Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Märchen

Märchen

Titel: Märchen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
kann. Aber sie ißt wirklich. Einmal hat sie mich in den Finger gebissen, natürlich nur zum Spaß.
    Papa hat ein Bett für sie gezimmert. Nun braucht sie nicht mehr im Nähmaschinendeckel zu schlafen. Mama hat Laken und Decke für sie genäht. Und ich habe ein feines Nachthemd und ein paar Schürzen und ein Alltagskleid für sie genäht. Mirabell freut sich immer, wenn sie etwas Neues bekommt. Den ganzen Tag spiele ich mit ihr, nur nicht, wenn ich Papa im Garten Unkraut zupfen helfen muß.
    Jedesmal wenn ich ein Pferdefuhrwerk auf dem Weg höre, laufe ich zum Zaun, um nachzusehen, ob es nicht vielleicht der kleine wunderliche Mann ist, der wieder vorbeifährt. Ich möchte mich doch so gern bei ihm bedanken für meine herrliche, herrliche Puppe. Aber er kommt nie.
    Wollt ihr einmal meine Puppe sehen, meine schöne, feine Mirabell?
    Kommt und besucht mich. Dann will ich sie euch zeigen. Geht nur immer den kleinen, schmalen Weg entlang, der zu unserem Haus führt. Ich werde mit Mirabell am Zaun stehen, das verspreche ich.
    Allerliebste Schwester
    etzt will ich ein Geheimnis erzählen, das kein Mensch außer mir kennt: Ich habe eine Zwillingsschwester. Erzählt es J niemandem! Nicht einmal Mama und Papa wissen davon.
    Denn als wir vor langer Zeit geboren wurden, meine Schwester und ich - es war vor sieben Jahren -, da lief meine Schwester sofort hinaus und versteckte sich hinter dem großen Rosenbusch, der in der hintersten Ecke im Garten steht. Stellt euch vor, daß sie so weit laufen konnte, obwohl sie doch eben erst geboren war!
    Wollt ihr wissen, wie meine Schwester heißt? Ihr glaubt natürlich, sie heißt Lena oder Birgitta oder so, wie Mädchen sonst eben heißen.
    Aber nein, da irrt ihr euch. Sie heißt Ylva-li.
    Sagt das mehrere Male hintereinander, dann hört ihr, wie schön es klingt: Ylva-li, Ylva-li, Ylva-li. Ich selbst heiße nur Barbro.
    Aber Ylva-li spricht meinen Namen nie aus. Sie nennt mich
    »Allerliebste Schwester«.
    Ylva-li hat mich sehr gern. Papa hat Mama am liebsten, und Mama liebt von allen am meisten meinen kleinen Bruder, der im Frühling geboren wurde. Aber Ylva-li mag nur mich.
    Gestern war es sehr heiß. Gleich morgens ging ich hinaus und setzte mich hinter den Rosenbusch, wie ich es immer tue. Er steht in einer Ecke des Gartens, wo nie jemand hinkommt.
    Ylva-li und ich haben eine besondere Sprache, die niemand außer uns versteht. Der Rosenbusch heißt in unserer Sprache ganz anders.

    Er heißt Salikon. Als ich also dort beim Salikon saß, hörte ich Ylva-li nach mir rufen.
    »Kim hot!«
    »Komm her«, heißt das in unserer Sprache. Und da kroch ich durch das Loch. Genau unter dem Salikon ist ein Loch in der Erde. Da kroch ich hinein. Und dann stieg ich die lange, lange Treppe hinunter und ging durch den dunklen Gang bis zu der Tür, die in den Goldenen Saal führt, wo Ylva-li Königin ist.
    Ich klopfte an.
    »Ist das Meine Allerliebste Schwester?« hörte ich Ylva-lis Stimme von drinnen.
    »Ja«, sagte ich.
    »Nicko, öffne Meiner Allerliebsten Schwester«, sagte Ylva-li.
    Und dann ging die Tür auf, und Nicko, der Zwerg, der für Ylva-li das Essen kocht, verneigte sich und grinste wie immer.
    Ylva-li und ich umarmten uns lange. Aber dann kamen Ruff und Duff angerannt und bellten und sprangen um uns herum.
    Ruff und Duff, das sind unsere kleinen schwarzen Pudel. Ruff gehört mir, und Duff gehört Ylva-li. Ruff freut sich immer so, wenn ich komme. Er leckt mir die Hände und wedelt mit dem Schwanz und ist so süß.
    Früher habe ich Mama und Papa oft gebeten, mir einen kleinen Hund zu schenken. Aber sie sagten, Hunde machen soviel Arbeit und seien dann auch teuer und außerdem gar nicht gut für meinen kleinen Bruder. Deshalb bin ich so glücklich über Ruff. Ylva-li und ich spielten eine ganze Zeit mit unseren Hunden und hatten viel Spaß. Dann gingen wir unsere Kaninchen füttern. Wir haben nämlich eine ganze Menge kleine weiße Kaninchen.
    Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie herrlich es im Goldenen Saal ist. Die Wände leuchten von Gold. Mitten im Saal ist ein Spring-brunnen mit ganz grünem Wasser. Ylva-li und ich baden oft darin.
    Als wir die Kaninchen gefüttert hatten, beschlossen wir, ein bißchen zu reiten. Ylva-lis Pferd ist weiß. Seine Mähne ist aus Gold, und die Hufe sind aus Gold. Mein Pferd ist schwarz.
    Die Mähne und die Hufe sind aus Silber. Goldfunken und Silberfunken heißen unsere Pferde.
    Wir ritten durch den Großen Schrecklichen Wald, wo die Bösen wohnen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher