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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial
Autoren: Eva Karnofsky
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deren Legitimität ist.
    Besonders stolz ist Marta Lagos auf die erste Online-Umfragen-Datenbank in spanischer Sprache, die die
Corporación Latinobarómetro
2006 mit spanischer Technologie aufgebaut hat. Damit wurde das Monopol der englischsprachigen Datenbanken gebrochen. 2010 haben 5000 Forscher aus Lateinamerika die Daten heruntergeladen, um die Demokratie auf dem Kontinent zu analysieren.
    »
Latinobarómetro
ist eine lateinamerikanische Studie mit europäischen Wurzeln, und sie wurde von US-Wissenschaftlernlange heftig angegriffen, sie haben uns kritisiert, weil wir nicht ihren Regeln gefolgt sind. Aber schlussendlich haben sie keines der Ereignisse voraussehen können, die auf unsere Gesellschaften zukamen«, sagt Lagos nicht ohne Genugtuung. Ein amerikanischer Professor namens Mitchell Seligson hatte 2004 sogar sämtliche Geldgeber angeschrieben und sie aufgefordert,
Latinobarómetro
die Unterstützung zu entziehen, weil es schlecht gemacht sei und nicht den amerikanischen Regeln folge. Er kritisierte vor allem, dass die Daten den US-Universitäten nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. »Die reichen amerikanischen Universitäten haben Fonds, um die Daten zu kaufen. Die Förderung der US-Wissenschaft ist nicht unsere Aufgabe«, sagt Lagos dazu. Und auch die Geldgeber sowie viele lateinamerikanische Wissenschaftler waren mit ihr dieser Ansicht. Doch Seligson ging noch weiter: 2006 reiste er durch Lateinamerika, um seine eigene, von der staatlichen Entwicklungsagentur USAID bezahlte Konkurrenzstudie anzupreisen. Und er ließ keine Gelegenheit aus, um das
Latinobarómetro
schlecht zu machen. Geistigen Imperialismus nennt dies Marta Lagos: »Diese Attacke überlebt zu haben, war zweifellos die größte Herausforderung meines Lebens. Man muss sich fragen, ob es gefährlich ist, wenn in Lateinamerika selbständig gedacht wird.« Noch heute ist sie US-Wissenschaftlern wie Lipset und Dahl dankbar, dass sie sie auch in dieser stürmischen Zeit weiter unterstützt haben. Unter der Administration von Barack Obama haben sich die Beziehungen zu USAID wieder verbessert, doch immer noch gibt es Kräfte in den USA, die
Latinbarómetro
gern sofort übernehmen würden. Aus den Angriffen hat Marta Lagos gelernt, dass man nicht vom eigenen Weg abkommen darf, nur weil andere glauben, man liege falsch.
    Zum Skifahren, der einzigen Beschäftigung, bei der sie abschalten kann, kommt Marta Lagos selten. Sie lehrt immer wieder an verschiedenen chilenischen Universitäten, veröffentlicht regelmäßig in renommierten Zeitschriften wie
ForeignPolitics
und hat etliche Bücher geschrieben, die meisten zu demokratischen Übergangsprozessen, aber auch eines über die Situation der Frauen in Chile (
Mujeres chilenas
, 1992). Sie ist Vorsitzende des wissenschaftlichen Komitees des
World Values Survey Team
, das seit 1981 Werte und Einstellungen der Menschen in 56 Ländern erforscht, sie nimmt an der
Comparative Study of Electoral Systems
(CSES) teil, einer vergleichenden Studie von Wahlsystemen. Es handelt sich dabei um ein Gemeinschaftsprojekt von Wahlforschern aus der ganzen Welt, das vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung mitgetragen wird, und sie arbeitet als Meinungsforscherin für internationale Organisationen wie die Weltbank, die Internationale Arbeitsorganisation oder das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Zudem sitzt sie im Vorstand von FINAM
(Finanzas Internacionales y Nacionales para la Mujer)
, einer Nichtregierungsorganisation, die Mikrokredite für chilenische Frauen vergibt, und sie ist eine der HerausgeberInnen des
International Journal of Public Opinion Research
. 2008 erhielt sie in den USA den
Helen Dinerman Award
für herausragende Leistungen in der Meinungsforschung.
Ausgewählte Literatur:
    Marta Lagos: »Historia de Latinobarómetro 1995–2005. De un Estudio a una Institución«. Santiago de Chile 2005. Der Artikel fasst die Geschichte des
Latinobarómetro
zusammen.
    Paola Wächter: »Los hombres no ceden el poder a las mujeres«. In:
La Tercera
, 18.10.2009. Auf: http://mujer.latercera.com/2009/10/18/01/contenido/23_565_9.html , 15.5.2012. Interview mit Marta Lagos über ihr Leben sowie über die chilenischen Präsidentschaftswahlen 2009.
    Gaby Weber: »Die Heidelberg-Connection – Wie ehemalige chilenische Studenten in der Heimat Karriere machen«. In: SWR2, 4.1.2006, 8.30 Uhr. Die Sendung enthält Aussagen von Marta Lagos zu ihrem Studium in Deutschland. Das Manuskript
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