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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
Autoren: Walter Mosley
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hatten allein mir gehört. Ich war sehrglücklich in der Gegenwart dieses Kindes, das mir kostbare Geschenke anbot, in diesem kleinen Raum.
    »Wie geht es Fritz?«, fragte ich.
    »Er ist auf dem Land geblieben.«
    »Hat er sich von seiner Episode erholt?«
    »Er geht und spricht wieder, falls Sie das meinen. Er konnte sich nicht an Sie erinnern. Und ich habe niemandem erzählt, dass Sie da waren. Ich dachte mir, Sie wollten meinen Vater sprechen, und ich wollte Ihnen nicht im Weg sein. Obwohl ich gern mehr darüber erfahren würde, was Sie wollen.«
    »Gehört Ihnen das Gemälde wirklich?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Haben Sie jemals zuvor jemandem ein solches Geschenk angeboten?«
    »Sie meinen, etwas so Wertvolles?«
    Ich nickte.
    Hannah hatte ein langes, jugendlich hübsches Gesicht, das noch attraktiver wirkte, wenn sie konzentriert nachdachte. Ich mochte sie, meiner Erziehung zum Trotz.
    »Nein«, sagte sie schließlich. »Noch nie. Aber was hat das mit meiner Frage zu tun?«
    »Ein Typ aus Albany hat mich engagiert, vier Männer zu suchen«, sagte ich. »Ich habe sie gefunden. Einer war tot, einer im Gefängnis, einer wartete auf seinen Prozess wegen Einbruchs, und der letzte führte das Leben eines ordentlichen Bürgers. Ich habe die Informationen weitergegeben, und die drei Überlebenden wurden angegriffen. Zwei sind tot, der Dritte ist es bald vielleicht auch. Danach hat jemand oder vielleicht waren es auchzwei verschiedene Jemande, versucht, mich umzubringen. Ich mag es nicht, auf diese Weise benutzt zu werden. Ich möchte nicht, dass Menschen meinetwegen sterben, und ich möchte selbst auch nicht getötet werden. Also habe ich versucht herauszufinden, wer mich benutzt hat. Den Detektiv, der mich engagiert hat, gibt es anscheinend gar nicht, aber weil ich gut bin in dem, was ich mache, bin ich am Ende auf einen Namen gestoßen.«
    »Welchen Namen?«, fragte Hannah.
    »Roman Hull.«
    »Mein Großvater?«
    Ich nickte erneut.
    »Ich erzähle Ihnen das, weil Sie mir dieses Gemälde zum Geschenk machen wollten und weil es die Wahrheit ist. Vielleicht hab ich ein oder zwei Details ausgelassen, aber das sind im Wesentlichen die Gründe, warum ich hier bin.«
    Hannah fasste sich an die Stirn und malte mit dem Finger kleine Kreise an ihre Schläfe.
    »Werden Sie meinen Großvater umbringen?«
    »Menschen wie ich töten Menschen wie ihn nicht«, sagte ich. »Ich will bloß der Wahrheit auf den Grund kommen. Ich will wissen, was passiert ist, und ich will, dass es aufhört.«
    »Großvater Roman hat Fritzie und mich immer gekniffen, wenn wir nicht gemacht haben, was er gesagt hat«, meinte sie. »Es wurde so schlimm, dass Dad uns verboten hat, ihn zu besuchen, bis wir Teenager waren. Es heißt, er hätte vor vielen Jahren einen Rennfahrer ermordet und dann dessen Witwe geheiratet. Sie sind allerdings nicht lange zusammengeblieben.«
    »Die Geschichten habe ich auch gehört.«
    »Er ist oben«, sagte sie.
    »In diesem Moment?«
    Nun war es an ihr zu nicken.
    »Kann ich ihn sprechen?«
    »Ich bringe Sie zu ihm«, sagte sie ernst, als ob die Worte ein Gelöbnis wären.
    Wir gingen zurück durch die Küche. Die Hausangestellten waren verschwunden.
    Im Flur der Meisterwerke warf ich einen kurzen Blick auf das Bild, das ich begehrte. Als wir die große Eingangshalle betraten, kreischte von irgendwoher der gelbe Papagei, doch ich sah ihn nicht.
    »Er wohnt im zweiten Stock«, erklärte Hannah mir, als wir die Treppe hinaufgingen.
    Im ersten Stock mussten wir die große Halle einmal umrunden, um zum nächsten Treppenabsatz zu gelangen. Entlang der Galerie befanden sich Türen und Durchgänge, die in weitere Zimmer und Flure führten. Aus der letzten Tür streunte mit einem Mal eine Frau auf die Galerie.
    »Streunen« ist das richtige Wort. Sie trat in seltsam schrägem Winkel auf den Flur, den Kopf gewendet, als suche sie etwas hinter sich. Sie sah aus, als hätte sie sich in ihrem eigenen Haus verlaufen.
    »Mutter«, sagte Hannah.
    Überrascht drehte die Frau sich um, um uns zu betrachten. Sie war ein Geschöpf von außergewöhnlicher Schönheit. Von der Form ihres Gesichts bis zum tiefen Blau ihrer Augen würde diese Frau, die etwa in meinemAlter war, immer das Opfer des Begehrens und der Eifersucht anderer sein. Sie hatte eine schlanke, anmutige Gestalt, die in ein transparentes, pastellfarben violettes Kleid gehüllt war, das sich alle Mühe gab, ihrer Schönheit zu entsprechen. Sie hatte blondes Haar, das, durchsetzt von
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