtig ging er zurück. Er nutzte die Deckung der Baufahrzeuge. Kohn lag auf dem Bürgersteig. Er bewegte sich nicht. Stachelmann schaute sich um, der andere Mann war geflohen. Stachelmann stand neben Kohn und blickte auf ihn hinunter. Kohn stöhnte leise. Stachelmann entdeckt einen Trichter auf Hollers Rasen, dort war der Jeep explodiert. Er sah niemanden. Ein Kind weinte.
    Er beugte sich hinunter zu Kohn. Der lag auf der Seite. Stachelmann fasste ihm an den Hals. Er glaubte, ein leichtes Pulsieren zu spüren. Kohn öffnete die Augen. Er schaute an Stachelmann vorbei. Aus seinem Mund floss Blut, ein dünner roter Strom färbte den Gehsteig, vermischte sich mit Staub und lief zäh über die Bordsteinkante auf die Straße.
    »Warum?«, fragte Stachelmann. Dumme Frage, dachte er. Die Antwort kannte er schon, wenn auch nicht in ihren Einzelheiten.
    »Er hat mein Spielzeugauto zertreten.« Kohn flüsterte stoßweise.
    »Er hat Ihre Familie bestohlen, damals.«
    »Er hat mein Spielzeugauto zertreten.«
    »Deshalb bringen Sie eine Frau und Kinder um, die damit nichts zu tun haben?«
    »Wen denn sonst? Ich habe nicht gewusst, dass Holler noch lebt. Ich habe ihn erst heute wieder gesehen. Jetzt hat er auch mich getötet.«
    Stachelmann konnte wieder denken. Er wählte die Notrufnummer auf seinem Handy und forderte einen Krankenwagen und die Polizei an. »Schicken Sie Kommissar Oskar Winter her, schnell.« Wo waren die Polizisten, die Hollers Villa bewachten? Wahrscheinlich waren sie auf Hollers Anwesen gestürzt, als der Jeep explodierte.
    »Warum haben Sie die Kinder ermordet?«
    »Warum haben die meine Eltern vergast?« Kohn sprach langsamer. Etwas zuckte durch seinen Körper. »Was sollte ich denn machen?« Er schloss die Augen und schwieg. Er sah friedlich aus, nicht wie ein Mensch, der sich fast ein ganzes Leben lang mit seiner Rache abquälte. Stachelmann hob den Kopf. Der alte Holler trat aus dem Gartentor, schaute sich um, erkannte Stachelmann, erstarrte, zögerte, dann wendete er sich abrupt ab und rannte in die andere Richtung. Stachelmann ließ Kohn liegen und folgte Herrmann Holler. Einen Augenblick fürchtete er, ihn verloren zu haben. Er rannte zu der Stelle, wo er ihn zuletzt gesehen hatte. Holler lief gerade in eine Seitenstraße. Stachelmann folgte ihm. Er hatte Angst vor Hollers Pistole, aber er bezwang seine Schmerzen und lief. Er hörte sich keuchen. Die Nase tat ihm weh, Kohn hatte hart getreten. Kohn war vielleicht tot, vielleicht rettete ihn der Notarzt. Holler schaute sich um, blieb stehen und zielte mit der Pistole auf Stachelmann. Stachelmann hörte den Knall. Er blieb auch stehen, dann sprang er hinter einen Baum und beobachtete Holler. Der steckte die Pistole ein und rannte wieder los, Stachelmann hinterher. An einer Kreuzung verschwand Holler nach rechts. Stachelmann erreichte kurz danach die Kreuzung. Er sah ein Taxi wegfahren. Auf der Rückbank saß Holler
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