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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte
Autoren: Nina Federlein
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angeschaut hat, als ich ihr erzählte, dass ich verheiratet bin und das schon seit 11 Jahren, da wurde mir klar, dass ich mit meinem Mann etwas doch sehr Erstaunliches geschafft und geschaffen habe.
    Auch meinen Jungs geht es gut. Manchmal habe ich Angst, dass ich meine Störung irgendwie auf sie übertrage... aber dann schau ich sie mir an und sehe, dass sie völlig normale, gesunde Kinder sind. Und jede Mutter fragt sich, ob sie es richtig macht, diese Frage können mir nur meine Jungs beantworten, wenn sie erwachsen sind.
    Ich habe einige meiner, nach außen hin vielleicht „kranken“, Verhaltensweisen einfach beibehalten, weil ich mich so mag, wie ich jetzt bin. Ein bisschen verrückt, unberechenbar, melancholisch, gern mal depressiv, aber leidenschaftlich und eine Vollblutspielerin. Das ist der Schlüssel, aus all den Gedanken und Empfindungen eine Mischung für sich zu finden, mit der man klar kommt. So viele Menschen haben mir schon gesagt, wie sehr sie mich für meinen Mut und meine Andersartigkeit bewundern, für meine Offenheit, mein liebes Wesen. Es ist nicht alles schlecht gewesen, ich habe daraus gelernt.
    Das ist mir persönlich so wichtig, jedem, der es hören will, mit auf den Weg zu geben: Lerne, dich selber anzunehmen! Das klingt so oberflächlich oder einfach und ist doch so verdammt schwer. Weil nicht immer das rauskommt, was man sich selber vielleicht so gewünscht hat. Ich musste einige Dinge an mir annehmen, die mir selber nicht in den Kram passen. Ich bin lange nicht so liebenswert, wie ich vielleicht gern wäre, ich kann verdammt zickig sein und rechthaberisch.
    Ich bin schwach in Momenten, wo ich lieber Stärke zeigen würde. Ich habe Schwächen und ich bin nicht perfekt. Ich hatte einfach das Glück, einen Menschen zu treffen, der mich genau so liebt, wie ich bin und nicht so, wie ich glaube, sein zu müssen. Ich war vielleicht gut in der Schule und ich bin nicht gerade dumm, aber es kostet mich so viel Kraft und überfordert mich, ständig Leistung bringen zu müssen.
    Also muss ich auf mich achten, ich kann keine Superkarriere starten, es gibt Tage, da krieg ich gar nichts hin, dann wieder erledige ich zehn Dinge gleichzeitig. Das ist ok, auch wenn`s am Anfang schwer fällt. Ich habe Vorlieben und Neigungen, die nicht immer für jeden zu verstehen sind. Ich bin ausgeflippt und dann wieder ganz bieder... was ich damit sagen will ist, man muss lernen, sich anzunehmen, aber nicht das ach so perfekte Bild, das man so gern für sich zeichnet, dieses Ideal, wie wir gern sein würden. Manchmal steckt etwas ganz anderes in uns, und das gilt es herauszufinden.
    Wenn ich mich unterfordere, dann fangen die Schmerzen und die Müdigkeit an und ich werde schlecht gelaunt und maulig. Wenn ich mir zu viel zumute, dann dauert es nicht lange, ich bekomme meinen Heulflash und breche zusammen. Oder ich habe Hungerdruck oder Fressdruck.
    Da ist meine „Krankheit“, mein Frühwarnsystem, das mir hilft, bei mir zu bleiben, achtsam zu sein, wie meine Mama immer so gern sagt.
     
    Ich kann noch immer nicht einfach eine Pizza essen, ich zähle immer noch Kalorien und versuche schlank zu bleiben. Aber ich mache wieder Sport, weil er mir Spaß macht und ich esse mit Genuss. Und ab und zu sitze ich einfach nur faul auf dem Sofa, obwohl es grad massig an Arbeit zu tun gibt.
    Mein tapferer Mann erträgt meine Launen... aber er bleibt dabei, er will es genau so. Er meinte schon mehrmals, ich bin auch nach elf Jahren Ehe so interessant wie am ersten Tag. Weil er nie weiß, welche Frau heute neben ihm aufwacht. Meine Launen wechseln, aber ich sehe das als ein „am Leben sein“ an. Ich könnte nicht den ganzen Tag mit der gleichen Stimmung herumlaufen.
    Und ich habe Glück gehabt. Mein Magen hat alles gut überstanden, so auch meine Speiseröhre. Auch meine Zähne haben die jahrelange Kotzerei mit täglich bis zu drei Fressanfällen gut überstanden. Mein Geldbeutel hat mehr gelitten, ca. 30 Tausend Euro hat mich meine Sucht gekostet.
    Aber es ist nur Geld, meine Gesundheit ist wichtiger. Denn eines ist zu einhundert Prozent wieder da: Meine Lust am Leben.
     
    Viele Leute fragen mich, warum ich denn nun Essgestört bin/war und ganz ehrlich, ich weiß es immer noch nicht. Aber die Antwort ist auch nicht wichtig, ich habe irgendwann aufgehört, danach zu suchen oder danach zu fragen. Warum hat jemand Krebs, warum einen Herzinfarkt, warum stirbt ein kleines Kind mit drei Monaten einfach am Kindstod? Die Antwort ist
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