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Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Titel: Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)
Autoren: Katja Kraus
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ihrer Autorinnenkarriere dieses Synonym zugelegt hat. Doch diese Frau, der in den neunziger Jahren die Herzen, Anhängerinnen und Angebote aus allen Richtungen zuflogen und die darüber »ein bisschen abgehoben hat«, die kennt sie heute eigentlich selbst nicht mehr.
    Sie hat weitergeschrieben, über all die Widrigkeiten der vergangenen Jahre hinweg. Zwei Bücher im Jahr, solche, über die sie beim Texten so herzhaft lacht, dass ihre Kinder daran den selbstversonnenen Schreibfluss hinter der verschlossenen Tür erkennen. »Männer sind wie Schuhe«, heißt ihr aktuelles Werk. Den Titel hat ihr der erste Liebeskummer ihrer Tochter beschert. Sie lacht auch beim Erzählen dieser Episode laut und lang, überhaupt lacht sie sehr viel. Selbst wenn sie über die fremde Hera Lind spricht, »die mit den intellektuellen Problemzonen«, unterbricht sie sich mit schallender Heiterkeit. Dass sie mit vierzig in die Pubertät gekommen sei, witzelt sie dann. Weil sie in der Pubertät eher wie vierzig sein sollte in ihrem streng katholischen Elternhaus. Musikalische Abendandacht statt Disconächte, Rudolf Schock anstelle der Beatles. »Die kannte ich gar nicht.« Dafür habe sie klassischen Gesang studieren dürfen, »das war ein Geschenk«. Und zehn Jahre hauptberuflich als Sängerin gearbeitet. Wenn auch immer im Schatten der noch schöner singenden Mutter. Vielleicht kommt daher ihr schlimmes Lampenfieber. Zu singen traut sie sich nur noch im Duett mit ihrer besten Freundin, einer Opernsängerin. Wie neulich bei einer Beerdigung, »das war bewegend«.
    Unlängst ist sie mal wieder in der Bestsellerliste gewesen mit einem ihrer Bücher. Vielleicht klappt es auch mit dem lustigen »Männer sind wie Schuhe«-Titel. Oder mit dem nächsten, das bald erscheint. Aber das ist ihr eigentlich nicht mehr so wichtig, sie weiß, dass es eine verlässliche Anhängergemeinde gibt, die sich nicht verschrecken lässt von den alten Geschichten.
    Am allerliebsten ist Hera Lind mit ihren Kindern zusammen. Mit ihren beiden Töchtern lebt sie in einer fröhlichen WG, samt Männern, Schuhen und Liebeskummer. Ihr Ehemann ist nach wie vor acht Monate im Jahr auf See. An seiner Abwesenheit bleibt der Bruch in ihrem Leben noch immer sichtbar. Salzburg ist ihr Schutzraum, seit sie in Deutschland zur »Rabenmutter Nummer 1« erkoren wurde. Und längst ihr Zuhause. Fern von den Fotografen auf den Nebendächern ihres Hauses, dessen Tür sie – als Superweib – so bereitwillig für alle geöffnet hatte. Fern von den Reportern vor dem Kindergarten ihrer Töchter. Und den Missbilligungen, die ihren Fall eskortierten. Ihr Mann musste den Kontinent wechseln, um eine neue Chance bei einem unvoreingenommenen Arbeitgeber zu finden.
    Material eigentlich für ein ganz eigenes Buch, zumal sie jetzt häufiger wahre Geschichten aufschreibt. Aber ein Drama würde es wohl nicht werden.

    »Es geht mir gut, sehr gut«, übertönt Udo Röbel am anderen Ende der Leitung die monotonen Staubsaugergeräusche. Na ja, ein paar Kümmernisse gibt es schon. Die Expansionsbemühungen seiner Lieblingsmusikkneipe, die sieht er mit Skepsis, »da wird der Markenkern verwässert«. Und sein neuer Roman, »Der rote Reiter«, das ist auch so eine Sache. Ein richtig gutes Buch sei das geworden, vielleicht sein bestes. Besonders stolz ist er auf das historische Material, das er für die elektronische Ausgabe zusammengetragen hat. Das erste deutsche App-Book ist es zudem. Dass es trotzdem kaum jemand mitbekommt, das ärgert ihn: »Ich kriege einfach keine Rezensionen, nicht mal schlechte.« Sein Name und seine Vergangenheit sind das Handicap seines aktuellen Lebens. Und dabei könnte es ihm so gut gehen. Aber die Bildungsbürger, die Romanleser, für die ist der Name Röbel noch immer ein Hemmnis, glaubt er. Und die ehemaligen Journalisten-Kollegen, »die wollen sich nicht zu Erfüllungsgehilfen machen«. Also halten sie lieber Abstand.
    Vor Jahren, als er zu schreiben begann, nach seinem endgültigen Ausstieg bei Springer, da ist es eine Kompensation gewesen. Als plötzlich niemand mehr anrief, »null«, sagt er, und er sich den Enthusiasmus fürs Bücherschreiben »ein bisschen einreden musste«. Im stillen Kämmerlein sei dann die Begeisterung verstörend runtergeglüht. Aber die ruhige Zeit hat ihm gutgetan nach dem jahrelangen Wettstreit um die beste Story. Eine Fortsetzung im Medienbereich konnte es ohnehin nicht geben. Ein Röbel könne nicht den Spiegel oder den Stern machen. »Und
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