Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod
Autoren: Donald E. Westlake
Vom Netzwerk:
einrahmte, die wie auf einer Reklameseite der Saturday Evening Post vor dem Bildschirm saß. Es sah so normal aus, dass ich am liebsten geweint hätte. Gib mir meine drei Jahre zurück, Air Force. Vier Jahre, wenn man auch das Jahr zählt, bevor ich nach Deutschland versetzt wurde. Gib sie mir zurück. Ich möchte wieder zu Hause sein, bei Dad, der manchmal Lust darauf hat, mir ein paar Bälle zuzuwerfen, bei Bill, meinem großen Bruder, der nach Bier und Pontiac riecht. Ich möchte nicht dreiundzwanzig sein, ohne ein Zuhause und ohne einen Vater. Ich möchte keinen Bruder, der um eine Frau trauert, die ich nie gesehen habe. Das macht uns zu Fremden.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ich.
    »Smitty.«
    »Ach, wirklich.«
    »Ehrlich. Ich habe einen Bibliotheksausweis, der es beweist.« Diesen Ausweis wollte ich sehen. Nicht um den Namen nachzuprüfen, sondern um zu wissen, was für eine Bibliothek dieser Mann besuchte.
    Er zeigte ihn mir. Es war eine Bibliothek in Brooklyn. Getippt stand auf der Karte: Chester P. Smith, 653 East 99th Street, Eingang 36, Apartment 2. Die Unterschrift hätte ebenso gut Napoleon Bonaparte wie Chester P. Smith bedeuten können.
    Er hatte also einen Bibliotheksausweis. In seiner Brieftasche befanden sich dreiundvierzig Dollar, kein Führerschein, und ich hatte mich gerade zweihundert Kilometer von ihm durch die Gegend kutschieren lassen. »Ich werde Sie Smitty nennen«, sagte ich und gab ihm die Brieftasche zurück, »aber ich wette, Chester P. war wütend, als er sich einen neuen Ausweis besorgen musste.«
    Er steckte den Ausweis ein. Zwei Minuten später kam Bill mit drei Tassen Kaffee herein. Smitty wich zurück, als Bill ihm den Kaffee brachte. Bill grinste breit und stellte die Tasse auf den Tisch neben seinem Sessel.
    Bill und ich hatten auf dem Sofa Platz genommen, Smitty hatte sich, uns halb zugekehrt, in den Sessel am Fenster gesetzt. Nach einer Weile sagte Bill: »Mir geht es jetzt wieder gut.«
    »Klasse«, antwortete ich.
    Es herrschte Schweigen. Dann räusperte sich Bill. »Worauf warten wir eigentlich?«, fragte er.
    »Dass Smitty zu reden anfängt«, sagte ich.
    Smitty zeigte nervös mit dem Daumen aufs Fenster. »Können wir nicht die Vorhänge zuziehen?«
    »Tun Sie’s gefälligst selbst«, sagte ich.
    Er tat es und setzte sich mit unglücklicher Miene wieder hin. Er stützte die Ellenbogen auf die Knie und schlürfte den Kaffee. Bill hatte uns allen schwarzen Kaffee gebracht. Wir beide tranken ihn immer schwarz. Smitty schmeckte das Gebräu nicht, aber er trank es.
    »Es wird Zeit, dass Sie uns alles erzählen, Smitty«, sagte ich. »Ich kann nicht«, entgegnete er. Über den Tassenrand hinweg blickte er uns ernst an. »Ich hab Sie gewarnt, weil ich Ihrem Vater einen Gefallen schuldig war. Sie schlagen mich zusammen. Ich hätte gar nicht erst kommen sollen.«
    Ich drehte den Kopf. »Bill, kannst du ihn etwas sanfter anfassen als vorhin? Ich will ihn nicht jedes Mal wieder zur Besinnung bringen müssen.«
    Bill sprang begierig auf. Er wollte die Scharte wieder auswetzen. »Ich habe hier etwas Schönes«, sagte er und zeigte uns seine rechte Faust, die mit roten Haaren und orangefarbenen Sommersprossen bedeckt war. Die Knöchel waren groß und dick.
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte Smitty. Seine Stimme war schrill. Er rutschte tiefer in den Sessel.
    »Erzählen Sie uns zuerst den einfacheren Teil der Geschichte«, meinte ich. »Was für einen Dienst hat mein Vater Ihnen erwiesen?«
    Seine Augen waren starr auf Bills Faust gerichtet. »Da waren Sie noch nicht auf der Welt«, antwortete er. »Zur Zeit der Prohibition. Ich hab eine Wagenladung von New Hampshire gefahren, da haben mich die Bullen erwischt.«
    »Was für eine Ladung?«, fragte Bill.
    »Whiskey.« In seiner Stimme schwang Verachtung für Bills Unwissenheit, doch er hatte immer noch Respekt vor Bills Faust. »Die Leute, für die ich arbeitete, haben mich im Stich gelassen, aber Ihr Vater hat mich verteidigt. Kostenlos.«
    »Woher kannte er Sie?«, fragte ich.
    »Wir arbeiteten für dieselben Leute.«
    Bill machte einen Schritt auf ihn zu. »Das ist gelogen.«
    »Warte«, sagte ich. »Schön, Smitty, und nun zu dem, was jetzt los ist.«
    »Ich hab Ihnen schon alles gesagt. Es wird in New York Ärger geben. Sie wollen da nicht hineingezogen werden.«
    »Ich will alles wissen«, sagte ich. »Namen und Adressen. Die Kerle haben meinen Vater umgebracht.« Ich zeigte auf Bill. »Sie haben seine Frau umgebracht.«
    Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher