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Märchenmord

Märchenmord

Titel: Märchenmord
Autoren: Krystyna Kuhn
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nicht alles täuscht…oh Allah , nein, ich glaube, jemand stöhnt. « Gina versuchte, etwas anderes zu hören als das Rauschen ihre s Blutes in den Ohren, aber es gelang ihr nicht. »Bist du sicher , ich… « Bevor Gina noch wirklich reagieren konnte, war Najah scho n die Treppe hinuntergelaufen. Sie wollte ihr folgen, doch in diesem Moment ging unten im Lagerraum das Licht an . Najahs Aufschrei ließ Gina das Blut in den Adern stocken .
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Fünfundzwanzi g
    K amera aus, dachte Gina und dann, aber das ist kein Film hier, das alles geschieht wirklich. Leise schlich sie an den Rand des Dachbodens und blickte nach unten. Sie sah Monsieur Saïd auf dem Boden liegen. Aus einer Wunde am Kopf tropfte Blut. Er lehnte an einem Sack Kartoffeln und starrte Najah an, die sich neben ihn auf den Boden gleiten ließ. »Was ist passiert?«, fragte sie. »Nicht«, Monsieur Saïd schüttelte den Kopf und hob die Hand. »Nicht.« »Was …« Doch Najah konnte den Satz nicht beenden, denn hinter einem Regal tauchte eine Gestalt auf, die Gina nur zu gut kannte und von der sie wusste, so würde der schwarze Mann immer wieder in ihren Träumen, aus der Dunkelheit auftauchen. Mit diesen leuchtenden Augen unter den schwarzen buschigen Augenbrauen. Und sie würde ihn nicht aufhalten können, wie sie ihn auch jetzt nicht stoppen konnte. Die Dinge im Traum würden einfach passieren. Sie würde nicht sagen können: »Schnitt« oder »Kamera aus!« Sie hatte keinen Einfluss auf die Bilder in ihren Träumen, wie sie keine Macht hatte, die Ereignisse dort unten in eine andere Richtung zu lenken.
    Karim sagte etwas auf Arabisch zu Najah. Es war ein böses Flüstern. Seine Hand hob sich. Er hielt eine Rede. Eine Rede, die aus Drohungen und Verwünschungen bestand, aus Flüchen und Beschimpfungen. Das verstand Gina. Dazu musste sie diese Sprache nicht sprechen. Und noch etwas wurde ihr schlagartig klar. Karim hatte nicht nach ihr gesucht, sondern nach Najah. Natürlich. Er hatte begriffen, dass sie nicht tot, sondern vor ihm geflohen war. Monsieur Saïd versuchte sich aufzurichten, doch es gelang ihm nicht. Alles, was er hervorbrachte, war ein Stöhnen und Gina konnte spüren, wie hilflos er sich fühlte, weil sie, verdammt noch mal, sie selbst fühlte sich ja wie ein Versager, als totaler Loser. Sie wusste einfach nicht, wie sie helfen sollte. Fast hätte Gina laut aufgeschrien, doch plötzlich war ihr klar, dass sie die Einzige war, von der Karim nichts wusste. Sie musste etwas tun. Sie war die Regisseurin. Die Regisseurin der Wirklichkeit. Haltet durch, dachte sie, ich hole Hilfe. Und dann … nein, es ist zu spät. Ich muss selbst etwas tun. Ich darf nicht wieder nur hier sitzen und zuschauen. Verdammt noch mal, Gina, lass dir etwas einfallen. Aber was? Es war dunkel auf dem Dachboden und der Lagerraum unten wurde nur durch das schwache Licht an der Decke erhellt, das noch dazu leicht flackerte, als ob es jederzeit seinen Geist aufgeben würde. Jetzt sprach Najah. Es klang, als stände sie auf der Bühne und hielt einen langen Monolog. Sie schlug sich immer wieder auf die Brust, bis Karims Hand sie zu Boden riss. Er stand über sie gebeugt. Und Karim hielt wieder dieses Messer in der Hand. Es war größer, als Gina es in Erinnerung hatte. Viel größer, und ehrlich gesagt, hatte sie das Gefühl, dass es wuchs, während sie es anstarrte.
    Hey, Gina, reiß dich zusammen, sagte sie zu sich selbst. Tu etwas. Tu etwas, tu etwas, tu etwas. Der Gedanke drehte sich in ihrem Kopf wie ein Kreisel. Lass dir etwas einfallen. Sitz nicht herum. Aber was? Was konnte sie tun? Und sie musste schnell handeln. Sie machte einen Schritt nach vorne und stieß mit dem Fuß gegen eine Kiste. Kurz hielt sie in der Bewegung inne, doch offenbar hatte niemand etwas gehört. Die Szene unten wirkte jetzt wie eingefroren. Noch immer lag Monsieur Saïd am Boden. Seine Augen wanderten von Karim zu Najah, von Najah zu Karim…Und Najah? Gina bewunderte ihren Mut. Sie nahm den Blick nicht von dem schwarzen Mann, starrte ihn an, ohne auf das Messer zu achten. Gina bückte sich und tastete mit den Händen den Gegenstand zu ihren Füßen ab. Ihre Hand blieb an einem Nagel hängen. Sie riss sich die Haut auf und spürte doch keinen Schmerz. Zu ihren Füßen stand eine Kiste. Was war das denn? Melonen. Nichts als Melonen, stellte sie enttäuscht fest und dann: Klar, das hier war ein Obstladen, kein Waffenlager. Aber sie musste doch etwas tun? Sie durfte diesmal nicht wieder nur
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