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Magische Insel

Titel: Magische Insel
Autoren: L. E. Modesitt
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Lehrer, Magister Kerwin, war in Wahrheit ein Meister, obgleich bei uns Magister nicht sofort Meister wurden. Beide gehörten zum selben Orden. Magister waren diejenigen, die tatsächlich lehrten.
    Und so studierte ich weiterhin Wälder, Bäume und Werkzeuge. Nach einem knappen Jahr fing ich damit an, einfache Gegenstände zu fertigen.
    »Brotbrettchen?«
    »Jemand muss sie machen. Und sie sollten ordentlich hergestellt werden. Du kannst das jetzt gut genug, um das Chaos in Schach zu halten. Und du darfst dir entweder eines meiner Muster aussuchen oder ein eigenes entwerfen. Wenn du ein eigenes Modell wählst, sollten wir die Zeichnung gemeinsam durchsehen, ehe du mit dem Schneiden beginnst.«
    Ich machte mein eigenes Brett: einfach, aber achteckig.
    »Einfach, aber hübsch, Lerris. Vielleicht hast du tatsächlich eine Zukunft als Schreiner.«
    Von Brotbrettchen ging ich zu anderen einfachen Gegenständen über: Außenbänke für ein Gasthaus, zwei einfache Bücherschränke für die Schule. Nichts mit Schnitzereien. Allerdings hatte ich angefangen, meine eigenen Möbel mit Schnitzereien zu verzieren. Onkel Sardit gab sogar zu, dass der Armstuhl, den ich für meine Kammer gebaut hatte, in den meisten Wohnungen nicht fehl am Platz wäre.
    »In den meisten Wohnungen. Allerdings nicht säuberlich genug. Da sind ein paar Fehler bei den Verzapfungen, aber im Großen und Ganzen hast du dir wirklich Mühe gegeben.«
    Mehr Lob bekam ich nie von Onkel Sardit.
    Aber trotz der ständigen Lernerei langweilte ich mich immer noch.

 
II
     
    » L erris!«
    Der Ton in Onkel Sardits Stimme sagte mir alles. Was immer ich angestellt hatte – ich wollte es nicht wissen.
    Ich wusch mir das Sägemehl vom Gesicht. Wie üblich spritzte ich Wasser auf das Becken. Doch die Sonne hatte bereits den Schiefer erwärmt. Das Wasser würde schnell trocknen. Trotzdem polierte meine Tante mit einem ausgefransten Handtuch das Becken sofort nach, sobald ich in der Werkstatt verschwunden war.
    »Lerris!«
    Tante Elisabet sorgte dafür, dass die Waschsteine glänzten, die Kessel strahlten und dass kein Fleck die grauen Steinplatten auf dem Boden verunzierte. Ich weiß nicht, warum mich das überraschte, da doch mein Vater – und in der Tat jeder Hausbesitzer meiner Heimatstadt Wandernicht – für die gleiche peinliche Reinlichkeit sorgte. Mein Vater und seine Schwester waren beide Hausbesitzer, während Mutter und Onkel Sardit die Künstler waren. Das war allgemein üblich – jedenfalls glaubte ich das damals.
    »Lerris! Junger … Mann … komm … her! … Sofort!«
    Ich wollte die Werkstatt wirklich nicht betreten, doch es gab kein Entkommen.
    »Ich komme, Onkel Sardit.«
    Er stand mit finsterer Miene auf der Schwelle. Die finstere Miene war ich gewohnt, doch nicht die laute Stimme. Mein Magen verknotete sich. Was hatte ich nur angestellt?
    »Komm her!«
    Er legte die Hand mit den gespreizten Fingern auf die intarsienverzierte Platte der Werkbank.
    »Sieh dir das an. Genau.« Seine Stimme war so tief wie Donnergrollen.
    Ich blickte hin, doch offenbar sah ich nicht, was er mir zeigen wollte.
    »Siehst du das?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Was soll ich sehen?«
    »Sieh dir die Zwingen an.«
    Ich beugte mich vor und folgte seinem Finger. Die Zwingen waren so, wie ich sie zuvor angelegt hatte: Die Maserung der beiden Teile des dunklen Lärchenholzes passte genau zusammen – wie er es mir beigebracht hatte.
    »Mit der Maserung …«
    »Lerris … siehst du das denn nicht? Dieses Ende der Zwinge beißt ins Holz. Und hier … der Druck hat den Rand verschoben …«
    Vielleicht den winzigsten Bruchteil eines Spanns – wenn überhaupt. Ich konnte das aber leicht ausbessern. Ich musste nur das andere Ende ein bisschen mehr abschmirgeln. Dann würde niemand den Unterschied bemerken – abgesehen von Onkel Sardit oder dem Möbeleinkäufer des Kaisers von Hamor vielleicht.
    »Erstens. Man zwingt Holz nicht. Das weißt du. Du passt einfach nicht mehr auf. Schreinerei bedeutet, mit Holz zu arbeiten, nicht ihm Gewalt anzutun, nicht gegen das Material zu arbeiten.«
    Ich stand nur da. Was konnte ich sagen?
    Onkel Sardit seufzte.
    »Lass uns ins Haus gehen, Lerris. Wir müssen uns unterhalten.«
    Das klang noch bedrohlicher, aber ich folgte seinem Beispiel, legte die Lederschürze ab und steckte mein Werkzeug in die Bank.
    Wir traten durch die Tür hinaus und gingen über das glatte Pflaster des Hofs in das Zimmer, das Tante Elisabet Salon nannte. Ich habe nie
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