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Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Titel: Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)
Autoren: Katja Kraus
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auch die eigenen Grenzen und Wesensgrundierungen zu überwinden imstande ist, was passiert dann, wenn diese Kraft an Wucht verliert? Wenn sie nicht mehr genährt wird von Anerkennung und Erfolgen? Wenn Zweifel an ihre Stelle treten, Kritik und Kontrollverlust? Wird dann das Innerste wieder nahbar oder der Machtwille umso größer, wenn der Status von außen bedroht oder von eigener Unsicherheit angenagt ist? Beginnt ein Aufbegehren mit dem Bewusstsein, dass die Macht zu schwinden droht, oder setzt an dieser Stelle sogar Erleichterung ein? Und wie verändert sich im jeweiligen Fall die Ausübung der Macht? An welcher Stelle beginnt man, den Nachlass zu regeln, dem Gesichtsverlust entgegenzuwirken? Welchen Einfluss haben die Karrierebegleiter, die Kollegen, die Trainer, die Berater? Werden sie im Krisenfall zu verlässlichen Vertrauten oder vielmehr zu Statisten des immer fremdbestimmteren Rollenspiels? Haben sie sich allzu sehr mit dem Erfolg und seinen Gesichtern verwoben, um auf dem Weg in die Veränderung objektive Ratgeber zu sein?
    Wie bereitet man sich vor, wenn der Ausstieg ein zwangsläufiger Prozess ist, wenn Alter oder körperliche Leistungsfähigkeit das Ende vorgeben? Wird der Übergang durch Bewusstheit und Vorbereitungszeit erleichtert? Und bedeutet das gleichfalls, dass die Unterscheidung zwischen selbstgewähltem und fremdbestimmtem Abschied das entscheidende Zufriedenheitskriterium bei der Selbsterneuerung ist?
    Ich habe diese Fragen, wie viele andere, die mich in diesem Zusammenhang bewegen, ganz unterschiedlichen Menschen mit besonderen Karriere- und Lebensläufen gestellt, neugierig darauf, ob die Antworten einander gleichen. Ob es verbindende Wesensmerkmale für Erfolg und simultane Handlungsmuster im Misserfolg tatsächlich gibt. Wie sehr sich Frauen von Männern, Sportler von Politikern und Journalisten von den Protagonisten ihrer Berichterstattung unterscheiden. Im Umgang mit Macht und Bedeutung, mit Siegen und Niederlagen, mit beruflichen Zäsuren und der Notwendigkeit einer Neuorientierung. Vor allem aber in der Beobachtung des eigenen Weges und all dessen, was eine exponierte Karriere orchestriert.
    Jede Biographie kennt ihre Brüche. Es gibt unzählige Bil- der erfolgsverlassener Leistungsträger, gefallener Helden und orientierungsloser Lenker. Wir alle erleben alltäglich Situationen des Scheiterns und beinahe jeder berufliche Weg ist mit Rückschlägen und Enttäuschungen, auch mit Statusverlust und unangemessener Beurteilung verbunden. Und doch bleibt das publikumsbegleitete Scheitern ein unauslöschbarer Makel, führt die eigene Erfahrung selten zu Verständnis und Mitgefühl bei der Bewertung der prominenten »Fälle«. Dabei sind es ganz ähnliche Gefühle, ist es dasselbe Spektrum, das die »großen« Karrieren mit den »kleinen« vergleichbar macht. Das Bedürfnis nach Wertschätzung, die Begegnung mit Ängsten und Zweifeln, Überforderungssignale und Selbstüberlistungen sind Faktoren des beruflichen Alltags, die unabhängig sind von Rang und Status. Weil in der Funktion der Mensch bleibt, der mit seiner Funktion und manchmal auch mit sich selbst in den Dialog geht, in den intimen Momenten.
    Auch weil eine bedeutende Laufbahn in der nachträglichen Bewertung allzu oft nicht in ihrer Gesamtheit gesehen wird, sondern der Tabellenstand zum Zeitpunkt des Abschieds ausschlaggebend für die Bilanz ist, war es nicht einfach, Menschen zu finden, die bereit waren, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Es bedarf einer besonderen Offenheit, einen Blick von außen auf die ganz persönlichen, behüteten Momente scheinbar transparenter Karrieren zuzulassen. Und damit auch hinzunehmen, dass das mühevoll geschaffene, öffentlich etablierte Bild angetastet wird, durch das Bekenntnis zu Niederlagen, oder gar der eigenen Verletzung.
    Ich bin froh, sie dennoch gefunden zu haben. Diejenigen, die bereit sind zu erzählen, was es für sie bedeutet, bedeutend zu sein. Wie es sich anfühlt, herauszuragen, anstoßen und entscheiden zu können, hofiert zu werden, auch aus den falschen Gründen. Wie sich Beziehungen verändern, wenn man an Einfluss und Status gewinnt. Und verliert. Was bleibt, wenn die Funktion auch den Menschen eingenommen hat, und wie man zurückfindet zum eigentlichen Kern. Was sich tatsächlich verändert, wenn das Leben eine andere Richtung nimmt, weil eine Zäsur gewollt oder aufgezwungen wird. Und was der Gewinn ist und was der Verlust, in der Zeit nach dem Ablegen einer machtvollen
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