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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Autoren: Sven Regener
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lachte
unsicher. »Ich bin doch viel zu groß für die.«
    Er blieb an dem Alligatorentank stehen, während ich die
Kaninchen versorgte. Jimmy und Johnny holten sich einen runter und der Papagei
piepste, flötete und brabbelte blechern vor sich hin, aber den Jungen
interessierte das alles nicht, er stand genauso regungslos vor dem Alligatorenbecken,
wie die Alligatoren darin herumlagen, wahrscheinlich kommunizierten die vier
auf einer der esoterischen Wellenlängen, an die Astrid so fest glaubte.
    »Wie heißt
du eigentlich?«
    Er
antwortete nicht.
    »Ole?
Lasse? Björn?« Keine Reaktion. »Arne? Olaf? Knut?« Er antwortete nicht, da ging
ich erstmal raus und kümmerte mich um die Draußentiere, die Nasenbären, den
Marder, die Ziegen und die Schafe. Als ich wieder reinkam, stand er immer noch
da.
    »Hans-Peter«,
sagte er, ohne die Augen von den Alligatoren zu lassen. »Ich heiße Hans-Peter.
Aber irgendwann müssen die sich doch mal bewegen!«
    »Pass mal
auf, Hans-Peter«, sagte ich. »Nein, hierher gucken, guck mal kurz hierher, ich
mach dir einen Vorschlag.«
    »Was gibt’s
denn?«
    »Hab ich
doch gerade gesagt: Ich mach dir einen Vorschlag.«
    »Was denn
für einen Vorschlag?«
    »Du darfst
mit mir die Krokodile füttern. Dann bewegen die sich auch. Versprech ich dir.
Aber du musst mir auch was versprechen: Wenn wir fertig sind, gehst du hoch und
meldest dich bei Hartmut und entschuldigst dich.«
    »Au Mann!«,
quengelte er. »Hartmut ist voll scheiße.«
    »Hartmut
ist okay«, sagte ich. »Wenn Hartmut scheiße wäre, dann wüsste ich das.«
    »Ach nee,
und woher willst du das wissen?«
    »Ich kenne
ihn länger als du.«
    »Au Mann
…« Er sah wieder zu den Alligatoren.
    »Überleg’s dir!«
    Ich ging in
die Küche, machte mir einen Kaffee, rauchte eine und mischte noch einen
Babybrei zusammen, dann kam er.
    »Okay«,
sagte er. »Und was kriegen die zu essen?«
    »Versprochen?«
    »Okay.«
    »Versprochen? Sag versprochen!«
    »Versprochen!«
    »Pass auf!«
Ich ging zum Kühlschrank und holte einen Fleischbrocken heraus, den ich am
Vortag für die Nasenbären aufgetaut hatte, die Alligatoren waren eigentlich
erst in den nächsten Tagen wieder dran.
    »Hier ist
das Fleisch, davon schneiden wir ein Stück ab und dann kommt das da drauf!«
    Ich zeigte
ihm den Besenstiel mit dem Nagel oben dran, den Rüdiger vor Jahren mal
gebastelt hatte. »Muss man fest draufstecken, wenn das runterfällt, ist das
blöd.« Ich schnitt eine Scheibe Fleisch ab, steckte sie auf den Nagel und ließ
sie vor Hans-Peters Nase baumeln. »Und dann so hinhalten.«
    Ich ging
mit ihm zum Alligatorbecken und schob die Scheibe beiseite. Dann hob ich das
dahinterliegende Gitter an und steckte das Stielende mit dem Fleisch in den
Käfig und ließ das Gitter so weit es ging wieder runter. »Jetzt pass auf«,
sagte ich zu Hans-Peter. »Die müssen glauben, dass das was Lebendes ist. Wenn
sich das nicht bewegt, dann wollen die das nicht. Hast du kapiert?«
    Er nickte.
    »Da kann
gar nichts passieren, du bist ja hier und dazwischen ist ja auch noch das
Gitter.«
    »Ja logisch.«
    »Also
nimmst du jetzt den Stock …«, ich gab ihm das Ende des Besenstiels in die
Hand, »und schiebst das jetzt so, ja so, genau, neben die Schnauze von dem
Krokodil, und zwar so, dass das Krokodil das Fleisch auch sieht, okay? Brauchst
keine Angst zu haben.«
    »Ich hab keine Angst.«
    »Brauchst du auch nicht zu haben.«
    »Hab ich auch nicht.«
    »Pass auf, und jetzt so wedeln! Aber vorsichtig, dass du ihn nicht verletzt.«
    Hans-Peter
konzentrierte sich und wedelte sachte mit dem Fleisch vor der Schnauze des
zuoberst liegenden Alligators herum. »Genau so«, sagte ich. »Genau so.«
    »Da
passiert ja gar nichts. Warum reagiert der denn nicht?«
    »Das geht
nicht so schnell«, sagte ich. »Es ist ja zu kühl für ihn. Da braucht er ein
bisschen Zeit. Vielleicht will er dich auch nur in Sicherheit wiegen, was weiß
ich …«
    »Da
passiert ja gar nichts«, wiederholte Hans-Peter und wedelte eifrig.
    »Nicht zu doll!«, mahnte ich.
    »Da schläft
einem ja der Arm ein!«
    »Weitermachen.« Ich trat einen Schritt zurück und begann zu schwitzen. Ich hasste die Alligatorenfütterung. Der Alligator, der ganz oben lag, tat wie ausgestopft.
    »Da passiert ja gar nichts.«
    »Keine Angst, da passiert schon noch was.«
    »Da passiert ja …«
    Da
schnappte der Alligator zu, in einem großen Zucken machte der ganze Körper samt
Schwanz und allem eine Vierteldrehung und das
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