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Madita

Madita

Titel: Madita
Autoren: Astrid Lindgren
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abkühlen, und deshalb ist es in der Küche heiß wie in einem Backofen, und dabei stehen sogar die Fenster offen.
    Alva freut sich, daß sie Madita zu sehen bekommt.
    »Na, das ist man gut«, sagt sie, »dann brauch ich nicht andauernd nach draußen zu rennen, um auf euch aufzupassen. Wie ist denn euer Ausflug?«
    »Famos«, sagt Madita.
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    »Und wo ist Lisabet?« fragt Alva.
    »Die ist noch auf dem... Ausflug«, sagt Madita und schlängelt sich, ehe Alva weiterfragen kann, zum Flur hinaus. Dort steht Papas Schirm im Schirmständer. Madita hat ihn gerade erst herausziehen können, da öffnet sich die Tür einen Spaltbreit, und Alva steckt den Kopf hindurch.
    »Habt ihr Sasso mitgenommen?« fragt sie.
    »Nein«, antwortet Madita und versucht, den Schirm hinter
    ihrem Rücken zu verstecken.
    »Dann ist er wieder in die Stadt ausgerückt«, sagt Alva. »Was willst du denn eigentlich mit dem Schirm?«
    »Ich dachte... falls es vielleicht Regen gibt«, sagt Madita.
    »Regen? Heute! Nu sag bloß einer!« sagt Alva. »Stell sofort den Schirm zurück!«
    Da wird Madita böse. Jetzt, wo sie gleich zum erstenmal in ihrem Leben fliegen wird, hat sie wahrhaftig keine Zeit, hier herumzustehen und wer weiß wie lange über das Wetter zu
    reden.
    »Auf Ausflüge muß man einen Regenschirm mitnehmen«,
    sagt sie energisch. »Stell dir vor, das Wetter schlägt um. Dann steht man da!«
    Alva lacht.
    »Na, so schnell, daß ihr nicht allemal bis in die Veranda kommt, schlägt’s bestimmt nicht um. Aber meinetwegen nimm den Schirm mit. Bring ihn aber wieder zurück, denn sonst setzt es was von Papa.«
    »Ja, ja, ja«, ruft Madita ungeduldig und läuft zur Verandatür hinaus.
    Überall ist es so still. Man könnte wirklich glauben, auf ganz Birkenlund gäbe es keine Menschenseele. Und dabei soll hier die allererstaunlichste Fliegerei stattfinden, und weit und breit 44
    ist keiner da, der zugucken kann. Keiner außer Lisabet. Alvas Küchenfenster zeigt in eine ganz andere Richtung. Auch Abbe ist nirgends zu erblicken, und Onkel Nilsson liegt bestimmt noch immer auf der Küchenbank und schläft.
    Also wird nur Lisabet es miterleben, wenn Madita jetzt fliegt.
    Nur Lisabet sieht, wie Madita ganz vorn auf der Dachkante steht und den großen schwarzen Regenschirm aufspannt. Nur Lisabet sieht, wie sie ihn hoch über den Kopf hält und sich zum Sprung bereitmacht.
    »Du bist bestimmt verdreht«, sagt Lisabet. »Das bist du apselut!«
    »l wo, da ist doch gar nichts weiter dabei«, sagt Madita, aber trotzdem kommt es ihr plötzlich ziemlich weit vor bis zur Erde.
    Aber wenn man mit einem Schirm aus einem Flugzeug sprin-
    gen kann, das tausend Meter hoch in der Luft fliegt, ja, du liebe Zeit, dann wird es wohl auch von einem Schuppendach gehen.
    Ein Weilchen steht sie mit dem hocherhobenen Schirm da und macht das Brummen eines Flugzeugs nach. Abbe hat ihr
    beigebracht, wie es klingen muß. Freilich hat auch Abbe noch nie ein Flugzeug gesehen oder gehört, aber wie es klingen muß, weiß er trotzdem. Abbe weiß eben alles.
    »Brrrr, brrr, brrr«, macht Madita.
    »Auwei«, ruft Lisabet.
    Und dann fliegt Madita. Sie spaziert einfach in die Luft hinaus.
    Dann hört man einen Plumps.
    »Oh, das ging aber schnell«, ruft Lisabet. Sie rutscht auf dem Bauch bis zur Dachkante vor und sieht zu Madita hinunter.
    Aber Madita liegt ganz still mit dem Gesicht zur Erde und antwortet nicht. Neben ihr liegt der Schirm, die Krücke ist abgebrochen.
    »Was ist mit dir?« ruft Lisabet. »Bist du tot?«

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    Auch jetzt bekommt sie keine Antwort.
    »Madita, sag doch, ob du tot bist!« ruft Lisabet ängstlich.
    Aber Madita antwortet trotzdem nicht. Da fängt Lisabet an zu schreien, als ob sie am Spieß steckte.
    »Mama!« brüllt sie. »Mama!«
    Ihr kommt es vor, als wäre sie mutterseelenallein auf der Welt.
    Und vom Dach hinunter kann sie auch nicht. Als sie so laut brüllt, wie es nur geht, steckt Onkel Nilsson den Kopf zum Fenster hinaus.
    »Was machst du denn da oben? Warum krähst du denn so?«
    »Madita ist tot«, schreit Lisabet. »Sie ist tooot!«
    Da klettert Onkel Nilsson rasch aus dem Fenster und springt mit einem Satz über den Zaun. Dann kniet er neben Madita im Gras nieder und wendet ihr blasses Gesicht nach oben. An
    ihrer Stirn klebt Blut.
    In diesem Augenblick kommt Alva angelaufen. Als sie Madita erblickt, bleibt sie wie angewurzelt stehen und bricht in ein gellendes Wehgeschrei aus.
    »O du Allmächtiger, was ist passiert?«
    Onkel Nilsson nickt
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