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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter
Autoren: Georges Simenon
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Größenordnung verurteilt worden. Im Augenblick scheint er aber bei Kasse zu sein.«
    »Wie heißt er?«
    »Im Theater nennen ihn alle Monsieur Jean. Sein richtiger Name ist Bronsky. Er ist Tscheche.«
    »Ein ungedeckter«, witzelte Colombani, während Maigret die Achseln zuckte.
    »Er hat sich eine Zeitlang in der Filmbranche rumgetrieben, und ich glaube, er hat auch jetzt noch damit zu tun«, fuhr Marchand fort, der die Lebensläufe sämtlicher Pariser Persönlichkeiten, einschließlich der anrüchigsten unter ihnen, auswendig hätte herunterleiern können. »Ein hübscher Bursche, sympathisch und großzügig. Die Frauen beten ihn an, und den Männern ist er wegen seines Erfolgs bei den Frauen ein Dorn im Auge.«
    »Ist er in sie verliebt?«
    »Ich glaube, ja. Jedenfalls weicht er keinen Schritt von ihrer Seite. Man behauptet, er sei sehr eifersüchtig.«
    »Wo kann er Ihrer Meinung nach um diese Zeit sein?«
    »Wenn es heute Nachmittag Rennen gegeben hat, ist er wahrscheinlich mit ihr hingegangen. Eine Frau, die seit vier oder fünf Monaten ihre Kleider in der Rue de la Paix kauft und einen neuen Nerzmantel trägt, kann sich nicht oft genug auf den Rennplätzen sehen lassen. Im Augenblick werden sie wohl in irgendeiner Bar auf den Champs-Elysées einen Aperitif trinken. Die Kleine tritt erst um halb zehn auf und kommt nie vor neun ins Theater. Sie haben also Zeit, im ›Fouquet’s‹, im ›Maxim’s‹ oder im ›Ciro‹ zu essen. Wenn Sie sie unbedingt treffen wollen …«
    »Nicht jetzt. Begleitet Bronsky sie ins Theater?«
    »Fast immer. Er bringt sie in ihre Garderobe, steht ein bisschen in den Kulissen herum, setzt sich dann an die Bar im Foyer und plaudert mit Félix. Nach dem zweiten Sketch geht er wieder in ihre Garderobe, und sobald sie fertig ist, gehen sie zusammen weg. Meistens sind sie anschließend irgendwo zu einer Cocktailparty eingeladen.«
    »Wohnt er bei ihr?«
    »Wahrscheinlich, mein Guter. Aber das fragen Sie am besten die Concierge.«
    »Haben Sie ihn in den letzten Tagen gesehen?«
    »Erst gestern noch.«
    »Kam er Ihnen nicht nervöser vor als sonst?«
    »Wissen Sie, diese Leute sind immer ein bisschen nervös. Wenn man auf einem Seil tanzt … Nun ja, wenn ich richtig verstehe, ist das Seil im Begriff zu reißen. Schade um die Kleine. Aber so schick ausstaffiert, wie sie jetzt ist, wird sie keine Schwierigkeiten haben, etwas Besseres zu finden.«
    Marchand aß, trank und sprach zugleich, wischte sich den Mund mit der Serviette ab, grüßte Bekannte, die kamen und gingen, und verhandelte zwischendurch immer mal wieder mit dem Oberkellner oder dem Weinkellner.
    »Wissen Sie, wie er angefangen hat?«
    Und Marchand, den die kleinen Skandalblätter gern an seine eigene Herkunft erinnerten, gab ziemlich kühl zurück:
    »Das, Dicker, ist keine Frage, die man einem Gentleman stellt.«
    Aber gleich darauf wurde er wieder umgänglicher und sagte:
    »Soviel ich weiß, hatte er eine Zeitlang ein Vermittlungsbüro für Statisten.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Einige Monate. Ich könnte mich erkundigen.«
    »Das ist nicht nötig. Ich möchte Sie sogar bitten, unsere Unterhaltung mit keinem Wort zu erwähnen, vor allem nicht heute Abend.«
    »Kommen Sie ins Theater?«
    »Nein.«
    »Das ist mir lieber. Ich hätte Sie ohnehin gebeten, Ihre kleine Abrechnung nicht in meinem Haus vorzunehmen.«
    »Das wäre auch zu riskant, Marchand. Mein Foto und das von Colombani ist zu oft in den Zeitungen erschienen. Nach dem, was Sie über ihn sagen und was ich über ihn weiß, wittert der Mann einen Polizeiinspektor auf mehrere Kilometer.«
    »Hören Sie mal, mein Lieber, mir scheint, Sie nehmen sich diese Geschichte sehr zu Herzen! Darf ich Ihnen noch etwas Rebhuhn auftun?«
    »Wahrscheinlich werden die Fetzen fliegen.«
    »Ach, ja.«
    »Sie sind schon geflogen. Und wie!«
    »Schon gut. Erzählen Sie mir nichts weiter. Ich möchte es lieber morgen oder übermorgen in der Zeitung lesen. Es könnte mir sonst peinlich sein, wenn er mich heute Abend zu einem Glas Wein einlädt. Greift zu, Freunde. Was sagen Sie zu diesem Château-neuf-du-Pape? Sie haben nur noch fünfzig Flaschen davon, und ich habe sie beiseitestellen lassen. Jetzt sind es nur noch neunundvierzig. Soll ich noch eine bestellen?«
    »Danke. Wir haben eine arbeitsreiche Nacht vor uns.«
    Sie trennten sich eine Viertelstunde später, ein wenig schwer vom vielen Essen und Trinken.
    »Hoffentlich hält er den Mund«, brummte Colombani.
    »Er wird ihn
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