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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau?
Autoren: Lutz Jäncke
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unterschieden sich demzufolge auch statistisch nicht voneinander. Zur Kontrolle der allgemeinen vegetativen Erregung haben die Forscher noch die Pulsrate (also die Herzschlagfrequenz) jeweils vor und nach den Versuchsbedingungen gemessen. Die Pulsraten unterschieden sich nicht für die drei Versuchsbedingungen. Daraus schlossen die Forscher, dass die grundlegende Erregung in allen drei Bedingungen identisch war und demzufolge die unterschiedlichen kognitiven Leistungen nicht auf einen allgemeinen und damit unspezifischen Erregungseffekt zurückzuführen sind. Die Autoren vermerken noch, dass die Verbesserung der kognitiven Leistungen nur temporär und nach zehn bis 15 Minuten wieder verschwunden sei.
    Soweit die kurze Darstellung der Publikation und der darin berichteten Befunde (siehe hierzu auch Abb. 2 ). Es muss noch erwähnt werden, dass die Publikation als «Scientific Correspondence» in
Nature
erschien und demzufolge nur wenig Raum zur Beschreibung der Einzelheiten zur Verfügung stand. Insofern sind wichtige Informationen, die für die Bewertung der Befunde notwendig wären, nicht aufgeführt. Wir wissen demnach nichts über das Alter und Geschlecht der College-Studenten, auch wissen wir nichts über die grundlegenden intellektuellen Fähigkeiten dieser Studenten. Unbekannt ist auch, ob die Testpersonen musikalische Vorerfahrungen hatten, ob sie ein Instrument spielten, welche Musikpräferenzen sie pflegen oder in welcher Stimmung sie sich zumZeitpunkt der Untersuchung befanden. Es sind noch viele Fragen offen, die aber hier aus Platzgründen nicht weiter erörtert werden sollen. Wichtiger ist allerdings ein anderer Aspekt, der in dieser Arbeit nicht explizit thematisiert wurde, nämlich ob alle Versuchspersonen die drei Bedingungen in der gleichen Abfolge absolviert haben. Obwohl die Autoren erwähnen, dass sie keine Reihenfolgeeffekte feststellen konnten, wird an keiner Stelle der Publikation erwähnt, ob die Abfolge der Versuchsbedingungen kontrolliert wurde. Üblicherweise werden in solchen Experimenten die Versuchsbedingungen entweder per Zufall dargeboten oder nach bestimmten Plänen realisiert. Bei einer zufälligen Darbietung der Bedingungen wird vor der Untersuchung jeder Versuchsperson die Abfolge der Bedingungen per Zufall ermittelt. Dadurch kann man ausschließen, dass die Ergebnisse einer Bedingung die Ergebnisse der anderen Bedingung beeinflussen. Im Falle der Untersuchung muss man allerdings aufgrund der in der Publikation vorliegenden Informationen davon ausgehen, dass dieser Reihenfolgeeffekt nicht überprüft wurde, demzufolge kann gar nicht eindeutig darauf geschlossen werden, dass die Verbesserung der kognitiven Leistungen durch das Hören der Mozart-Sonate bedingt war.

    Abbildung 2: Schematische Darstellung der Befunde aus der Originalarbeit von Rauscher et al. (1993). Dargestellt sind die Testleistungen in dem verwendeten visuell-räumlichen Test als IQ-Werte. Ein IQ-Wert von 100 entspricht dem Durchschnitt.
    In einer Folgestudie, die 1995 in der Zeitschrift
Neuroscience Letters
publiziert wurde, konnten Rauscher und Kollegen ihren Befund replizieren und ergänzen (Rauscher, Shaw und Ky, 1995). In dieser Arbeit untersuchten sie die räumlichen Fertigkeiten von 79 Studenten. Zur Untersuchung der räumlichen Fertigkeiten kamen 16 Strichzeichnungen zur Anwendung, wonach die Testpersonen erschließen mussten, welche Objekte aus diesen Zeichnungen faltbar sind (so genannte Papierfaltetests). Zusätzlich kam noch ein Kurzzeitgedächtnistest zur Anwendung, der von den Autoren deshalb gewählt wurde, weil sie davon ausgingen, dass die gewählten 16 Testaufgaben (exemplarischer Reiz, der zu lernen war 9!B2?N%) nicht positiv durch die rhythmische Musik oder durch die anderen Bedingungen beeinflusst werden könnten. Das Versuchsdesign war wie folgt angelegt:
    1.   Zunächst mussten alle 79 Testpersonen im Rahmen einer Kontrollmessung die 16 unterschiedlichen Papierfalteaufgaben absolvieren.
    2.   Danach erfolgte die Aufteilung der Testpersonen auf drei Versuchsgruppen, wobei darauf geachtet wurde, dass die Ausgangsleistungen in den visuell-räumlichen Aufgaben zwischen den drei Gruppen gleich waren.
    Gruppe 1 (Ruhe) saß an vier aufeinanderfolgenden Tagen für jeweils 10 Minuten in völliger Stille; Gruppe 2 (Mozart-Gruppe) hörte an den vier aufeinander folgenden Tagen jeweils für zehn
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