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Macht Vakuum

Macht Vakuum

Titel: Macht Vakuum
Autoren: Ian Bremmer
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genau wie Deutschland kaum geneigt, sich politisch und militärisch stärker zu engagieren. Wie die Vereinigten Staaten hat auch Japan ein gewaltiges Verschuldungsproblem, das es angehen muss. Selbst wenn eine ehrgeizigere Außenpolitik in der Bevölkerung breite Unterstützung genießen würde, wäre die Politik des Landes immer noch zutiefst dysfunktional. Im September 2009 errang die Demokratische Partei Japans (DPJ) einen Erdrutschsieg, der die jahrzehntelange Alleinregierung der Liberaldemokratischen Partei (LDP) beendete. Danach jedoch sah es in Japan eher nach einem Nullparteiensystem als nach einem Zweiparteiensystem aus. Yukio Hatoyama, der erste Ministerpräsident der DPJ, erwies sich schnell als unfähig, seine Wahlversprechen zu erfüllen, und wurde in einen Finanzskandal verwickelt. Sein Nachfolger Naoto Kan hatte auch nicht mehr Erfolg. Im August 2011 wurde Yoshihiko Noda Ministerpräsident. Er war der 17. Premier in 17 Jahren, ein Rekord im modernen Asien. Diese deprimierenden politischen Bedingungen in Kombination mit einer Volkswirtschaft, die mit schwachem Wachstum zu kämpfen hat und den neuen Schulden, die das Land aufnehmen musste, um die verheerenden Schäden nach einer Natur- und Atomkatastrophe zu beheben, lassen klar erkennen, dass Japan noch weniger als die EU geneigt sein wird, größere internationale Aufgaben zu übernehmen.
    Eine Generation lang haben die etablierten Mächte die Globalisierung als ein Spiel des Westens behandelt. Als sie Hunderte neuer Spieler an den Pokertisch ließen, kam es ihnen vor allem darauf an, mehr Geld in den Pot zu kriegen. Mehr Geld im Spiel ist eine attraktive Aussicht, wenn man selbst die Regeln bestimmt – und wenn man damit rechnet, dass sich die meisten Chips vor einem stapeln. Multinationale Unternehmen mit Sitz in den modernen hochindustrialisierten Demokratien spielten eifrig mit. Dabei operierten sie unter einem Schirm von Richtlinien, Normen und Institutionen, die ihre Heimatstaaten geschaffen hatten, und ließen sich von den billigen Arbeitskräften, den billigen Produktionsfaktoren, dem weniger belastenden Regelungsumfeld und den neuen Kunden in die Entwicklungsländer locken. Inzwischen jedoch ist die westliche Art der Globalisierung mit einer beispiellosen Herausforderung konfrontiert: Die neuen Spieler wollen mehr als nur einen Sitz am Tisch, sie wollen neue Regeln machen. Sie wollen in ihren eigenen Regionen ihre eigenen Pokerspiele durchführen, und sie haben, wenigstens in ihrem Revier, immer häufiger auch genug Macht, um einen Teil ihrer Wünsche durchzusetzen – insbesondere, wenn sie sich zu diesem Zweck zusammentun.
Mit den Schwellenländern ist nicht zu rechnen
    In einem geopolitischen Drehbuch aus Hollywood würde Brasilien vielleicht in globalen Umweltfragen, Indien bei der weltweiten Armutsbekämpfung und China im Bereich saubere Energie die Führung übernehmen. Diese Länder haben viel Erfahrung und starke Interessen in den jeweiligen Problembereichen, und sie könnten der bedrängten Welt alle helfen, ein paar große Schritte voranzukommen. Doch die G-Null ist kein Wohlfühlfilm, und die Regierungen der genannten und der anderen Schwellenländer werden sich vermutlich nicht um einen größeren Anteil an der globalen Führung bemühen.
    Warum? Weil sie ehrfurchtgebietende Herausforderungen zu bewältigen haben, wenn sie die nächsten Stadien ihrer eigenen wirtschaftlichen Entwicklung bewältigen und dabei ihre Popularität nicht verlieren wollen. Für Schwellenmärkte ist die Überschreitung der Schwelle ein Vollzeitjob, und die Anforderungen, die sie an eine Regierung stellt, stehen oft im Widerspruch zu den Forderungen, die auf internationalen Gipfeltreffen wie dem von Kopenhagen von anderen Regierungen erhoben werden.
    China scheint eine besonders gute Besetzung für die Rolle der neuen globalen Supermacht zu sein. Aufgrund seines bemerkenswerten 30-jährigen Wachstums, seines dramatisch zunehmenden geopolitischen Gewichts und der beständigen Steigerung seiner Verteidigungsausgaben rufen einige Beobachter nach einer G2, in der China undAmerika gemeinsam daran arbeiten würden, alte Industrieländer und Schwellenländer in einem ehrgeizigen Projekt zur Lösung dringender transnationaler Probleme zu vereinigen. 14 Wen Jiabao jedoch sagte in einer Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2010: »China ist immer noch im Primärstadium des Sozialismus und immer noch ein Entwicklungsland. Das sind
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