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Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht
Autoren: Constanz Loeffler
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Berichterstattung der vergangenen Monate betonen Experten immer wieder, dass nicht jede Arbeits- und Alltagsbelastung als Burnout gedeutet werden sollte. Gleichzeitig dürfen Erschöpfungszustände nicht auf die leichte Schulter genommen werden – sie können erste Anzeichen für eine Depression sein. So endet einer finnischen Studie zufolge jedes zweite Burnout in einer Depression.
    Im Fall des Patienten Schulz wurde in der Psychotherapie klar, dass der Erschöpfungszustand Ausdruck eines schon lange bestehenden Gefühls der Überforderung war. Schon nach ein paar Sitzungen schafft er es jedoch, sich im Alltag besser abzugrenzen, wenn ihm die Patienten oder die Familie mal wieder zu viel abverlangen. In Konflikten mit dem Chef kann er sich mittlerweile besser behaupten, weil er seine eigenen Forderungen und Wünsche ernster nimmt. Ihm gelingt es immer besser, mal Nein zu sagen, wenn sein Chef ihn für Projekte einspannen will, die in der vereinbarten Arbeitszeit nicht zu schaffen sind.
    Wenn plötzlich alles anders ist
    Der Industriekaufmann Werner M. ist frisch berentet, als er nach einem Morgenspaziergang seine Ehefrau tot im Badezimmer findet. Herzinfarkt, glauben die Freunde, und in diesem Glauben lässt er sie. Dreißig Jahre waren die beiden verheiratet, für beide war es die zweite Ehe. Alles haben sie miteinander geteilt: das Haus, die Freunde und Hobbys wie Tennisspielen und Radfahren. Der Tod der Ehefrau bedeutet für den 59-Jährigen einen schweren Verlust. Völlig unerwartet steht er allein da. Der frische Witwer kann nicht mehr schlafen, Geldsorgen treiben ihn um. Ohne sein Wissen hatte seine Gattin eine Hypothek auf das gemeinsame Haus aufgenommen, denn sie hatte Spielschulden. Und das ist nicht das einzige Geheimnis, das Werner M. auf der Seele lastet. Seine Frau war alkoholabhängig, und eine Leberzirrhose die eigentliche Todesursache. M. gerät in einen heftigen inneren Konflikt: Auf der einen Seite trauert er, weint, geht täglich ans Grab und spricht mit ihr. Auf der anderen Seite ist er unbewusst wütend und ärgerlich, dass sie ihre Süchte nicht beherrschen konnte und ihn deshalb nun allein gelassen hat. Martens’ Freunde und Nachbarn bemerken, dass er sich zwar die allergrößte Mühe gibt, den Verlust zu akzeptieren und zu bewältigen, dass ihm das jedoch nicht gelingt. Er ängstigt sich vor dem Alleinsein, befürchtet, dass sich die befreundeten Paare von ihm als nun Alleinstehendem abwenden werden, und zieht sich deshalb von sich aus zurück. Er geht nicht mehr ans Telefon, und auch die Wohnungstür öffnet er nur noch selten.
    Das sagt der Experte:
    Hinter dieser schweren Trauerreaktion verbirgt sich eine sogenannte Anpassungsstörung. Sie wird typischerweise durch ein einschneidendes Ereignis ausgelöst, das das Leben eines Menschen grundlegend verändert. Das kann die Trennung von dem langjährigen Partner genauso wie der Tod eines geliebten Menschen sein, ein beruflicher Misserfolg oder eine schwere körperliche Erkrankung. Das Ereignis verändert das Leben des Betroffenen auf lange Sicht, im Falle einer Trennung zum Beispiel spaltet sich der Freundeskreis. Im Falle des Todes muss der Zurückgebliebene mit einem neuen Alltag als alleinstehender Witwer zurechtkommen.
    Bei einer Anpassungsstörung gelingt das nicht oder nur schwer, sie geht daher oft mit einer depressiven Stimmung, Angst, Anspannung, Ärger, Sorge oder einer Mischung aus diesen einher. Meist bleiben diese Beschwerden nur ein paar Wochen bestehen, in seltenen Fällen aber bis zu einem halben Jahr. Die Anpassungsstörung trifft vor allem Menschen, die einerseits psychisch anfällig sind. Andererseits ist klar, dass sie ohne den aktuellen Auslöser kein psychisches Problem hätten.
    Die Anpassungsstörung ist die häufigste psychische Beeinträchtigung, die sich wie bei Martens durch Unruhe, Schlafstörungen und Gewichtsverlust sowie durch körperliche Beschwerden bemerkbar macht. Viele Menschen versuchen zunächst, die aktuellen Probleme im Alleingang zu bewältigen. Wer aber merkt, dass er mit den alltäglichen Dingen nicht mehr zurechtkommt, sollte sich Hilfe durch eine Kurzzeit-Psychotherapie holen. Ist die Störung nur leicht ausgeprägt, führt der Therapeut mit dem Patienten entlastende und stützende Gespräche, diskutiert mit ihm, mit welchen Strategien er die akuten Veränderungen selbst bewältigen könnte, und gibt begleitend Medikamente wie zum Beispiel Antidepressiva. Fallen dem Patienten die täglichen Dinge
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