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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Akzent, die dem Laden ihre Dienste angeboten hatten. Sie gaben an, für einen privaten Sicherheitsdienst zu arbeiten und machten ihr den Vorschlag, auch ein wenig auf Barbaras kleinen Laden zu achten, da sie ohnehin einige Kunden in dieser Gegend hätten. Barbara hatte, nichts Böses ahnend, höflich abgelehnt, da sie München ›für sehr sicher‹ hielt, sie sich ›keine weiteren Kosten leisten‹ konnte und sie im Übrigen auch ›mit Lebensmitteln und nicht mit Wertgegenständen‹ handelte. Die beiden so genannten Sicherheitsleute hatten sich nach dieser Antwort verblüfft angesehen und dann etwas hilflos darauf hingewiesen, dass die alten Vorbesitzer des Ladens ›seit Jahren‹ von ihren Diensten profitiert und die Zusammenarbeit nie bereut hätten. Bester Beweis: »Es ist in all den Jahren hier nie etwas passiert !« Barbara hatte energisch verneint, worauf die Männer gelacht und angekündigt hatten, sie würden in ein paar Wochen wiederkommen mit »Argumenten, die hoffentlich überzeugender sein« würden. Barbara hatte sich fröhlich und in aller Naivität von den Besuchern verabschiedet. Ihr Mann hatte sie hinterher heftig gerügt: »Wie kannst du derartig weltfremd sein? Du fabulierst immer von den kriminellen Machenschaften der bösen Industriekonzerne, und wenn dir dann mal wirklich ein Verbrecher über den Weg läuft, schaust du ihn mit deinen großen Kinderaugen an und wünscht ihm einen Guten Tag! Mann, Barbara, wach auf, das waren knallharte Schutzgelderpresser! Kein Wunder, dass die Vorbesitzer deines Ladens lieber verkauft haben! Und das in München, das gibt’s doch nicht! Wir müssen unbedingt zur Polizei gehen .« Doch auch die Polizei war fest im Feindbild von Barbara verankert und man kooperierte mit ihr nur, wenn es gar nicht anders ging. Sie war sich sicher, dass die Männer nach ihrer klaren Ablehnung und ihrem Hinweis auf das finanziell noch unrentable Geschäft nicht wieder kommen würden. Er ließ das Thema schließlich fallen, nachdem sie ein ganzes Wochenende darüber diskutiert hatten und nahm ihr das Versprechen ab, bei einem erneuten Besuch scheinbar auf das Angebot einzugehen und dann mit ihm gemeinsam die Polizei zu informieren. Doch anscheinend hatten die Männer gleich Nägel mit Köpfen gemacht und ihrem Angebot für eine Geschäftspartnerschaft noch vor der nächsten Verhandlungsrunde blutig Nachdruck verliehen. Er überlegte kurz, ob er auf Barbaras Frage »Warum nur ?« entsprechend antworten sollte, streichelte sie stattdessen aber lieber beruhigend im Nacken. Die Lammkoteletts wurden eingefroren, da keiner Lust auf Fleisch hatte und Glock machte den frischen Salat zurecht, damit sie zumindest etwas im Magen hatten. Anschließend gingen sie früh ins Bett, und Barbara weinte sich in seinen Armen leise in den Schlaf. Ihr Mann grübelte noch lange in die Nacht hinein.

     
    Am nächsten Morgen sprach er das Thema beim Frühstück an und überzeugte seine Frau, die mit verquollenen Augen vor der Morgenzeitung saß, ohne den Sinn der Buchstaben aufzunehmen, die Polizei heute über die Schutzgelderpresser zu informieren, die ihr vor einem Monat einen Besuch abgestattet hatten. Er bot an, den Polizeibesuch für sie zu übernehmen. Allerdings erst, nachdem er seinen frühmorgendlichen Überraschungstermin beim Finanzvorstand der Schuegraf AG hinter sich gebracht haben würde: Der Termin war gestern, kurz nach der prekären Konferenz, noch per Mail hereingekommen und schien eine unmittelbare Reaktion auf die gestrige Sitzung zum Vertriebseffizienz-
    Programm zu sein. Der Gedanke an diesen Termin erfüllte ihn mit prickelnder Spannung, da er noch nie einen Vieraugentermin mit Nagelschneider gehabt hatte und ahnungslos war, was dieser mächtige Mann von ihm wollte. Heinrich Nagelschneider war Herr über die Finanzen eines Dreißig-Milliarden-Euro-Konzerns mit Dutzenden von Tochtergesellschaften und einer mehr als hundertjährigen Firmengeschichte. Da der Vorstandsvorsitzende und Nachfolger des verstorbenen Kurt Beckendorf, Dr. von Weizenbeck, noch sehr neu war, galt der Finanzchef allgemein als der eigentliche Konzernlenker und Entscheider. Macht und Einfluss hatten Glock schon immer angezogen. Als Schüler war der seinerzeitige Inbegriff von Macht sein Traumjob gewesen: Schuldirektor. Der Berufswunsch hatte sich später stark gewandelt, der Wunsch nach Einfluss und Macht war geblieben. Dieses Bedürfnis hatte sich als starke und wichtige Triebfeder erwiesen. Glock musste beim
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