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MärchenSpiel (German Edition)

MärchenSpiel (German Edition)

Titel: MärchenSpiel (German Edition)
Autoren: Jennifer Schreiner
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äußerster Konzentration gelang es ihr, zwei Schritte zu machen, ohne auf ihre eigenen Haare zu treten. Doch die Fee war verschwunden.
    „ Ich werde wahnsinnig!“, verkündete Lina. „Haare! Überall Haare!“
    Als ihr ein Einfall kam, zeichnete sich Panik auf Linas Gesicht ab. Dann kontrollierte sie hastig ihre Achselhöhle.
    Ein Seufzen der Erleichterung hallte durch den Turm und war sogar noch am unteren Ende zu hören.
    „ Rapunzel, Rapunzel,
    lass dein Haar herunter!“,
    schallerte die Fee fröhlich von unten.
    Linas Kopf erschien am Fenster. Sie schien einen Moment zu überlegen. „Weißt du eigentlich, wie schwer du bist?“
    „Ich bin nicht zu dick!“, tobte die Fee, die sich seit Tagen auf ihre Rolle vorbereitet und nur noch Knäckebrot gegessen hatte. – So was schlug zwangsläufig aufs Gemüt. – Dann versuchte sie eine andere Taktik: „Sei kein Spielverderber! Das macht doch Spaß!“
    „ Spaß? Weißt du, was ich mit dem echten Rapunzel mache, wenn ich die in die Finger bekomme?“
    „ Aber immerhin siehst du toll aus!“, versuchte die Fee das Mädchen zu ködern.
    „ Nein, die Haare sehen toll aus, ich hänge da nur zufällig dran!“ Lina überlegte einen Moment. „Besteht die Chance, dass du Aspirin dabei hast?“
    Die Fee schüttelte den Kopf.
    „Kannst du welche herbei-zaubern oder herbei-feen?“
    „ Nein, darauf habe ich kein Patent!“
    „ Dann bleibst du unten!“ Lina zog ihren Kopf zurück.
    Erst nach einer Stunde gab die Fee sich geschlagen, sah ein, dass alle Bitten nichts halfen und machte sich auf den Weg zu einer Apotheke.
    „Rapunzel, Rapunzel,
    lass dein Haar herunter!“,
    klang eine männliche Stimme von unten und wischte Linas triumphierendes Lächeln beiseite.
    Sie steckte den Kopf durch das Fenster um zu prüfen, ob es sich vielleicht lohnte.
    „Für wie blind hältst du mich eigentlich?“, motzte Lina von oben, als sie den Prinzen sah.
    Dieser stutzte, beschloss alles zu ignorieren, was er nicht kannte und meinte: „Dein Gesang hat mein Herz so sehr bewegt, dass es mir keine Ruhe mehr gelassen hat.“
    „Das war kein Gesang, dass waren Schmerzensschreie, ich bin mir auf die Haare getreten.“
    „ Ich musste dich unbedingt sehen!“
    „ Jetzt hast du mich gesehen! – Ein schönes Leben noch!“
    „ Willst du mich heira ten?“
    „ Sag mal, weißt du eigentlich, wie alt ich bin?“
    „ Nein! Spielt das eine Rolle?“
    Lina war fassungslos. „Ich will nicht heiraten!“
    „Aber ich bin doch jung und schön!“
    „ Oh!“ Sie sprang wütend auf der Stelle und Märchenbeobachter schworen später, dass sie Rumpelstilzchen gesehen hatten.
    Genervt schloss Lina die Augen „Ich will raus aus diesem Märchen! Sofort!“
    Als jemand sie behutsam schüttelte, öffnete sie die Augen und setzte zu einer verletzenden Bemerkung an, bevor sie ihren kleinen Bruder erkannte.
    Dann begriff sie.
    „Jos! Oh Jos!“ Sie umarmte ihn, dankbar dafür, dass er sie gesucht und irgendwie gerettet hatte, obwohl sie so ekelig zu ihm gewesen war.
    Unsicher erwiderte er die Umarmung, bevor er sich von ihr löste: „Ich habe mir gedacht, du brauchst Hilfe bei den Rapunzeln.“ Er hielt ihr etwas Grünzeug hin. Sie nahm es verwirrt entgegen.
    „Das sind Rapunzeln?“
    „ Ja! Das da ist Kresse!“
    Lina lachte leise vor sich hin.
    „Liest du mir jetzt Rapunzel vor?“ Die Hoffnung in der Stimme ihres kleinen Bruders brach ihr fast das Herz.
    „ Also ersten: Ich werde dir alles vorlesen, was du möchtest, mein Lieblingsbruder und zweitens: wenn du möchtest erzähle ich dir die Lina-Rapunzel-Version.“
    Jos seliges Lächeln entschädigte sie für fast alles. – Trotzdem nahm Lina sich vor, ihrer Mutter unauffällig die Rapunzel-Kresse in die Hand zu drücken.
     
    Drachenopfer
     
     
    „Ja, Prinzessin!“
    Nur mühsam beherrschte sich Sir Cay. Selbst wenn sie die Prinzessin war und er nur ein Ritter, musste er nicht all ihre Launen ertragen. – Den leisen Gedanken, dass sie guten Grund hatte, schlecht gelaunt zu sein, verwarf er sofort. Natürlich erwartete sie, keinen weiteren Morgen mehr zu sehen, aber sie war schon immer launisch und boshaft gewesen“
    Er grinste, da die junge Frau innerlich sicher Todesängste ausstand und gönnte sie ihr von ganzem Herzen.
    Natürlich war die ganze Auslosung eine Farce gewesen. Es gab keinen Zufall, wenn aus 1000 Jungfrauen ausgerechnet die Prinzessin gezogen wurde. – Wenn er an ihr Gesicht dachte und an den kurzen Schrecken, der
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