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Maggie O´Dell 01 - Das Boese

Maggie O´Dell 01 - Das Boese

Titel: Maggie O´Dell 01 - Das Boese
Autoren: Alex Kava
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schmale Streifen entstanden. Das Reißgeräusch war nervtötend.
    „Ich verstehe nicht, was du meinst.“ Pater Francis griff sich an den Hals, um den Kragen zu öffnen, und bemerkte entsetzt, dass ihm die Hände zitterten. „Ich war der Meinung, dass du einen Priester verlangt hast, weil du die Beichte ablegen willst.“
    „Ja ... Ja, das will ich.“ Er sprach wieder in diesem Singsang und zögerte kurz. „Ich habe Bobby Wilson umgebracht“ , gestand er so emotionslos, als gäbe er eine Imbissbestellung auf. „Ich habe ihm die Hände ... die Finger um die Kehle gelegt. Zuerst hat er so ein gurgelndes Geräusch gemacht, dann ein würgendes und dann nichts mehr.“ Er sprach mit gedämpfter Stimme, zurückhaltend, fast klinisch nüchtern - eine gut einstudierte Rede. „Er hat nur ein bisschen gezappelt. Ein Schlappschwanz, wirklich. Ich denke, er wusste, dass er sterben würde. Er hat sich nicht groß gewehrt. Nicht mal, als ich ihn gevögelt habe.“ Er verstummte, sah Pater Francis auf der Suche nach Anzeichen von Schockierung an und lächelte, als er sie entdeckte.
    „Ich habe gewartet, bis er tot war, ehe ich ihn aufgeschlitzt habe. Er hat nichts gemerkt, deshalb habe ich immer weiter gemacht. Dann habe ich ihn noch mal gevögelt.“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite, plötzlich abgelenkt. Nahm er schließlich doch Notiz von der Feier da draußen?
    Pater Francis wartete. Hörte Jeffreys etwa das heftige Pochen seines Herzens? Es schlug ihm wild in der Brust und verriet ihn wie das Zittern seiner Hände.
    „Ich habe schon mal gebeichtet“ , fuhr Jeffreys fort. „Gleich, nachdem es passiert war, aber der Priester ... sagen wir, er war ein bisschen überrascht. Jetzt beichte ich vor Gott, verstehen Sie? Ich beichte, dass ich Bobby Wilson umgebracht habe.“ Er riss weiter sein Hemd in Streifen, jetzt in raschen, ruckartigen Bewegungen. „Aber den anderen beiden Jungs habe ich nichts getan. Haben Sie mich verstanden?“ Er hob plötzlich die Stimme. „Ich habe weder den Harper- noch den Paltrow-Jungen umgebracht.“
    Stille. Dann verzog Jeffreys die Lippen plötzlich zu einem verschlagenen Lächeln. „Aber das weiß Gott ja schließlich. Richtig, Pater?“
    „Gott kennt die Wahrheit“ , erwiderte Pater Francis, versuchte in die kalten blauen Augen zu sehen, und konnte es nicht. Was wenn sich in seinen die eigenen Schuldgefühle spiegelten?
    „Sie wollen mich töten, weil sie mich für einen Serienmörder halten, der kleine Jungs umbringt!“ spie Jeffreys geradezu aus. „Ich habe Bobby Wilson umgebracht, und es hat mir Spaß gemacht. Vielleicht verdiene ich, dafür zu sterben. Aber Gott weiß, dass ich diese anderen Jungs nicht angefasst habe. Irgendwo da draußen läuft immer noch ein Monster rum, Pater.“ Wieder dieses schiefe Lächeln. „Und das ist noch gemeiner als ich.“
    Unten am Flur schlug Metall auf Metall. Pater Francis zuckte zusammen, und seine Bibel fiel zu Boden. Diesmal lachte Jeffreys nicht. Der alte Priester hielt seinem Blick stand, doch keiner von beiden traf Anstalten, die Bibel aufzuheben. Kamen sie, um Jeffreys abzuholen? Es schien zu früh zu sein, doch mit einem Aufschub der Exekution wurde nicht gerechnet.
    „Bereust du deine Sünden, mein Sohn?“ fragte Pater Francis im Flüsterton, als befände er sich wieder im Beichtstuhl in St. Margaret.
    Ja, da waren Schritte auf dem Flur, die näher kamen. Der Augenblick war gekommen. Jeffreys saß wie gelähmt da und lauschte dem sich nähernden Klack-Klack der Stiefelabsätze.
    „Bereust du deine Sünden?“ fragte Pater Francis wieder, diesmal eindringlicher, fast im Befehlston. O lieber Gott, es war so schwer zu atmen. Die Sprechchöre vom Parkplatz wurden immer lauter und drängten sich durch das verschlossene Fenster.
    Jeffreys merkte auf. Wieder sah er Pater Francis in die Augen. Die Schlösser öffneten sich knarrend, und das Geräusch hallte von den Betonwänden zurück. Jeffreys zuckte zusammen, fing sich jedoch rasch wieder und erhob sich mit gestrafften Schultern. Hatte er Angst ? Pater Francis blickte ihm forschend in die Augen, konnte außer ihrem Stahlblau jedoch nichts entdecken.
    „Bereust du deine Sünden?“ versuchte er es noch einmal, da er ohne das Eingeständnis der Reue keine Absolution erteilen konnte.
    Die Tür ging auf und sog auch die verbliebene Luft noch hinaus. Breitschultrige Wachmänner versperrten den Eingang.
    „Es ist Zeit“ , sagte einer von ihnen.
    „Es ist Showtime, Pater.“
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