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Manchmal muss es eben Mord sein

Manchmal muss es eben Mord sein

Titel: Manchmal muss es eben Mord sein
Autoren: Frida Mey
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Gruß hatte er aufgelegt.
    »Du, Gudrun, der Prinz hat schon den Obduktionsbericht. Warum wir eigentlich nicht?«
    In diesem Augenblick kam Felix zur Tür herein und schwenkte ein Briefkuvert.
    Hastig öffnete Alex den Umschlag. Gudrun sah ihr über die Schulter. »Das kennen wir alles schon, aber da!«
    Sie begann laut zu lesen. »In Mundhöhle, Nasenlöchern und der Luftröhre befanden sich Textilfasern aus Kaschmir und Seide, Farbe Hellbeige …«
    Alex hörte kaum noch zu. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und stieß so heftig die Luft aus, dass Gudrun sie erstaunt anstarrte.
    Kaschmir und Seide. Damit schied Elfie Ruhland aus der Reihe der Verdächtigen aus, denn das bestickte Kissen hatte nichts mit dem Tod von Stefan Windisch zu tun. Das war eindeutig aus Leinen.
    Elfie runzelte die Stirn. Was Rüdiger heute sagte, gab ihr zu denken.
    » Empowerment ist ein Handlungskonzept, das an den Stärken und Kompetenzen der Menschen zur Lebensbewältigung ansetzt, und zwar auch und gerade in Lebenslagen, die von persönlichen und sozialen Schwächen gekennzeichnet sind«, erklärte Rüdiger. »Es ist also eine Hilfe zur Selbsthilfe.«
    Das war ein völlig neuer Ansatz. Elfies Gedanken überschlugen sich, während Rüdiger weiterredete.
    »Nun wollen wir unsere bisherigen Erfahrungen mit Empowerment austauschen und über künftige Handlungsformen diskutieren«, schloss Rüdiger seinen Vortrag.
    Niemand meldete sich zu Wort. Die meisten blickten zu Boden.
    »Ich bin sicher, jeder von euch kann ein Beispiel nennen«, sagte Rüdiger. »Und ich sehe es Yvonne an, dass ihr schon etwas eingefallen ist.«
    Yvonne lächelte verlegen. Noch vor ein paar Monaten wäre sie jetzt im Boden versunken. Doch durch Rüdigers Hilfe hatte sie sich ziemlich herausgemacht.
    »Also, bei mir war es so, dass es mir total geholfen hat, wie wir im Kreis immer sagen, dass wir stark sind und so. Es einfach mal auszusprechen hilft mir. Dadurch fühle ich mich jetzt nicht mehr so schwach und hilflos – jedenfalls nicht immer«, sagte Yvonne und knetete mit beiden Händen ihr gelbes T-Shirt. Auch wenn ihr Gemüt inzwischen etwas sonniger geworden war, stand ihr Gelb immer noch nicht.
    »Du, das war aber ein schönes Beispiel«, lobte Rüdiger mit sanfter Stimme. »In der Gruppe geben wir uns gegenseitig Kraft und bestärken uns in unseren Kompetenzen.«
    Noch nie hatte Elfie Rüdigers Worte in Frage gestellt, doch heute hatte sie Probleme damit. Zögerlich hob sie ihre Hand.
    Erfreut wandte sich Rüdiger ihr zu.
    »Ja, Elfie. Nun du.«
    »Schließt Hilfe zur Selbsthilfe denn eigenes aktives Tun aus?«, fragte sie.
    Rüdiger sah sie erstaunt an.
    »Aber das ist doch sehr aktiv, anderen zu helfen und sie zu ermutigen, ihre eigenen Stärken zu entdecken. Findest du nicht?«
    Damit konnte sich Elfie nicht zufriedengeben.
    »Ja, schon. Aber unsere Leitsätze sagen doch, wir sind für unsere Mitmenschen verantwortlich und befreien uns von allem Negativen. Da muss man doch auch mal selbst Hand anlegen.«
    Rüdiger lachte glucksend.
    »Unsere Elfie, leidenschaftlich und zupackend wie eh und je. Aber du darfst nicht alles so wörtlich nehmen. Wenn du für andere die Probleme aus dem Weg räumst, lernen sie doch nie, sich selbst zu behaupten. Du sollst sie nur begleiten und sie motivieren, ihre eigenen Ressourcen zur Problemlösung einzusetzen.«
    Elfie war sprachlos. Wenn das stimmte, hatte sie Rüdiger all die Jahre völlig falsch verstanden. Sie konnte es nicht glauben und zeigte auf den Aufdruck auf ihrem burgunderroten T-Shirt.
    »Und was genau bedeutet dann unser Mantra Ich darf das ?«, fragte sie verunsichert.
    »Das bedeutet, dass jeder das Recht hat, glücklich zu sein, sich wichtig zu nehmen und sich anderen gegenüber zu behaupten«, entgegnete Rüdiger.
    Elfie nickte.
    »Genau. Und dafür muss man andere manchmal  … nun … in ihre Schranken weisen, oder?«
    Rüdiger lächelte nachsichtig.
    »Elfie, Elfie  – immer so kämpferisch. Unsere Selbstbehauptung stößt natürlich dort an ihre Grenzen, wo wir den Lebensraum anderer beeinträchtigen. Das versteht sich doch von selbst.«
    Elfie schluckte. Sie hatte sich durch Rüdiger bei ihren Projekten stets bestätigt gefühlt. Und nun das. Entweder hatte er seine Methode geändert – oder sie hatte ihn bisher immer missverstanden. Aber so deutlich wie heute hatte er sein Konzept auch noch nie erklärt.
    Während die Diskussion in der Gruppe weiterlief, entspannte sich Elfie allmählich
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