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Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden
Autoren: V.A.
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...« Ich wischte mir den Schweiß ab und erhob mich mit den anderen, schwebte über dem Canyon, um die sechs Kisten zu den sechs Schiffshöhlen zu begleiten, die sie zum Leben erwecken sollten.
     
    Es war der letzte Tag. Die Sonne schien mit einer Helligkeit, wie schon seit Wochen nicht mehr. Die Winde, die von den Hügeln her wehten, waren warm und süß. Die Erde unter uns, die seit kurzem erzitterte und sich bewegte, war für eine Weile fest und ruhig. Alles um uns herum in der Heimat war plötzlich so schön, daß es nur ein böser Traum sein konnte, daß der Tod schon in einer Woche über sie kommen würde. Vielleicht war alles gar nicht wahr, vielleicht ... Aber ein Blick zu Simon überzeugte mich. Seine Augen schmerzten von all den Dingen, die er hatte sehen müssen. Seine Gesichtszüge waren hart hinter den weichen Konturen des Kindes, und seine Hände zitterten, als er sie ineinanderschlang. Ich umarmte ihn mit meinem Herzen, und er lächelte mir dankbar zu.
    Chell und ich richteten das Haus her. Wir füllten die Vasen mit frischem Wasser und roten Blättern, weil es keine Blumen gab. David öffnete die Stalltüren und ließ die Tiere hinaus auf die Wiesen. Eva sammelte vier rosige Eier aus den Nestern des Federviehs und trug sie ins Haus.
    Schweigend stand die ganze Familie beieinander.
    »Geht und verabschiedet euch«, sagte David. »Verabschiedet euch von unserem Heim.« Und jeder von uns ging allein zu seinem Lieblingsplatz. Selbst Eva huschte zu dem Kommatkabusch, und ich hörte, wie sie leise flüsterte. »In einer hell auflodernden Flamme, mein Spielvölklein! In einer hell auflodernden Flamme!«
    Ich seufzte, als ich Lytha zu Timmy gehen sah. Er kam ihr schon entgegen. Schnell wandte ich mich ab. Angenommen, daß sie nach dem Vorfall am See – aber nein, beruhigte ich mich, sie glauben an die Mächte –
    Wie konnte ich irgendwo hingehen, fragte ich mich und schaute aus dem Fenster meines Zimmers. Für mich war alles gleich schön. Wenn ich wegging, dann würde ich Thann zurücklassen – all die Wege, die wir zusammen gegangen waren, das Gras, das sich unter seinen Füßen bog, die Bäume, die ihm im Sommer Schatten spendeten, der Boden, der sein Grab barg. Ich ließ mich auf die Knie nieder und preßte die Wange gegen das Fenster. »O Thann!« flüsterte ich. »Sei mit mir. Geh mit mir, verlaß mich nicht. Gib mir Kraft!« Fest drückte ich die Hände gegen den Mund.
    Ernst und mit geröteten Augen versammelten wir uns alle wieder. Lytha bemühte sich noch immer krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten. Simon blickte sie mit seinen großen, hellen Augen an, aber er sagte nichts und wandte sich ab. Chell verließ wortlos das Zimmer, und bevor sie zurückkehrte, ertönte von allen Seiten her Musik. Wir machten alle das Zeichen und beteten die Abschiedsgebete. Das ganze Haus, ja, die ganze Heimat war heute ruhig und still, jeder war in sich gekehrt und betete um Kraft.
    Dann ergriff jeder von uns sein kleines Bündel persönlicher Habe und machte sich fertig zum Gehen. Wir verließen das Haus, die Musik verfolgte uns noch ein Stück. Ich fühlte, wie etwas in mir starb, als wir sie nicht mehr hören konnten.
    Gemeinsam mit den Nachbarn machten wir uns auf den Weg zu den Schiffen. Flüstern und unterdrücktes Reden war zu hören, und manchmal schallte sogar ein erregtes Lachen auf. Niemand schien den Wunsch zu haben, zu schweben. Wir genossen jeden Schritt, bei diesem letzten Weg auf unserer Heimaterde. Niemand erhob sich, außer Eva, die sich noch immer an ihrem neuen Können berauschte. Ihre kurzen, kleinen Hüpfer amüsierten je den, und nachdem sie mehrmals in den Staub gefallen und sich in Zweigen verwickelt hatte, nahm David sie auf die Schultern.
    Ich stand am Fuße des Schiffes und blickte an ihm hinauf. Die Leute, die an mir vorbeischwebten, kamen mir wie Schatten vor.
    »Wie können sie nur?« dachte ich verzweifelt. »Wie können sie? Sie verlassen die Heimat beinahe gedankenlos!« Dann drängte sich eine warme Hand in meine, und ich blickte in Simons Augen. »Komm, Großmutter«, sagte er. »Es wird alles gut werden.«
    »Ich – ich –« Hilflos blickte ich mich um. Dann kniete ich schnell nieder und griff eine Handvoll Erde – eine Handvoll der Heimat – und hielt sie fest umschlossen, während ich mich zusammen mit Simon erhob.
    Im Inneren des Schiffes packten wir sorgfältig die Dinge in die dafür vorgesehenen Räume, und dann zog mich Simon hinaus in den Korridor, in einen
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