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MärchenSpiel (German Edition)

MärchenSpiel (German Edition)

Titel: MärchenSpiel (German Edition)
Autoren: Jennifer Schreiner
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Flüstern meiner älteren Tochter hörte, schlich ich näher. Sie hatte eine schöne Stimme, eine Erzählstimme. Dieses Mal jedoch schwang Angst in ihr mit. Und ich konnte sie nur zu gut verstehen.
    Ich konnte glauben an Wahnsinn, an Massenhypnose glauben, oder Suggestion. Aber ich glaubte nicht an vererbte Träume.
    Trotzdem erzählte sie gerade meiner Jüngsten von meinem Traum. Ich lehnte mich an die Wand und atmete tief ein. Hatte ich ihn irgendwo aufgeschrieben? In jemandem erzählt? Gab es einen Film mit diesem Thema?
    Nein, nein und nochmals nein.
    „Außerdem habe ich immer das Gefühl, die Kellertür beobachtet mich.“ Meine älteste Tochter schwieg. Noch vor Sekunden hätte ich geschworen, dass sie über solch eine Äußerung lachen würde. Oder zumindest korrigieren: Die Kellertür? Du meinst etwas hinter der Tür, oder?
    „ In dem Keller kann man sich verlaufen“, verkündete die fünfjährige Trisha unschuldig. „Er hat endlose Gänge und unterhöhlt die Stadt.“
    „ Nein, Süße! Das kommt dir nur so vor“, meine Älteste sprach mir aus der Seele.
    „ Nein, tut es nicht! Da sind Treppen und Seile und Schächte und Aufzüge, elektrisches Licht und Kerzen, auf der untersten Etage fließt am Boden sogar Wasser.“
    Mein Psychotherapeut wäre begeistert! Wahnsinn, der ansteckend war! Psychos´R´Us
    Vielleicht aber hätte er aber auch das Tiefenpsychologisch betrachtet und wieder mit Bewusstsein und Unterbewusstsein erklärt. Ich jedenfalls glaubte nicht an Bewusstseinserweiterte Keller, oder Spannertüren, aber ich glaubte an den Keller.
    „ Woher weißt du das?“, ich stellte die Frage, noch bevor ich um die Ecke bog.
    Meine beiden Töchter sahen mich erschrocken an, als hätte ich sie bei etwas Verbotenem erwischt. Vielleicht fühlten sie sich schuldig, beim aktiven Austausch von Aberglaube und Kinderängsten ertappt worden zu sein.
    „Mama, du hast gelauscht!?“
    Oho! Angriff ist die beste Verteidigung?!
    Ich nickte stumm. Warum etwas leugnen, was offensichtlich war?
    „ Es war nur ein Traum!“, verteidigte sich Trisha.
    Ja, sicher. Alle drei, ein und derselbe Traum, dieselben Halluzinationen, Wahnvorstellungen, oder was auch immer. Ein Schamane würde Geld dafür bezahlen unsere Gene zu bekommen. Kellergene. Verschiedene Daseinsebenenkellergene.
    „Wie kommst du darauf, dass alle Keller dieser Stadt miteinander verbunden sind?“ Denk rational! Versuch eine Schwachstelle in Trishas Geschichte zu finden!
    „ Das Ungeheuer im Schrank hat mir das gesagt. Das, das bei Juliana im Zimmer wohnt.“
    Ich starrte sie mit offenem Mund an, bis Juliana mir mit einem Finger den Kiefer hochklappte.
    „Nur die modernen, schönen, hellen Keller sind friedlich. Die sind nicht mit den anderen verbunden und da wohnen auch keine Ungeheuer aus den Träumen und Gedanken.“
    Großartig! Ich konnte mich gar nicht entscheiden, was ich erschreckender fand: Das sich Trisha mit dem Ungeheuer im Schrank unterhielt, oder dass ich die letzten 16 Jahre meines Lebens mit solch einem Superkeller gewohnt haben, nur um direkt vor das Tor der Hölle zu ziehen.
    Ich schluckte als zwei Paar erwartungsvolle Kinderaugen auf mich gerichtet wurden. Würde ich Trishas Behauptungen widersprechen, Julianas Traum analysieren? Würde ich sie beruhigen? Alles zerreden? Würde alles wieder gut werden?
    Meine erste Reaktion war: Flucht! Weg aus diesem Haus, von diesen Kellern.
    Mein rationaler Verstand kämpfte gegen die Stimme der Furcht, dem Schrei der Angst und dem Wehklagen der bestätigten Befürchtungen.
    Ich musste mich meinen Ängsten stellen. Mit mir konnten der Keller und meine Erinnerung es ja machen, aber nicht mit meinen Kindern!
    Und ein tiefer, archaischer Teil von mir wusste, dass ich meine Kinder schützen musste, indem ich in den Keller ging. Ein Vorbild sein und mich dem Bösen stellen musste. Nur so konnte ich sie schützen. Für jetzt und in alle Ewigkeit.
    „ Ich gehe in den Keller.“
    Meine Töchter schauten mich bewundernd an. – Jaaa! Ich bin schon ein Held! – Gezwungen grinste ich und ging nach unten. Vor der Tür zögerte ich kurz, atmete noch einmal tief durch – Man konnte ja nie wissen – und öffnete die nicht abgeschlossene Tür.
    Gespannt ging ich die Treppe hinab. Jeden Moment könnte etwas geschehen – müsste etwas geschehen – würde etwas geschehen.
    Unwillkürlich fiel mir wieder Alf ein, der riesige Teddy, den ich auf einer Kirmes gewonnen hatte. Ich hatte mein Glück nicht fassen
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