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Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele

Titel: Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
Autoren: Alex Kava
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auffordern würde. Sie hätte ihm gern gesagt, dass er nicht als Einziger ungern hier war.
    Sie schlang sich die Bänder der Plastikschürze um die Taille und überlegte, wie viel ihrer Zeit von Mördern diktiert wurde, durch deren Unwesen man sie mitten in der Nacht aus dem Bett riss, um sie durch mondhelle Wälder, entlang reißender schwarzer Flüsse, durch Maisfelder und über Weiden voller Kletten zu jagen? Vielleicht hatte sie diesmal Glück. Im Gegensatz zu Agent Tullys Füßen blieben ihre heute Morgen warm und trocken.
    Als sie vom Wäscheschrank zurückkehrte, zog Stan soeben den Reißverschluss des ersten Leichensacks auf, vorsichtig, damit kein Inhalt - fest oder flüssig - hinausfiel oder - lief. Maggie staunte, wie jung der Tote war. Das graue Knabengesicht hatte noch keine Bekanntschaft mit einem Rasierer gemacht. Der Junge konnte nicht älter als fünfzehn oder sechzehn sein.
    Zu jung, um Alkohol zu trinken oder wählen zu dürfen, jedoch alt genug, eine halbautomatische Waffe zu besitzen und zu benutzen.
    Er sah friedlich aus. Kein Blut. Keine Schnitte oder Abschürfungen. Kein äußerer Hinweis, der seinen Tod erklärt hätte.
    „Ich dachte, Cunningham hätte gesagt, es sei Selbstmord gewesen. Ich kann keine Schusswunde erkennen.“
    Stan nahm vom Tresen hinter ihm einen Plastikbeutel und reichte ihn ihr über den Körper des Jungen.
    „Der Überlebende hat das da ausgespuckt. Ich vermute Arsen oder Zyanid. Wahrscheinlich Zyanid. Fünfundsiebzig Milligramm Kaliumzyanid reichen. Frisst sich in null Komma nichts durch die Magenwände.“
    Im Beutel steckte eine gewöhnliche rot-weiße Kapsel. Maggie erkannte den Herstellernamen auf der Seite. Ursprünglich hatte die Kapsel wohl ein gängiges Kopfschmerzmittel enthalten. Jemand hatte sie jedoch als praktisches Behältnis benutzt und den Inhalt ersetzt.
    „Demnach waren sie gut auf den Selbstmord vorbereitet.
    „Ja, würde ich sagen. Woher zum Kuckuck haben Kinder heutzutage solche Ideen?“
    Maggie hatte das Gefühl, die Idee stammte nicht von den Jungen. Jemand hatte ihnen eingeredet, sie dürften sich nicht lebend fangen lassen. Jemand, der Waffenarsenale anlegte, Todespillen herstellte und keine Skrupel kannte, junges Leben zu opfern. Jemand weit gefährlicher als diese Jungen.
    „Können wir uns die anderen ansehen, ehe wir mit den Autopsien beginnen?“
    Maggie ließ es wie eine beiläufige Bitte klingen. Sie wollte sehen, ob alle Jungen Weiße waren, was ihre Ahnung untermauern würde, dass sie vielleicht zu einer weißen Faschistengruppe gehörten. Stan hatte keine Einwände. Vielleicht war er selbst neugierig auf die anderen Opfer.
    Er begann den Reißverschluss des nächsten Sacks aufzuziehen und wies mit einem Finger auf Maggie.
    „Bitte setzen Sie erst Ihre Schutzbrille auf. Aufs Haar geschoben nützt Sie Ihnen nichts.“
    Sie verabscheute diese beengenden Dinger, doch sie wusste, dass Stan sich immer streng an die Regeln hielt. Sie gehorchte und zog auch noch ein Paar Latexhandschuhe an. Während sie den Reißverschluss des vor ihr liegenden Leichensacks zu öffnen begann, schaute sie zu Stan am anderen Leichensack hinüber. Ein weiterer blonder weißer Junge schlief friedlich in dem Nylonmaterial, das Stan sorgfältig von seinem Gesicht entfernte. Sie lenkte den Blick wieder auf den Leichensack, dessen Reißverschluss sie soeben aufzog, und kam nicht weit, als sie innehielt und die Hände hochriss, als wäre sie gestochen worden.
    „O mein Gott!“ Sie starrte auf das graue Gesicht des toten Mannes. Das perfekte Einschlussloch hob sich klein und schwarz von der weißen Stirn ab. Sie hörte das Schwappen von Flüssigkeit hinter seinem Kopf. Flüssigkeit, die sie in Bewegung gebracht hatte, die aber noch vom Leichensack festgehalten wurde.
    „Was ist?“ Stans Frage erschreckte sie, als er sich über den Leichnam beugte, um zu sehen, was sie so entsetzte. „Das muss der Agent sein. Die sagten, einer sei tot.“ Er klang ungeduldig.
    Maggie trat zurück. Kalter Schweiß brach ihr aus. Sie musste sich am Tresen festhalten, nicht sicher, ob ihre Beine sie weiter trugen. Stan sah sie an, und Besorgnis verdrängte seine Ungeduld.
    „Ich kenne ihn“, war die einzige Erklärung, die sie herausbrachte, ehe sie zum Spülbecken eilte.

3. KAPITEL
    Suffolk County, Massachusetts
    R. J. Tully hasste das Wapp, Wapp der Rotorblätter. Er hatte keine Angst vorm Fliegen, doch Helikopter machten ihm bewusst, dass er in nichts als einer Luftblase
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