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Manche moegen's Kowalski

Manche moegen's Kowalski

Titel: Manche moegen's Kowalski
Autoren: Shannon Stacey
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dies mit gemischten Gefühlen. Nicht so sehr, weil dieser Ort ganz allgemein einige ungute Erinnerungen an seine frühen Jahre in ihm weckte, sondern ganz speziell, weil gleich vorne am ersten Schreibtisch Robert Durgin saß.
    Bob war so alt wie der Staub auf den Archivakten und mit einem Elefantengedächtnis gesegnet, wenn es um die Jugendsünden seiner Mitbürger ging, insbesondere wenn diese Kowalski hießen. Ryan hatte ihm früher – unabsichtlich – eine Fensterscheibe eingeschlagen, Liz hatte seinem Enkel – auf die charmanteste Weise – das Herz gebrochen, und Mitch war der Grund gewesen, dass Bob seinen schicken neuen Streifenwagen, auf den er so stolz gewesen war, zu Schrott gefahren hatte. Mitch selbst gab sich nicht die Schuld dafür – er war eben der bessere Fahrer. Josh und Ryan schließlich hatten auch ihre Begegnungen mit Bob gehabt. Die Tatsache, dass sie alle damals Teenager waren, zählte für ihn überhaupt nicht.
    Mitch rang sich ein Lächeln und ein kurzes Nicken ab, als er an Bobs Schreibtisch vorbeiging. Bob behielt ihn auch jetzt noch so argwöhnisch im Auge, als rechnete er jeden Augenblick damit, dass Mitch versuchen würde, ihm die Portokasse zu klauen. Der alte Cop war einer der vielen Gründe, warum Mitch, sosehr er sich auch freute, Rose und Josh wiederzusehen, der Aufenthalt in Whitford schon nach wenigen Tagen anfing, auf die Nerven zu gehen.

    Die Leute schienen immer zu glauben, dass es eine feine Sache sei, einen Platz auf der Welt zu haben, wo jeder einen kannte. Vielleicht war es so. Aber das bedeutete auch, dass jeder alles über einen wusste, sogar Dinge, an die man sich selbst nicht mehr erinnern konnte oder wollte. Dafür sorgten allein schon die Mütter, die bei jeder Gelegenheit zusammengluckten und sich über die Heldentaten ihrer lieben Kleinen austauschten. Vom ersten Pups in die Windeln bis zu den nächtlichen Streifzügen durch die Gemeinde als Jugendlicher war man Freiwild für jedweden Klatsch. Ungeachtet der Tatsache, dass aus ihm inzwischen der Chef einer der bedeutendsten Abbruchfirmen der Staaten geworden war, wurde er in Whitford immer noch auf seine Jugendstreiche reduziert. Mitch kam gern hierher, aber noch lieber kehrte er seiner Heimatstadt danach wieder den Rücken.
    Sobald Drew Miller, der Chef der Polizei in Whitford, ihn durch die große Glasscheibe, die sein Büro vom Flur trennte, erblickte, winkte er Mitch lebhaft zu sich herein. Als Mitch eintrat und die Tür hinter sich schloss, kam Drew ihm entgegen, und sie begrüßten sich mit einer herzlichen Umarmung.
    „Was bin ich froh, dich zu sehen“, sagte Drew, als er wieder in seinen Ledersessel sank, während Mitch versuchte, es sich auf dem harten Stuhl vor seinem Schreibtisch bequem zu machen.
    „Du bist jetzt also hier der Boss? Was haben sie sich denn dabei gedacht?“
    „Sie haben gedacht, dass du irgendwann mal wieder zurückkommst und es für den Fall besser wäre, jemanden auf diesem Posten zu haben, der dir ein bisschen auf die Finger sieht.“
    Mitch winkte ab. „Ihr seid alle nicht ganz dicht hier. Bob draußen guckt mich an, als wollte ich ihm sein Lunchpaket klauen. Und dich machen sie zum Polizeichef. Dabei hast du in der bewussten Nacht mit mir im Wagen gesessen.“
    „Ja, aber nicht am Steuer. Ich habe ihm später erklärt, dass ich dir hilflos ausgeliefert war und nur deshalb nicht während der Fahrt aus dem Wagen gesprungen bin, weil ich bei dem Tempo zu große Angst davor hatte. Und dass ich dich die ganze Zeit angeschrien habe, du solltest anhalten.“
    „Du bist ein solcher Spinner.“
    „Möglich. Aber Whitford vertraut mir.“
    Mitch schüttelte den Kopf. Als er einige Monate zuvor eine E-Mail von Drew bekommen hatte, die mit dem Betreff „Du wirst es nicht für möglich halten“ überschrieben war, konnte er dem nur beipflichten. Es war kaum zu glauben, dass man ausgerechnet seinen alten Freund, der an mehr als einem der wilden Streiche der Kowalski-Gang beteiligt war, zum Chef des Whitforder Police Departments gemacht hatte.
    In jener Nacht, in der der alte Bob den funkelnagelneuen Streifenwagen geschrottet hatte, war es Drew gewesen, der Mitch angefeuert hatte, aufs Gas zu treten und nicht anzuhalten, als im Rückspiegel seines alten Camaro die Blaulichter auftauchten. Mitch kannte sich im Labyrinth der Feldwege rund um die Stadt besser aus als Bob Durgin. So konnte er es sich leisten, die Scheinwerfer auszuschalten und sich auf seinen Ortssinn zu verlassen, um
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