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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert
Autoren: Katja Henkel
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Großmutter.«
    Die gute Elsa. War ja klar. Von ihr erzählt Opa gern und oft. Elsa LeMarr war vor langer, langer Zeit das Oberhaupt unserer Familie, bestimmt gab es da auch einen Ehemann dazu, aber von dem erfährt man nie was. Also ist er wohl nicht wichtig gewesen. Opa bekommt immer glänzende Augen, wenn er von seiner Oma erzählt, manchmal behauptet er sogar, dass sie Gedanken lesen konnte. Oder ließ sie Suppentassen durchs Zimmer fliegen? Vergessen. Jedenfalls ist sie eines
Tages – er war noch ein Kind, jünger als wir, betont er immer – einfach verschwunden. In der einen Sekunde war sie da und in der nächsten weg oder so was. Sie kam nie mehr zurück. Vielleicht hat Opa aber auch einfach nur eine blühende Fantasie.
    »Meine Großmutter hat die Ringe hinterlassen und bestimmt, dass ihr beide sie bekommen sollt, sobald ihr dreizehn Jahre alt seid.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern und zwinkerte uns zu. »Sie sind sehr wertvoll. Mit Diamanten!«
    Ein Smartphone oder ein eigenes Zimmer wären mir lieber gewesen, aber immerhin.
    »Und wie gesagt, das ist ein Geheimnis. Niemand soll davon erfahren. Niemand außer uns und…« Er räusperte sich. »Na, egal. Wir alle halten einfach schön die Klappe.« Zufrieden mit seiner Ansprache setzte er das Kästchen auf meinem Bett ab und strich mit der Hand über seinen grauen Pferdeschwanz.
    »Ist gut«, sagte Suse.
    »Kein Ding«, sagte ich gleichzeitig. Als ob sich irgendjemand für zwei olle Ringe interessierte.
    »Ururoma Elsa hat euch persönlich einen Brief dazugeschrieben«, fügte Opa hinzu, wohl auf mehr Begeisterung hoffend.
    »Das ist echt nett«, sagte ich und schnaubte. Glaubte Opa im Ernst, dass seine Enkelinnen ihm alles abkauften? Ich war immerhin fast dreizehn! Was unter uns gesagt kein erfreuliches Alter ist, wenn man mal genau drüber nachdenkt. Schließlich sind die guten Filme erst ab sechzehn. Aber aus dem Alter, in dem Opa uns noch irgendwelche Märchen auftischen konnte, waren wir trotzdem längst raus. »Ja klar, Opa, Elsa LeMarr hat uns einen Brief geschrieben.«
    »Elsa konnte Teller durch die Gegend fliegen lassen, hellsehen und Briefe in die Zukunft schreiben?« Suse zog eine Augenbraue hoch, worum ich sie jedes Mal beneide. Ich kann es nur mit beiden gleichzeitig oder gar nicht. »Woher sollte sie denn bitte schön damals gewusst haben, dass es uns jemals geben wird? Ich meine, sie hat sich schon vor einer Ewigkeit in Luft aufgelöst, da warst du doch gerade mal so alt wie wir, richtig?«
    »Nein, ich war sogar…«, setzte Opa an.
    »Du warst jünger als wir, schon klar«, kam ich ihm zuvor. »Okay, nur mal angenommen, sie konnte Suse und mich sozusagen voraussehen. Wieso sollte sie uns dann einen Brief schreiben?«
    »Wieso nicht?«, sagte Opa. »Ist schließlich eure Ururoma.«
    »Darum nicht!«, rief ich.
    »Schaut doch selbst nach.« Er zuckte mit den Schultern. »Auf dem Kuvert steht: für Suse und Luna.«
    »Das hast du nicht zufällig selbst draufgeschrieben?«, fragte ich belustigt. »Unsere Namen konnte Ururoma Elsa schon gar nicht wissen! Damals waren ja noch nicht mal unsere Eltern geboren und…«
    »Ich habe euch doch schon so oft gesagt, dass es viel mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als wir uns vorstellen können«, unterbrach mich Opa. »In dem Brief steht sicher mehr drin. Ich jedenfalls habe getan, worum mich meine Großmutter gebeten hat.« Er starrte aus dem Fenster in den Garten.
    Ich räusperte mich. »Ähm, Opa?«
    Er wandte den Blick vom Fenster ab und sah mich einen Moment lang schweigend an: »Glaubt mir oder glaubt mir nicht«, sagte er schließlich. »Ich kann nur sagen, dass ich die Ringe fünfzig Jahre lang für euch aufbewahrt habe. Und jetzt müsst ihr selbst herausfinden, was es damit auf sich hat. Hier, steckt sie aber erst an Lunas Geburtstag an. Ab jetzt gehören sie euch und ich habe meine Ruhe.« Er drehte sich um und knallte die Tür hinter sich zu. Mann, was für ein seltsamer Auftritt. Aber irgendwie auch typisch Opa.
    Natürlich beschlossen wir daraufhin, auf gar keinen Fall ins Bett zu gehen, sondern bis Mitternacht aufzubleiben. Nicht, weil wir Opa diesen Mist von wegen »magisch« abkauften. Andererseits: Vor einem halben Jahrhundert sah die Welt völlig anders aus als heute, da gab es keine Handys und keine Laptops und keine Wii, eventuell nicht mal Toiletten, so genau weiß ich das jetzt gerade nicht. 1960 war im Grunde tiefstes Mittelalter. Gut denkbar, dass sich die Menschen in
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