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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Alex Berg
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Türspalt hereinfiel, blendete sie. Dennoch erkannte sie Mayer, der in die Zelle trat und sie am Arm berührte. »Stehen Sie auf.«
    Ihr Rücken schmerzte von der durchgelegenen Matratze. Ihr Mund war trocken, und ihre Augen brannten. Valerie reckte sich und schwang die Füße auf den Boden. Unsicher tastete sie nach ihren Schuhen.
    Durch leere Flure und an verlassenen Büros vorbei brachte Mayer sie zurück in das Verhörzimmer, wo sie alles wieder genauso vorfand, wie sie es verlassen hatten. Der Amerikaner wartete bereits am Tisch. Den Ordner vor sich.
    In den vergangenen Stunden hatte Valerie unzählige Varianten ihrer nächsten Begegnung durchgespielt. Als sie sich ihm jetzt gegenübersah, lösten sich alle rationalen Überlegungen auf. Zurück blieb nur kalte Wut. »Ich sehe keinen Anwalt«, bemerkte sie kühl.
    Ihr Gegenüber zog eine Augenbraue nach oben. Gleichzeitig spürte sie, wie sich Mayers Finger fester um ihren Arm schlossen. Augenblicke später war sie wieder in ihrer Zelle. Allein mit ihrer Angst.
    * * *
    Robert F. Burroughs war kein Mann, der mit sich spielen ließ. Nicht mehr seit dem 11. September 2001, als seine Familie mit dem Flugzeug in Washington ins Pentagon gestürzt war. Mit dem Blick auf die verkohlten Leichen seiner Frau und seiner beiden Kinder war sein Leben zu Ende gewesen. Sein Glaube an Gott hatte sich in einem dunklen Abgrund aufgelöst. Er hatte nichts mehr zu verlieren und von dem Zeitpunkt an sein ganzes Sein dem Kampf gegen den Terror verschrieben. Als Mitarbeiter der CIA verfolgte er dieses Ziel mit einer Hartnäckigkeit und Skrupellosigkeit, die selbst einige seiner Kollegen erschreckten.
    Er hegte keinen persönlichen Groll gegen Valerie Weymann. Er hätte sogar darüber hinwegsehen können, dass sie Deutsche war. Sie war eine durchaus attraktive Frau von einem Selbstbewusstsein, das ihm in jeder anderen Situation imponiert hätte. In diesem Fall war ihr Selbstbewusstsein jedoch mehr als lästig. Es blockierte die Ermittlungen und kostete Zeit. Und Zeit war etwas, das sie nicht hatten.
    »Diese Frau enthält uns Informationen vor, die Tausende von Menschenleben retten könnten«, sagte er zu Mayer. »Wir können es uns nicht leisten, auf ihre Spielchen einzugehen. Sie braucht mehr Druck.«
    »Die Beweislage ist zu dünn«, gab Mayer kühl zurück. »Wir können sie nicht länger festhalten. Valerie Weymann ist Anwältin. Sie kennt ihre Rechte, und sie wird nicht reden.«
    »Eric, Sie wissen, was auf dem Spiel steht. Die Stimmung ist nach dem Anschlag in Kopenhagen mehr als angespannt«, konterte Burroughs. Er wies mit der Hand zum Fenster und beschrieb einen weiten Bogen über die Dächer Hamburgs. »Da draußen ist Krieg. Sie wollen nicht verantworten, dass diese Stadt Anfang des nächsten Jahres brennt, nur weil …«
    »Mir ist die Brisanz unserer Situation durchaus bewusst«, fiel ihm Mayer ins Wort. »Es gibt allen Grund zur Besorgnis, aber das kann und darf nicht dazu führen, dass wir jede Form der Rechtsstaatlichkeit außer Acht lassen.« Es lag eine Bestimmtheit in der Stimme des Deutschen, die Burroughs reizte.
    In einem Monat war in der Stadt ein internationaler Klimagipfel geplant. Hinter den Kulissen wurde mit einem riesigen Personalaufwand an der Sicherheit der Veranstaltung gearbeitet. Es gab ernst zu nehmende Terrorwarnungen, und Valerie Weymann war nicht die Erste, die in diesem Zusammenhang verhaftet worden war.
    Burroughs räusperte sich. »Valerie Weymann ist kein unbeschriebenes Blatt. Das wissen Sie.«
    Mayer ließ die Unterlagen, die er vom Tisch aufgenommen hatte, langsam zurücksinken. »Überschreiten Sie nicht Ihre Kompetenzen, Bob«, warnte er mit leiser Stimme.
    * * *
    Marc Weymann starrte fassungslos auf sein Telefon.
    »Ihre Frau befindet sich im Gewahrsam der Polizei. Mehr können wir Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mitteilen.«
    »Was ist passiert? Geht es ihr gut? Hat sie einen Anwalt? Kann ich zu ihr? Kann ich irgendetwas für sie tun?« Marcs Stimme überschlug sich beinahe.
    »Ich bin nicht befugt, Ihnen darüber Auskunft zu geben.«
    »Dann verbinden Sie mich mit jemandem, der die Befugnis hat!«
    »Rufen Sie bitte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal an.«
    Die Verbindung war unterbrochen. Marcs Herz klopfte, und seine Gedanken rasten. Namen schossen ihm durch den Kopf. Wen konnte er anrufen? Wer konnte helfen? Was, zum Teufel, war hier los?
    Seit er am Vortag Valeries Hilferuf
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