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Mach's falsch, und du machst es richtig

Mach's falsch, und du machst es richtig

Titel: Mach's falsch, und du machst es richtig
Autoren: Christian Ankowitsch
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Uno-Schätzungen weltweit jährlich über 100 Mrd. Dollar umgesetzt» [215] würden: «Den Kritikern zufolge hat die von der Uno festgelegte Verbotsstrategie in den vergangenen Jahrzehnten die illegalen Drogenmärkte nicht nur nicht einschränken können, sondern größtenteils erst geschaffen.» So mächtig kann offensichtlich ein so kleines Wörtchen sein.

Weil die Verarbeitung negativer Aussagen ziemlich anstrengend ist, unterlaufen uns dabei Fehler. So verwandeln sich Warnungen vor schädlichen Medikamenten in Empfehlungen.
    Welche mitunter überraschenden und kontraintuitiven Ergebnisse wir durch unsere Negationen erzielen, hängt nicht nur davon ab, was wir
sagen
, sondern auch davon, was wir
nicht sagen
. Wenn wir zum Beispiel unseren Gesprächspartner mit der Feststellung konfrontieren: «Das ist keine gute Idee!», wird er fragen: «
Was
ist keine gute Idee?» Was weiter nicht verwunderlich ist, haben wir ihm doch den Kontext unserer Aussage nicht verraten. Er weiß schlicht und einfach nicht, wovon die Rede ist. Den brauchen wir aber, um den Überblick nicht zu verlieren. Weil es zu allem eine Studie gibt, so auch dazu. Und zwar von den beiden Psychologen Lüdtke und Kaup, denen wir in diesem Kapitel bereits begegnet sind. Sie haben festgestellt, «dass negative Sätze dann gut zu verarbeiten sind, wenn der negierte Sachverhalt entweder zuvor explizit zur Diskussion stand oder zumindest eine plausible Annahme im Diskurskontext dargestellt» [216] . Die Versuchsanordnung: Lüdtke & Co. erzählten ihren Probanden, daß die Sommerferien angefangen hätten und eine gewisse Daniela «mit ihrer Freundin Mareike im Freibad verabredet» sei. Während die beiden zum Schwimmbecken gingen, hätten sie überlegt, ob das Wasser wohl warm oder kalt sei. Das Ergebnis der Studie: Als man den Versuchspersonen anschließend einen Satz vorlas, in dem es darum ging, daß das Wasser nicht kalt sei, wurde er von den Versuchspersonen gut verarbeitet – indem sie ihn korrekterweise dem Schwimmbad zuordneten (und nicht der Antarktis). Bevor Sie nun den Kopf schütteln über die vermeintliche Trivialität dieser Erkenntnisse, lesen Sie bitte noch eine knappe Minute weiter – Sie werden sehen, daß die Sache noch interessant wird.
    Also: Die Verständlichkeit negierter Aussagen hängt stark davon ab, ob der Zusammenhang, in dem sie stehen, erhalten bleibt. Daß wir also immer wissen, worauf sie sich ganz konkret beziehen. Daher würden, schreiben die Wissenschaftler, Negationen auch «stärkeren pragmatisch-kommunikativen Verwendungsbeschränkungen als affirmative Sätze» [217] unterliegen, also nicht überall genauso selbstverständlich verwendbar sein wie affirmative Sätze. Wenn wir also irgendwelche ansatzlosen Sätze mit Neins formulieren, laufen wir Gefahr, daß unser Gegenüber entweder lange über sie nachdenken muß, sie gar nicht versteht – oder sogar als ungewollte Handlungsanweisung. Wie wir Eltern das sehr gerne tun, wenn wir unsere «Tu dies nicht»- und «Tu das nicht»-Sätze anwenden. Weil wir uns auf knappe Nein-Anweisungen beschränken, ohne das größere Ganze zu beschreiben, kommen viele dieser Negationen für die Kinder wie aus dem Nichts. So zum Beispiel der Satz: «Stell das Glas nicht so nah an den Rand!» Das ist nett gemeint, aber vollkommen zweck-, weil für das Kind sinnlos. Unserer Negation fehlt nämlich die positive Basis, deshalb muß der Satz für das Kind auch unverständlich bleiben. Denn es stellt sein Glas nicht deshalb so nahe an den Tischrand, weil es glaubt, nur ein solcherart geparktes Fruchtsaftglas sei ein gutgeparktes Fruchtsaftglas. Vielmehr fehlt dem Kind das Bewußtsein dafür, daß solcherart abgestellte Gläser gerne abstürzen. Es tut einfach, was es tut. Daher erscheint dem Kind die Ermahnung auch wie ein plötzlich auftauchendes Rätsel, auf das es sich nur schwer einen Reim machen kann: «Ich soll
was
nicht
wohin
nicht
wie
nicht stellen?» Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma besteht für das Kind darin, die Negation als eine Aufforderung zu interpretieren. Mit dem Ergebnis, daß das Kind sein Glas
noch
ein wenig näher an den Abgrund schiebt. «Wenn die Großen das so wollen – dann mache ich es eben.»
    Nach dem bisher Gesagten ist es weiter nicht verwunderlich, daß für uns negierte Sätze deutlich schwerer zu verarbeiten sind als affirmative. Unser Gehirn muß mehrere Dekodierungsschritte leisten, und das dauert. Das kann ich freilich nur deshalb so beiläufig
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