Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Lisowsky
Vom Netzwerk:
dem Rücken liegen. Die Wäsche spannte sich auf zu einem weißen Firmament und sperrte den echten Himmel aus.
    Schritte näherten sich. Eine Frauenstimme erklang:
    »Ach, Nairod. Ich habe es gewusst.«
    Dort, wo die letzten Teilnehmer eben verschwunden waren, stand eine junge Frau an der verwitterten Hauswand. Glattes, braunes Haar floss ihr über die Schultern bis auf die Brust der Uniformjacke. Auf ihrem Rücken trug sie einen Rucksack, dessen Gewicht sie nach hinten zog. Sie setzte eine tadelnde Miene auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Lenia .
    Nairod setzte sich auf. »Was willst du gewusst haben? Dass ich wieder beim Üben bin?«
    » Prügeln «, sagte Lenia. »Ich nenne das Prügeln. Ihr Jungs müsst euch immer schlagen.« Ihre Stimme war so fein wie Seide. Sie tauchte unter zwei steifen Laken hindurch und half ihm auf.
    »Und ihr Mädchen müsst immer …« Nairod musterte sie, auf der Suche nach einer schlagfertigen Antwort. Der Rucksack, dessen Nähte ächzten, war vermutlich voll mit Büchern. Wie immer. Sie trug ihr Amulett um den Hals, einen silbernen, durchscheinenden Ritterschild – das Symbol ihrer magischen Befähigung. Sie trug es tagaus, tagein und nicht nur in den Akademiestunden. Er hatte noch immer keine passende Antwort parat.
    »Ich helfe dir aus.« Sie seufzte. » Ihr Mädchen müsst immer  … zum Unterricht gehen, während wir uns in Hinterhöfen prügeln. Und ihr müsst immer lernen, während wir Feste feiern.«
    Er machte sich von ihr los und ging seinen eigenen Rucksack holen, der noch an einer Häuserecke lehnte. »Ja, das Fest der Magie. Schade, dass du nicht da warst. Es war …«, er dachte kurz nach, dachte an die Flammenmagier »... anfangs ganz vernünftig.«
    Ehe er es sich versah, stand sie wieder vor ihm. »Ich bin mir sicher, dass es gut war. Jetzt lass dich verarzten.«
    »Nicht nötig.«
    »Doch.«
    ***
    Sie saßen sie auf einer Bank an der Handelsstraße. Die Straße begann am talwärtigen Eingang des Städtchens, lief schnurgerade hindurch und führte an den nördlichen Toren hinaus in die graue Felsöde der Berge.
    »Hierher gucken.« Lenia hielt ein Taschentuch und tupfte ihm damit auf Wange und Lippen herum.
    »Du gehst mir auf die Nerven«, brummte er, obwohl Lenias Stimme einen beruhigenden Klang hatte.
    »Hättest du dich nicht geprügelt, müsste ich dir jetzt nicht das Blut aus dem Gesicht wischen. So. Schau mal, alles rot.« Sie hielt ihm das Taschentuch mit den roten Flecken hin. Sie meinte es nur gut, aber genau das war ja das Schlimme.
    »Das bisschen Blut bringt mich wohl kaum um.« Er begann, die Bandagen von seinen Händen zu wickeln. »Kann schon mal passieren bei den Übungsstunden. Und ich muss lernen, mich zu verteidigen. Wir leben in unsicheren Zeiten.« Er betastete seine rot angelaufenen Knöchel. »Ich kann das nicht so machen wie die feinen Feuermagier. Mit den Fingern schnippen, einen Flammenball herbeirufen, und schon rennt davon, was rennen kann.«
    Der Festplatz lag jetzt leer da, ohne Feuermagier und ohne jegliche Spuren von der Magie des gestrigen Abends. Die Straßenlaternen mit ihrem Licht in der Farbe hellen Schmutzes brannten noch nicht.
    Lenia strich weiter mit dem Taschentuch behutsam über sein Gesicht. »Aber du kannst dafür andere Dinge. Du bist ein Bannwirker.«
    »Ach, Bannwirker.« Er sah sie an. Mit eherner Ruhe säuberte sie ihm weiter das Gesicht. Er nahm ihr das Taschentuch aus der Hand und warf es weg. »Ein Bannwirker kann gar nichts. Sie bannen und zerstören Magie, die andere geschaffen haben.«
    Einige Meilen weiter und einige hundert Meter höher erhob sich aus dem Grau des Gebirges die Akademie Wolkenfels. Ein Gebäude aus dunklem Stein, dessen Grundkörper an eine trutzige Burg erinnerte. Aber nach außen hin entfaltete es sich wie eine Blüte, Türme reihten sich an Türme, die wiederum in weitere Türme ausliefen. Endlos und immer höher klammerten sie sich aneinander, als habe jede Generation von Magiern die Akademie um einen weiteren Kranz aus Türmen erweitert. Die Bannwirker waren es sicher nicht gewesen.
    Lenia lehnte sich ruhig auf der Bank zurück. »Jeder hat seine Fähigkeiten. Du kannst sie natürlich hassen, doch du wirst sie nicht los. Du machst es dir auf die Art nur schwer auf der Akademie, und dann machst du es dir wieder leicht – indem du einfach nicht hingehst.«
    Lenia hatte diese Art, Sachen zu sagen. Nairod trat das Taschentuch beiseite und verschränkte die Arme, die Hände fest
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher