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Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt

Titel: Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt
Autoren: Dan Shocker
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nehmen.
    Mit einem Motorboot war er losgefahren und in einer kleinen Bucht
vor Anker gegangen. Dichtes Gebüsch und undurchdringliches
Unterholz säumten das Ufer. Er hatte sich förmlich
durchkämpfen müssen, um ins Hinterland zu gelangen.
    Die Sonne stand schon tief, aber das störte ihn nicht.
    Er hatte nicht die Absicht, vor Einbruch der Dunkelheit das
unbewohnte Eiland zu verlassen. Wenn er das täte, würde er
am Ende genau so schlau sein wie alle anderen, die nur weitergaben,
was sie mal gehört hatten. Er aber wollte es genau
wissen…
    Er war überzeugt davon, daß alles nur Aberglaube
war.
    Dennoch mußte er sich im stillen eingestehen, daß die
Atmosphäre auf dem Eiland, das nur wenige hundert Meter lang und
breit war, ihn in eine seltsame, bisher unbekannte Stimmung
versetzte.
    Es war eine Mischung von Beklemmung, Bedrohung, Neugier und
Erwartung…
    Er durchwanderte bis zum beginnenden Abend die Insel von einem
Ende zum anderen, ohne auf etwas Außergewöhnliches zu
stoßen.
    Der weiße Sand unmittelbar am Uferrand war übersät
mit seinen eigenen Fußabdrücken.
    Das winzige Eiland war durch zahlreiche Buchten zerklüftet.
Hinter dichtem Grün gab es die phantastischsten Landformen,
skurril gewachsene Bäume und Büsche, bei denen man annehmen
konnte, jeden Augenblick würde ein seltsames Tierwesen, ein
»Gott« der alten Griechen oder eine Zauberin hervortreten,
um ihn zu verwandeln.
    Mit zunehmender Dunkelheit verstärkte sich der
merkwürdige Eindruck noch, den die verrufene und gemiedene Insel
auf ihn machte.
    Die Sonne versank glutrot im Westen, die Schatten der Bäume
und bewaldeten Hügel wurden endlos lang und wanderten wie
selbständige Lebewesen über Sand, Moos und Gras, als
wären sie auf der Suche nach einem Opfer.
    Shawn Addams richtete sich sein Lager für die Nacht her.
    Er wählte dazu einen günstigen Platz in der Nähe
der Bucht, wo er das Motorboot vertäut hatte und er es jederzeit
erreichen konnte, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis ihn zwang,
schnellstens zu verschwinden.
    Daß ihm diese Gedanken überhaupt kamen, ärgerte
ihn bereits. Er hatte sich von dem Geschwätz schon anstecken
lassen.
    Er sammelte trockenes Holz, zündete sich ein Lagerfeuer an
und wärmte eine Konserve mit Speckbohnen, die er aus der Dose
löffelte.
    Der Wind säuselte zwischen den dichtbelaubten Zweigen und
Ästen und das Rauschen der Brandung brach sich in den ihn
umgebenden Buchten, die er durch den grünen Blättervorhang
jedoch nicht mehr wahrnehmen konnte.
    Nur zwei Schritte entfernt begann ein kleiner Wald. Dahinter lagen
die Berge, die er am Nachmittag schon durchwandert hatte.
    Addams reckte sich und fuhr sich über das glattrasierte
Gesicht. Er fühlte schon die ersten Stoppeln sprießen.
Heute morgen hatte er sich zuletzt rasiert. Solange er sich auf der
Insel aufhielt, war Rasieren für ihn tabu, er wollte die Zeit
sparen und sich einen Bart wachsen lassen.
    Er legte die leere Konservendose neben das herunterbrennende
Feuer. Die Dunkelheit außerhalb des Lichtkreises, in dem er
sich befand, wirkte undurchdringlicher als die Schwärze auf dem
Festland.
    Oder bildete er sich das nur ein?
    Er kontrollierte sein Denken und Fühlen sehr genau, um sich
auf jede Veränderung sofort einzustellen.
    Hier auf diesem winzigen Eiland also hatten sie sich getroffen,
die Götter, die Halbgötter, Zauberinnen und Zwitterwesen,
um geheimnisvolle Feste zu feiern, an denen nie ein Normalsterblicher
teilgenommen hatte…
    Leise knisternd brannte das Feuer herunter.
    Vom Meer wehte ein warmer Wind.
    Es war Sommer. Die Temperaturen wurden tagsüber oft
unerträglich.
    In der Ferne vernahm er ein leises Grollen und sah das
Wetterleuchten am Firmament.
    Ein Gewitter zog über die Ägäis.
    Shawn Addams errichtete sein Zelt und stellte es so, auf,
daß es auf leicht geneigtem Boden stand. Er zog einen Graben
rings um das Zelt und warf dann seinen Schlafsack nach innen.
    Plötzlich hörte er leises Kichern.
    Im ersten Moment glaubte er sich verhört zu haben.
    Dann tönte das Lachen erneut. Addams hielt den Atem an und
starrte in die’ Finsternis, die ihn umgab.
    Er wußte es sofort.
    Er war nicht mehr allein auf dem Eiland…
     
    *
     
    Shawn Addams umklammerte einen dicken Knüppel und richtete
sich langsam auf.
    »Ist da jemand?« fragte der junge Mann aus New York
leise und blickte gespannt um sich.
    »Natürlich ist hier jemand«, antwortete eine
weibliche Stimme. Ein leises, unangenehm klingendes
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