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MärchenSpiel (German Edition)

MärchenSpiel (German Edition)

Titel: MärchenSpiel (German Edition)
Autoren: Jennifer Schreiner
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majestätisch, geschmeidig.
    Die Menschen liebten Bastet, sie liebten Katzen.
    Auch wenn Katzen keinen wirklichen Zweck erfüllten mochten die Menschen sie. – Nun gut, sie fraßen Mäuse. – Aber das taten Schlangen und Ratten auch.
    Ansonsten empfand ich Katzen als kleine, gut getarnte Killermaschinen.
    Trotzdem musste ich ihnen zugestehen, dass die Menschen sie verehrten. Vielleicht, weil sie schnurrten, weil ihr Fell weich war oder weil sie die Menschen an ihre größeren Artgenossen erinnerten.
    Das brachte mich wieder zu meinem Problem: Wer hätte je von einem Menschen gehört, der eine Kuh liebte? – Einen Stier konnten sie eventuell lieben und verehren. Ein Stier hatte Hörner und das machte ihn gefährlich.
    Aber eine Kuh? Eine Kuh gab Milch, sie war zahm und gemütlich. Man konnte sie schlachten und essen. Aus ihrem Fell konnte man Kleidung fertigen.
    Sie waren nicht einmal schön. – Wer hätte je von einem Menschen gehört, der von einer Kuh sagte: „Hei, wow! Guck dir bloß diese Kuh an! Hast du jemals so eine schöne Kuh gesehen?“
    Ich schlug frustriert mit dem Schwanz nach einer lästigen Fliege. – Ein weiterer Nachteil auf der nicht enden wollenden Liste.
    Lebhaft konnte ich mir vorstellen, wie die anderen Götter – die großen Götter, die die in ganz Ägypten zu Hause waren – jetzt gemeinsam irgendwo zusammen saßen und lachten.
    „ Haha, wieder so ein Emporkömmling, der sich selbst in die Pfanne gehauen hat.“
    „ Aber wenigstens können seine Anhänger ihn essen, wenn er versagt!“
    „ Da soll mal wer behaupten Götter erfüllten keinen Zweck!“
    Wirklich sehr komisch!
    Vielleicht hätte ich auch darüber gelacht, wenn es nicht ausgerechnet mir passiert wäre.
    Ich machte einen Schritt auf die Treppe zum Allerheiligen zu, in dem eine große vergoldete Frauenstatue stand.
    Da! – Die hätten sie doch nur anbeten müssen!
    Selbstmitleid brannte über mich hinweg, bevor sich mir plötzlich ein Mann mit einer roten Haube in den Weg stellte.
    Irgendetwas schien hier ganz und gar nicht zu stimmen.
    Zweifel überfielen mich und ich versuchte mich daran zu erinnern, wie genau ich hierher gekommen war.
    Was ich vorher gewesen war.
    Ein Wispern in der Nacht, ein unruhiger Traum, ein Gedanke, eine leise Stimme.
    Ich erinnerte mich an Jahrzehnte, in denen ich mit anderen Stimmen im Wind geflüstert hatte, bis das Mädchen kam.
    Sie war in die Einsamkeit der Stimmen gekommen, um ihrem Leben ein Ende zu bereiten.
    Aber das wollte sie gar nicht wirklich. Sie war nur verzweifelt, weil ihr nie jemand zuhörte, weil sie nicht mehr glaubte.
    Die anderen Stimmen erkannten das nicht, sie gaben ihr Recht und schmeichelten ihr.
    Aber was nutzt ein toter Gläubiger? Nur eine weitere Stimme im Wind?!
    Ich hörte ihr zu und widersprach.
    Sie hörte mir zu und durch die Aufmerksamkeit des Mädchens verblassten die anderen Stimmen, während meine an Kraft gewann.
    Ich erzählte ihr, wie schön das Leben war, dass allein die Liebe es wert war, weiter zu leben. Dass es immer jemanden gab, der einen liebte oder jemanden, den man lieben konnte.
    Sie dankte mir mit einer Blume und damit, dass sie später ihren Kindern von mir erzählte.
    Durch ihre Erzählungen wurde ich größer, fand mehr Kraft und mehr Stimme.
    Und ich fand Anhänger, die an mich und die Liebe glauben wollten.
    Mühsam arbeitete ich mich empor. – Nicht so, wie mach anderer Gott, der durch den Tod eines anderen einfach ein plötzlich entstehendes Machtvakuum besetzt hatte.
    Nein! Ich hatte geplant und ein Konzept entwickelt, wie meine Anhänger friedlich die Welt verändern konnten. Wie sie allen Menschen ein glückliches Zuhause schaffen würden.
    Und zum Dank war ich eine Kuh!?
    Warum nichts Imposantes? Etwas Gefährliches? Oder zumindest etwas Großes, etwas, was einer Göttin angemessen war?
    Ich schluckte mein Selbstmitleid herunter und ging weiter meine Erinnerungen durch, um einen Fehler in meiner Planung zu finden.
    Meine Anhänger hatten angefangen einen Tempel für mich zu bauen – und ich bin vor Stolz beinahe geplatzt. Noch nicht einmal einen eigenen Körper, aber schon einen Tempel.
    Mein Blick fiel auf die Menschen, die mich immer noch mit großen Augen ansahen, beinahe, als hätten sie nicht damit gerechnet, dass ihre Göttin vor ihnen erschien.
    Ihre angespannte Erwartungshaltung schnürte mir fast den Atem ab.
    Was sollte man dazu sagen?
    Sperrten mich in den Körper einer Kuh – Zugegebenermaßen einer recht
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