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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita
Autoren: Claudio M. Mancini
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einem Tobsuchtsanfall stand. D’Aventuras Blick wanderte an ihm hinunter und blieb an der Hose um Grassos Füße hängen.
    »Nichts ist hässlicher als die nackte Wahrheit, nicht wahr?«, sagte der Comandante. Dann sah er dem Don in die Augen. »Signor Generalstaatsanwalt Santapola wird Ihnen die Verhaftung eröffnen. Persönlich! Dieses Privileg wird nicht jedem zuteil.«
    Grasso biss die Zähne zusammen und schwieg.
    D’Aventura wandte sich ab und sah, dass ihm Rosanna ihre Waffe hinhielt.
    »Was soll ich damit?«, fragt er und zog überrascht eine Augenbraue hoch.
    »Es ist zu Ende. Ich bin unendlich müde.«
    Zögernd nahm der Comandante die Magnum, schraubte den Schalldämpfer ab und schob beides in seine Jackentasche.
    »Und das ist auch für Sie«, fuhr Rosanna ernst fort und übergab ihm ihren Dienstausweis. »Sie haben selbst gesagt, dass diese Verhaftung mein letzter Job sein würde. Sie wissen gar nicht, wie recht Sie damit hatten.«
    Sie drehte sich wortlos um, warf ihre Tasche über die Schulter und ging zum Lift, ohne Grasso noch eines einzigen Blickes zu würdigen.
    »Wo wollen Sie jetzt hin?«, rief ihr d’Aventura nach.
    »Zum Flughafen …«

[home]
Epilog
    D ie Arme um die angezogenen Beine geschlungen, den Kopf auf die Knie gestützt, so saß Rosanna im Sand und beobachtete, wie die glutrote Sonne ganz allmählich im Meer versank. Der Platz, an dem sie regungslos die Spiegelungen im Wasser betrachtete, hätte auch an jedem Strand in Italien sein können, dachte sie. Bilder von
nonna
, von Onkel Giulio, vom Spielplatz in Agrigento drängten sich ihr auf. Ihre Gedanken waren unvermittelt in ihre Kindheit zurückgekehrt und sie schien in eine Art Trance zu fallen. Leise begann sie zu sprechen, und ihre Stimme schien wie aus einer anderen Welt zu kommen.
    Ihre Reise in die Vergangenheit mutierte unvermittelt zur Realität. Sie bebte vor Angst und atmete so flach wie möglich, um jedes Geräusch zu vermeiden. Der Mann, der die Treppe heraufkam, würde sie finden und sie umbringen. Erschießen, wie er Mama und Papa erschossen hatte. Verstecken, schnell verstecken!, das war das Einzige, woran sie denken konnte. Und ganz ruhig sein!
    Unvermittelt befand sie sich in ihrem Kinderzimmer. Sie sah sich wie in einem Film am ganzen Körper zitternd, zur Wand unter der Dachschräge schleichen. Auf Zehenspitzen, damit die Männer nicht auf sie aufmerksam wurden. Hinter der Holzverschalung befand sich ein geräumiger Hohlraum, in dem Leitungen und Kabel entlangliefen. Topolina hatte sich dort ein kleines, geheimes Nest eingerichtet, in dem sie sich immer dann versteckte, wenn sie wütend oder traurig war. Oft hatte sie sich dort stundenlang zurückgezogen und bei Kerzenlicht gelesen oder mit ihren Puppen gespielt. Es war der einzige Ort, an dem sie ganz für sich sein konnte, wo sie sich geschützt und geborgen gefühlt hatte und jetzt vielleicht vor den Mördern ihrer Eltern sicher war. Sie hob die Verkleidung aus dem Rahmen, kroch durch die schmale Öffnung und verschloss den Zugang. Von außen waren die losen Bretter kaum auszumachen, und sie hoffte innständig, dass die beiden Männer sie nicht finden würden.
    Völlig verängstigt zog sie sich in die hinterste Ecke zurück und presste sich in den Dachwinkel. Dunkelheit umschloss sie. Dann konnte sie den Mann hören, wie er in ihrem Zimmer umherging, Schränke öffnete und nach ihr suchte. Topi wagte sich nicht zu bewegen und kaum zu atmen.
    »Sie muss irgendwo im Haus sein, Grasso«, brüllte von unten eine wütende Männerstimme.
    »Sie ist nicht hier!«, brüllte der Mann in ihrem Zimmer zurück. Er musste direkt vor ihrem Versteck stehen. »Vielleicht ist sie durch den Keller abgehauen. Sieh draußen nach!«
    Topolina verharrte im Dunkel wie erstarrt und hielt den Atem an. Jeden Augenblick musste der Fremde den Eingang zu ihrem Nest entdeckt haben. Sie wagte nicht einmal, ein Kreuz zu schlagen. Endlich schien der Eindringling das Zimmer zu verlassen.
    Auch als die Schritte sich längst entfernt hatten und sie keine Stimmen mehr hörte, getraute sie sich nicht, sich zu rühren. Stunde um Stunde verging, die panische Angst aber blieb.
    Irgendwann war Topi völlig erschöpft eingeschlafen.

    Das Heulen von Sirenen drang an ihr Ohr. Sie konnte in ihrem Versteck quietschende Reifen hören. Automotoren dröhnten, und die Sirenen erstarben. Dann vernahm sie, wie Türen aufgerissen wurden und wieder ins Schloss fielen. Menschen rumorten im Haus, Stimmen gaben
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