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Maennerschlussverkauf - Roman

Maennerschlussverkauf - Roman

Titel: Maennerschlussverkauf - Roman
Autoren: Natascha Sagorski
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stehe ich in einer riesigen Pfütze aus Glitterteilchen, allein und verloren im Scheinwerferlicht und sehe wahrscheinlich aus wie ein verschrecktes Bambi im Rocher-Goldkugel-Look.
    Immerhin haben mit dem Aussetzen der Musik auch die Buhrufe aufgehört, und im ganzen Saal herrscht betretenes Schweigen. Alle schauen mich an und schämen sich fremd. Bis eine Stimme die Stille rüde unterbricht.
    »Jetzt eröffne halt mal einer das Büfett. Der Alte kommt doch eh nicht mehr!«, schreit ein blonder Mann im schlecht sitzenden Anzug in der zweiten Reihe.
    Ich denke im ersten Moment nur: Pocher, du Sau! Dann wird mir klar, dass er recht hat. Tom wird nicht mehr kommen. Tom ist wahrscheinlich längst zum Hinterausgang raus und hat sich wie ein flüchtiger Schwerverbrecher das erstbeste Taxi genommen.
    Ich muss hier weg!, ist der nächste Gedanke, der mich durchzuckt, und wie aus einer Trance erwacht, raffe ich den Rock meines Kleides zusammen und renne in Richtung Bühnenrand. Als ich ihn fast erreicht habe, spüre ich zu meinem Entsetzen, wie ich mit meinen minimal zu großen Pumps von Jimmy Choo auf dem Glitzerzeugs ausrutsche, ins Schwanken komme und in hohem Bogen und mit einem lauten » WAAAAAAAAHHH !« von der Bühne fliege. Noch im Sturz wird mir das nun erst recht aufbrausende Klick-Konzert des Blitzlichtgewitters bewusst, und ich habe kurzfristig das Gefühl, blind zu werden. Dann warte ich auf den großen Knall, bei dem ich mir wahrscheinlich gleich das Genick brechen werde.
    Komischerweise empfinde ich beim Aufprall auf dem Boden keinen Schmerz. Erst nach einigen Orientierungssekunden bemerke ich, dass ich gar nicht auf dem Boden, sondern auf einem Zwei-Zentner-Security Mann gelandet bin. Der ächzt und stöhnt unter mir, woraufhin ich hektisch versuche von ihm herunterzuklettern. Was allerdings auch nicht so einfach ist, und als ich ihm bei meinem unbeholfenen Gestrampel auch noch das Knie in den Schritt ramme, verdreht der Gorilla im Anzug die Augen und wird ohnmächtig. Entsetzt schlage ich die Hände vor den Mund und vergesse mich festzuhalten, wodurch ich augenblicklich ins Rutschen gerate und nun doch fast ungebremst auf den Boden knalle. Da greifen vier starke Hände nach mir und ziehen mich auf die Füße.
    Vorsichtig werde ich aufgerichtet und behutsam vom Geschehen weggeführt. Anscheinend habe ich zwischenzeitlich angefangen zu weinen, denn durch einen Tränenschleier hin durch erkenne ich Manuel und Alex, die mich in ihre Mitte nehmen und stützen. Vor uns ist Leonie, hinter uns Torben. Gemeinsam bilden sie einen Schutzwall, um mich vor den Fotografen und den neugierigen Schadenfrohen abzuschirmen, und wir bahnen uns einen Weg nach draußen.
    »Habt ihr Tom gesehen?«, frage ich Leonie und kann selbst hören, dass ein letzter leiser Schimmer Hoffnung in meiner Stimme mitschwingt.
    Als sie nur stumm und traurig den Kopf schüttelt und für unsere kleine Karawane weiter eine Gasse durch die Menge schafft, lasse ich ermattet die Schultern hängen und mich stumm und widerstandslos von meinen Freunden abführen. Etliche Fotografen verfolgen uns unter dauerhaftem Blitzlichtgewitter, und auch draußen stehen zig Kamerateams, die natürlich alle voll auf das Ereignis des Abends draufhalten. Also auf die peinlichste und gedemütigtste Preisträgerin der Nacht.
    Erst als unsere kleine Überlebenskarawane in eine der wartenden Limousinen einsteigen kann, als jemand die Türen hinter uns schließt und wir in die Stille eintauchen, trauen wir uns kurz aufzuatmen. Niemand möchte als Erster etwas sagen, das kann ich regelrecht spüren. Was sollte man auch in diesem Moment sagen? Für das, was eben passiert ist, gibt es keine Beschreibung. Ich habe gerade eine emotionale Atombombe gezündet und ganz Deutschland hat zugeschaut. Wahrscheinlich fragt sich jeder im Wagen, wie ich mich je von diesem Super- GAU erholen soll. Am allermeisten ich. Das war die wohl krasseste Abfuhr, die Deutschland jemals gesehen hat.
    Stöhnend vergrabe ich den Kopf in den tausend Tüllschichten in meinem Schoß. Nichts mehr sehen und nichts mehr hören, das ist das Einzige, was ich mir in diesem Moment wünsche.
    Beiläufig bekomme ich mit, wie Alex neben mir per Handy versucht, unsere Flüge auf die letzte Maschine nach München umzubuchen, und als ich höre, wie Leonie und Manuel sich beraten und zu dem Schluss kommen, dass sie »mich irgendwie erst mal eine Weile weg vom Geschehen bringen müssen«, hoffe ich, dass sie damit eine einsame
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