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Madita

Madita

Titel: Madita
Autoren: Astrid Lindgren
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anderes als Zielscheibe.«
    Und Abbe verschwindet in seine Küche.
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    »Jetzt wollen wir aber den Ausflug machen«, sagt Lisabet, und das soll heißen, das sie jetzt essen will.
    Sie verspeisen die übriggebliebenen Würstchen und die Eier und den Apfelkuchen und die Zimtwecken, und es schmeckt
    herrlich, und sie werden auch sehr satt, obwohl sie doch alle Fleischklößchen und fast alle Würstchen verschossen haben.
    Sie trinken auch Milch, aber Lisabet kippelt mit ihrem Glas, und die Milch fließt als weißes Bächlein die Dachziegel hinunter in die Dachrinne.
    »Da werden die Spatzen aber staunen, wenn sie Milch in der Dachrinne finden«, sagt Madita.
    »Ja, und sich freuen«, meint Lisabet. »Und was machen wir jetzt, Madita?«
    »Weiter die Aussicht begucken, das macht man nämlich auf
    Ausflügen«, versichert Madita.
    »Ach so«, sagt Lisabet.
    »Ja, das hat unsere Lehrerin gesagt, und das machen wir am Mittwoch auch. Aber die Jungen sagen, sie pfeifen auf die Aussicht, die wollen bloß Jux machen.«
    Madita und Lisabet aber sind nicht wie die Jungen, sie genie-
    ßen die Aussicht aus Leibeskräften. Und nicht nur die Aussicht auf Nilssons Küche, nein, sie drehen und wenden die Köpfe genauso, wie man es auf einem Ausflug machen muß. Sie
    können den Fluß bis zur nächsten Biegung sehen und die
    Trauerweiden, die bis auf das Wasser hinunterhängen, und
    alle Häuser und Gärten das ganze Flußufer entlang. Das gelbe und rote Herbstlaub sieht so schön aus, und der Himmel ist so blau und klar.
    Sie legen den Kopf in den Nacken und starren in die Höhe, um nur keine Aussicht zu versäumen. Da entdecken sie einen
    Vogel, der hoch, hoch oben im Blauen schwebt.
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    »Stell dir mal vor, was der erst für eine Aussicht hat«, sagt Madita. »Ach, ich möchte auch fliegen können!«
    »Menschen können nicht fliegen«, sagt Lisabet.
    »Doch, in Flugzeugen«, sagt Madita.
    Abbe hat ihr von Flugzeugen erzählt. Die gibt es in anderen Ländern, aber hier in Schweden gibt es auch ein paar. Madita möchte für ihr Leben gern mal eins sehen. Aber Linus-lda
    behauptet, Fliegen wäre Sünde.
    »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, wenn unser Herrgott gewollt hätte, daß die Menschen fliegen, dann hätte er doch Federvieh aus ihnen gemacht«, sagt Linus-lda.
    Lisabet findet die Sache mit den Flugzeugen schon recht
    staunenswert, aber schließlich gibt es noch andere, die fliegen können.
    »Du, Madita«, sagt sie, »aber der Sandmann, der kann sogar mit einem Regenschirm fliegen.«
    Darüber rümpft Madita nur die Nase.
    »Ach, du bist ja dumm, Lisabet.«
    Aber dann fängt Madita an, darüber nachzugrübeln. Abbe hat ihr erzählt, daß mal einer mit einem großen Schirm aus seinem Flugzeug gesprungen ist.
    Madita ist es natürlich völlig klar, daß man mit einem Schirm nicht hierhin und dorthin fliegen kann wie das Sandmännchen, aber wenn man aus einem Flugzeug zur Erde kommen will,
    dann scheint es gut damit zu gehen.
    Oder auch... wenn man von einer anderen hohen Stelle her-
    unter will! Madita überlegt. Das Schuppendach ist eine hohe Stelle.
    »Ich glaub, ich versuch’s mal«, sagt Madita.
    »Was denn?« fragt Lisabet.
    »Mit einem Regenschirm«, sagt Madita.
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    Als Lisabet erfährt, was sich Madita ausgedacht hat, lacht sie so sehr, daß es in ihr gluckst.
    »Du bist bestimmt verdreht, Madita«, sagt sie. »Spielen wir jetzt, daß du das Sandmännchen bist?«
    »Nee, denk mal an, das spielen wir gar nicht«, sagt Madita.
    »Sei nicht so albern. Ich will doch so tun, als ob ich aus einem Flugzeug springe, verstanden?«
    »Du bist bestimmt verdreht, Madita«, wiederholt Lisabet.
    Aber jetzt heißt es, Papas großen Regenschirm aus dem
    Schirmständer im Flur stibitzen, ohne daß Alva etwas merkt.
    Ob nämlich Alva Verständnis für das Fliegen mit dem Regenschirm hat, ist nicht so sicher. Am Ende macht sie ein großes Gezeter, nur weil sie nie was davon gehört hat, daß man mit einem Schirm fliegen kann.
    Als Lisabet jetzt auf dem Dach allein gelassen werden soll, vergeht ihr das Lachen. Aber Madita tröstet sie:
    »Ach was, ich bin doch gleich wieder da. Du kannst ja solange bei Nilssons reingucken. Sitz nur ganz still, damit du nicht runterfällst.«
    Und damit verschwindet Madita die Leiter hinab nach unten.
    Zuerst macht sie einen kleinen Abstecher in die Küche. Dort steht Alva am Bügelbrett und bügelt, daß ihr der Schweiß von der Stirn tropft. Sie muß tüchtig im Herd einheizen, damit die Bügeleisen nicht
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