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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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Wiese vor dem Haus zum morgendlichen Dauerlauf. Proteste ignorierte er einfach, also rannten wir barfuss und mit Shorts im Kreis über die feuchte Wiese. Erik beaufsichtigte die eine Hälfte der Gruppe, die anderen wurden von Tom über den Rasen gescheucht. Es war noch früh, Nebelschwaden stiegen vom Boden hoch, und die Sonne ging langsam auf. Nach zehn Runden durften wir uns nacheinander mit dem Schlauch abspritzen, das Wasser war natürlich eiskalt, oder in den großen Holzbottich springen. Rudi war das Lachen vergangen: „Wenn das so weitergeht, bin ich fürs Überleben in der Antarktis gerüstet.“
    Als wir uns an die Tische im Gemeinschaftsraum setzten, war unsere Haut immer noch gerötet. Nach einer kurzen Verschnaufpause stand ein Geländelauf auf dem Programm. Erik lief voran, die Trillerpfeife im Mund. Ich kam mir vor wie bei der Grundausbildung während meiner Bundeswehrzeit. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und brannte uns auf den Rücken. Wir rannten einen steilen Hügel hinauf, überquerten ein quadratisches Holzgerüst und angelten uns an einem Seil über einen sprudelnden Bach. Ein Teilnehmer schaffte es nicht und fiel ins Wasser. Erik sprang hinterher und brachte ihn an Land. Da der Mann erst einmal wieder zu Besinnung kommen musste, durften wir eine kleine Pause machen. Erik verteilte kleine Stücke Traubenzucker. Als wir einigermaßen zu Atem gekommen waren, ging es weiter. Auf dem Rückweg stießen wir mit der zweiten Gruppe zusammen, die aussah, als habe sie einen Marathon hinter sich. Einige hinkten, andere mussten gestützt werden.
    Zuhause verarzteten wir unsere Wunden. Udo hielt mir seinen rechten Fuß entgegen: „Hast du schon einmal so eine Blutblase gesehen?“ Nein, hatte ich nicht. Rudis und meine Blasen waren aber ebenfalls nicht von Pappe. Erik verteilte Pflaster und Heilsalbe. „Nur Mut“, sagte er, „in ein paar Tagen ist das vergessen.“
    Nachmittags mussten wir den nahe gelegenen See durchschwimmen. Erik und Tom begleiteten uns mit einem Schlauchboot, falls es einer nicht schaffen sollte. „Kannst du noch?“, rief ich Rudi zu, der ein paar Meter von mir entfernt schwamm.
    „Eher ersaufe ich, als dass ich aufgebe.“
    Als Lohn für unsere Anstrengung durften wir abends in die Sauna, in der zehn Personen Platz hatten. Wir waren zu ausgelaugt, um uns zu unterhalten, jeder schwitzte stumm vor sich hin. Wer wollte, konnte sich danach von Tim oder Erik massieren lassen. Eve beaufsichtigte unsere Behandlung in knappen Shorts und durchsichtigem T-Shirt.
    Am nächsten Tag standen ein Geländelauf und das Schwimmtraining auf dem Programm. Danach ging es aber nicht in die Sauna, sondern wir trafen uns zur Schreitherapie auf einer Lichtung im Wald. Zunächst sammelten wir Holz, um in der Mitte ein Feuer zu errichten. Wir schichteten die Äste zu einer Pyramide und füllten das Innere mit Reisig. Reiner brauchte nur ein Zündholz dagegenzuhalten, schon fing das Holz Feuer. „Ich möchte, dass ihr nun eure Kleider ablegt und einen Kreis bildet“, forderte uns Reiner auf.
    Rudi, Udo und ich blickten uns fragend an, und auch die anderen zögerten. „Habt ihr mich nicht verstanden?“, fragte Reiner, „zieht euch bitte aus, und zwar alles!“
    Zwar murrten einige, aber schließlich standen wir alle nackt auf der Lichtung, auch Reiner hatte nichts mehr an. „Unsere Ahnen, die Urmänner, streiften nackt durch die Wälder“, rief er uns zu, „sie waren stark und unerschrocken, ihr dagegen seid weich und erfüllt mit Angst. Deshalb blickt in die Flammen, um deren Kraft in euch aufzunehmen!“
    Wir setzten uns im Schneidersitz auf den Waldboden und starrten ins Feuer. Tannennadeln pieksten mir in die Haut, trotzdem versuchte ich, mich zu konzentrieren. Das Holz knisterte und zischte, die Flammen loderten in den Himmel und versprühten Funken. Die Hitze erreichte meinen Körper, ja, ich war fähig, die Kraft dieses Urelementes zu spüren. Reiner klopfte auf eine Trommel, die er zwischen seinen Knien festgeklemmt hatte: Bumm, bumm, bumm. Dazu ließ er eine Art indianischen Singsang ertönen, in den wir nach einigen Minuten einstimmten: Hojahojajojaaaa!
    Unser Gesang wurde immer lauter, bis Reiner schließlich aufstand und begann, um das Feuer zu tanzen. Wie auf Kommando erhoben sich zwanzig Männer und folgten seinem Beispiel. Wir hüpften von einem Bein aufs andere, bis der erste einen Schrei in den Himmel ausstieß: „Aahhhhrrrr!“ Ein zweiter schrie: „Oohhhhhhhh“, ein
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