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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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schoben den überquellenden Einkaufswagen in die Kleiderabteilung. Vergebens hielt ich Ausschau nach den superschicken, irre günstigen Markenklamotten ohne Etikett.
    Die Wühltische mit superschicken, irre günstigen Haushaltskitteln und Herrensocken waren lückenlos umlagert von sommerschlussverkaufserprobten Veteraninnen aus Nahost, aber Susanna kannte offenbar alle Listen und Tücken, die man kennen muss, um sich in Sekundenschnelle einen strategisch günstigen Platz am Wühltischrand zu erkämpfen.
    Triumphierend hielt sie einen blauen Pullover hoch, der fast genauso aussah wie der Pullover in der Boutique vorhin. Der hier war zwar nicht aus Kaschmir und Schurwolle, sondern aus Polyamid, und die Farbe war auch nicht ganz so schön. Aber dafür kostete er nur ein Viertel von dem, was der andere Pullover gekostet hatte, und es gab ihn auch noch in Grün und Gelb. Susanna jubelte ekstatisch.
    »Wenn ich drei davon nehme, stehe ich mich immer noch viel günstiger, als wenn ich den einen teuren vorhin genommen hätte«, schrie sie, lud einen gelben, einen grünen und einen blauen Pullover oben auf die Essigreiniger und lächelte mich verzückt an.
    »Ich bin so froh, dass ich hergekommen bin«, wiederholte sie.
    Mit Freudentränen in den Augen stapelte sie ihre neuen Besitztümer an der Kasse auf das Fließband.
    »Und du hast gar nichts gekauft, du Dummerle«, sagte sie mitleidig, setzte aber gleich tröstend hinzu: »Jetzt weißt du immerhin, wo du hier demnächst günstig einkaufen kannst.«
    Die Kassiererin vom billigen Jakob bekam hundert-sechsundfünfzig Mark und dreißig Pfennige, und Susanna fand, dass sie Bruno damit genug ruiniert hatte.
    »Der würde Augen machen, wenn ich ihm erzählen würde, dass die Zweiliterflasche Essigreiniger hier nur eine Mark kostet«, meinte sie, als wir schwerstbeladen aus dem Paradies kamen. Dabei blieb ihr Blick sehnsüchtig an einer Telefonzelle hängen.
    »So ruf ihn doch an, in Gottes Namen!« Dieser kleine Einkaufsbummel hatte mir klargemacht, dass die beiden füreinander geschaffen waren.
    »Vielleicht tut's ihm schon leid, dass er dich eine Mutzkuh genannt hat.«
    »Mutzhawwe und Plunzkuh hat er gesagt«, verbesserte mich Susanna. »Aber ich könnt's ja wirklich versuchen.«
    Ich bewachte die Plastiktüten und grübelte über die Bedeutung des Wortes »Mutzhawwe« nach, während Susanna sich ungeduldig in die Telefonzelle drängte.
    Nach ein paar Minuten kam sie glückstrahlend wieder raus.
    »Der Bruno hat sich ganz lieb entschuldigt«, rief sie. »Er hat gesagt, ich fehle ihm, und er findet's ganz toll, dass ich drei Pullover für fünfundsiebzig Mark und so viel Essigreiniger erstanden habe. Und er hat versprochen, in Zukunft immer die Socken zusammenzuklammern, bevor er sie in die Wäsche tut, wenn ich nur so schnell wie möglich nach Hause komme.«
    Na, wunderbar. »Hat er auch versprochen, nie wieder sein großes Geschäft zu erledigen, während du in der Wanne sitzt?«, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.
    Susanna hörte es nicht. Sie war mit ihren Gedanken woanders.
    »Und ich hab ihm noch nichts von den Papiertaschentüchern und dem Küchenkrepp erzählt«, rief sie mit leuchtenden Augen. »Das gibt vielleicht eine Überraschung!«
    Wie an Weihnachten. Da war ich sicher.
    »Komm, lass uns gehen.«
    Wir verteilten Essigreiniger, Teelichter und Bügelbrettschonbezüge gerecht auf die riesigen Plastikgabensäcke und machten uns mit acht Kilo Traglast an jeder Hand auf den Weg zum Bahnhof.
    Unterwegs glaubte ich, meine Arme müssten jeden Augenblick von den Schultern abfallen. Susanna dagegen eilte wider die Gesetze der Schwerkraft beschwingten Schrittes vor mir her.
    »Ich bin ja so froh«, sagte sie jedes Mal, wenn sie sich zu mir umdrehte und legte noch einen Zahn zu.
    »Plunzkuh, alte«, flüsterte ich und hechelte hinter ihr her.
    Der Intercity nach Mannheim stand schon am Gleis, als wir ankamen. Ich reichte Susanna ihre Einkäufe durchs Abteilfenster und wartete darauf, dass sich mein Puls normalisierte.
    »Vielen, vielen Dank«, sagte Susanna warm.
    »Ich hab doch gar nichts getan.« Wenn's nach mir gegangen wäre, würde Susanna jetzt nicht mit Essigreiniger beladen zu Bruno und seiner Hasensuppe zurückfahren, das war mal klar.
    »O doch, das hast du«, widersprach Susanna. »Dir hab ich's zu verdanken, dass ich mich wieder mit Bruno versöhnt habe.«
    Ach, Susanna.
    »Viel Glück«, sagte ich. »Und wenn Bruno dich wieder ärgert, dann geh lieber
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