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Madita

Madita

Titel: Madita
Autoren: Astrid Lindgren
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dort
    hingehen. Statt dessen spielen sie Fangen auf den Gartenwegen oder Ball an der Schuppenwand.
    Aber Madita hat keine Zeit, nur immer Fangen oder Ball zu spielen, sie hat jetzt viele Schularbeiten auf und muß nachmit-tags lesen und schreiben und rechnen, manchmal eine ganze Stunde lang. Madita findet, daß sie viel zuviel Zeit mit den Schularbeiten vergeudet. Lesen kann sie, daß es eine wahre 147

    Freude ist, aber mit dem Schreiben hapert es, und am
    schlimmsten ist es mit dem Rechnen. Manchmal macht Madita ihre Hausaufgaben bei Alva in der Küche. Dann setzt sich
    Lisabet in den Holzkasten und spielt dort, daß sie Alva ist und Fische schuppt. Mit einem Küchenmesser schabt sie die Holzscheite, daß Rinde und Borke nur so stieben, und sie schimpft vor sich hin, daß der Fisch so schwer zu schuppen ist, genau wie sie es manchmal von Alva gehört hat.
    »Was Greuliches, die Fische! Wenn ich hier die Hausfrau
    wäre, na, dann würde ich auf alles, was Fisch heißt, pfeifen!«
    Lisabet spielt so schön, und sie bedauert Madita, weil sie sich mit ihren Rechenaufgaben abplagen muß. Rechnen muß
    schwer sein. Papa übt manchmal mit Madita Kopfrechnen,
    damit sie es richtig gut kann. Lisabet möchte auch, daß Madita gut rechnen kann, und sie denkt sich die ausgeklügelsten
    Rechenaufgaben für sie aus, genau wie Papa es immer macht.
    »Madita«, sagt Lisabet aus dem Holzkasten hervor, »wenn es zehn Jungen gibt und sie einen davon operieren, wie viele sind dann noch übrig?«

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    Madita ist nicht die Spur dankbar für die Hilfe, sie schnaubt über Lisabets Aufgabe nur verächtlich durch die Nase.
    »Sei doch still! Siehst du denn nicht, daß ich meine Aufgaben mache!«
    Aber Alva lacht. Ihr gefällt es, daß Lisabet versucht, Madita das Kopfrechnen beizubringen, und sie kommt auch mit einem
    Beispiel.
    »Wenn ich hier auf die Bank siebzehn Eier lege und nehme
    fünf davon weg...« beginnt sie, aber da will Madita sich ausschütten vor Lachen.
    »Haha, du kannst Eier legen, Alva? Warum kaufen wir dann
    welche in Apelkullen?«
    Auch Lisabet lacht, daß es in ihr nur so gluckst.
    »Haha, Alva kann Eier legen, da brauchen wir keine mehr in Apelkullen zu kaufen. Das muß ich Mama erzählen.«
    Eine gute Weile necken sie Alva und bitten sie, recht viele Eier zu legen, weil bald Ostern ist.
    Danach gibt Alva Madita keine Rechenübungen mehr auf.
    Statt dessen hört sie sie in Biblischer Geschichte ab. Die kann Madita gut. Linus-lda hat ihr ja so viel aus der Bibel erzählt, und Madita wird in der Schule gelobt, weil sie so gut darin Bescheid weiß. Aber alles daraus scheint Linus-lda ihr doch noch nicht erzählt zu haben. Eines Tages kurz vor Ostern kommt Madita völlig verweint aus der Schule und wirft sich Mama an den Hals.
    »Mama«, schluchzt sie, »wenn du wüßtest, wie gemein die zu Joseph gewesen sind!«
    Es dauert ein Weilchen, bis Mama begreift, daß es sich um den Joseph aus der Bibel handelt. Madita schluchzt, so daß sie kaum sprechen kann.
    »Oh, daß es so schlechte Menschen geben kann wie Josephs
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    Brüder! Daß sie den eigenen Bruder in einen Brunnen werfen und als Sklaven verkaufen und dann dem armen Vater zu
    Haus erzählen, Joseph wäre von wilden Tieren aufgefressen worden!«
    »Ja, aber es ging Joseph doch später so gut«, versucht Mama sie zu trösten. »Und er hat auch seinen Vater wiedergesehen, das weißt du doch.«
    Das weiß Madita, aber das nützt ihr nichts. Den ganzen Tag trauert sie über Joseph. Erst als es Zeit ist, zu Bett zu gehen, hat sie sich so weit beruhigt, daß sie Lisabet davon erzählen kann.
    »Stell dir bloß mal vor, Lisabet... stell dir doch vor, den eigenen Bruder als Sklaven zu verkaufen!«
    »Was ist denn ein Sklave?« fragt Lisabet.
    »Das ist einer, der immerzu nur arbeitet und arbeitet und arbeitet«, sagt Madita.
    »Ist Papa ein Sklave?« fragt Lisabet.
    »Pff! Papa doch nicht!«
    »Doch, denn er arbeitet und arbeitet und arbeitet ja immerzu«, sagt Lisabet.
    »l wo, du verstehst auch gar nichts«, sagt Madita. »Ein Sklave wird doch ausgepeitscht. Wenn er nicht arbeiten will, dann wird er sofort ausgepeitscht.«
    »Ich kann mir ja in Apelkullen eine Peitsche borgen, und dann peitsche ich Papa ein ganz klein bißchen. Dann ist er ein Sklave«, sagt Lisabet, die das mit den Sklaven sehr aufregend findet. Und dann schläft sie ein.
    Aber Madita liegt noch lange wach und muß an Joseph den-
    ken, den seine Brüder als Sklaven verkauften.
    Dann kommt Ostern heran.
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