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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
Autoren: Tonino Benacquista
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Augen von Frederick Blake all seine Probleme. Eigentlich lag diese Berufswahl auf der Hand, warum war er nicht schon früher darauf gekommen? In Cagnes zum Beispiel oder in Paris. Quintiliani würde die Idee brillant finden.
    Der Nachbar suchte mit den Augen nach seiner Frau; er wollte ihr den neuen Nachbarn, den Schriftsteller, vorstellen.
    »Ach ja, die Landung … Eigentlich könnte man jeden Tag davon erzählen, ohne dass es langweilig wird. Wir hier in Cholong sind ja zu weit vom Ort des Geschehens entfernt.«
    »Mit dem Buch möchte ich unseren Marinesoldaten ein Denkmal setzen«, sagte Fred, um das Gespräch abzuschließen. »Übrigens wollen meine Frau und ich ein Barbecue veranstalten, um alle Nachbarn hier kennenzulernen. Sagen Sie ruhig allen im Viertel Bescheid.«
    »Marinesoldaten? Und ich dachte, dass hier nur GI s gelandet sind.«
    »… Ich möchte über alle Teile der Armee schreiben. Als Erstes natürlich über die Navy. Und vergessen Sie nicht das Barbecue, versprochen?«
    »In einem Kapitel geht es garantiert um die Operation Overlord?«
    »…?«
    »Siebenhundert Schiffe sollen an ihr teilgenommen haben. Stimmt’s?«
    »Ein Freitag wäre nicht schlecht. Vielleicht nächste Woche. Oder übernächste. Wir erwarten Sie.«
    Fred verzog sich in Richtung Veranda und verfluchte, dass er kein Romanautor geworden war.
    *
    Es war gegen fünf – die Schule war aus –, aber Warren ärgerte sich noch immer über den Verlust seines Taschengelds. Was hätte er mit den zehn Euro alles anstellen können. Was eigentlich? Berge von Kaugummi kaufen oder stapelweise Gamefight , das Magazin für den Internetkrieger. Oder sich im Kino einen amerikanischen Film ansehen, in dem permanent fuck , fuck , fuck gesagt wurde. Was noch? Vergnügungen für zehn Euro hielten sich in Grenzen, das musste er zugeben. Aber was die erlittene Kränkung, die verlorene Würde und den erduldeten Schmerz betraf, handelte es sich um den Verlust eines Vermögens. Außerhalb des Schulgebäudes mischte er sich unter ein paar Grüppchen, man stellte ihn vor, er schüttelte Hände und knüpfte Seilschaften mit den Großen von der Abi-Klasse, wobei er sich vor allem um die Rugbyspieler bemühte, genossen die doch seit ihrem Sieg im Regionalfinale in der Gemeinde großes Ansehen.
    Gib ihnen das, was sie am meisten brauchen.
    Warren hatte mit seinen vierzehn Jahren seine Lektion schon gelernt. Archimedes’ Satz »Gebt mir einen festen Punkt im All, und ich werde die Welt aus den Angeln heben« bevorzugte er in der Fassung seiner Vorfahren: »Gebt mir etwas Geld und ein Gewehr, und ich werde die Welt regieren.« Alles war nur eine Frage von Organisation und Zeit. Damit ein gutes Schneeballsystem entstand, musste er nur zuhören können, die Grenzen jedes Einzelnen ausloten, seine Defizite ausfindig machen und den Preis festlegen, den ihre Beseitigung kostete. Je schneller er sich eine solide Grundlage schuf, desto eher konnte er Macht ausüben. Die Pyramide würde sich dann von selbst weiterbauen, und er könnte nach den Sternen greifen.
    Im Augenblick ging es nur um die Verteilung von Zuckerbrot, die Peitsche käme später. Die meisten Schüler gingen nach Hause, einige in ein Café, ein paar aber blieben vor Ort und warteten auf das Unterrichtsende um sechs. Unter ihnen sieben Jungs, die sich um Warren scharten.
    Der größte brauchte bessere Noten in Mathe, damit er die Klasse nicht wiederholen musste. Seine Eltern konnten ihm aber keine Nachhilfestunden zahlen. Der kräftigste, er war Rechtsaußen in der Rugbymannschaft, wäre zu gerne mit Laetitias Bruder befreundet, der neben Warren stand. Besagter Bruder würde alles tun, um an das Autogramm seines Idols Paolo Rossi zu gelangen, das Simon aus der 1B bereits hatte. Simon gäbe es gerne ab, wenn seine persönlichen Rachegelüste gegen den Typen gestillt würden, der auch Warren auf dem Kieker hatte. Dann gab es den, den alle »den Spinner« nannten. Eigentlich ein netter Junge, der aber manchmal zu Gewaltausbrüchen neigte. Er gäbe alles, um endlich von einer Gruppe, egal welcher, aufgenommen zu werden. Er wollte nicht länger der ewig Ausgestoßene sein. Warren konnte da Abhilfe schaffen. Die beiden Letzten in dem Kreis wollten ihre Probleme vor Warren nicht ausplaudern, und er wollte auch gar nichts davon wissen.
    Der Rugbyspieler wusste, dass die drei Erpresser nach dem Unterricht sich gewöhnlich in einem Park trafen, den sie als ihr Revier betrachteten und in das sie deshalb andere
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