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Macabros 091: Die Pestreiter

Macabros 091: Die Pestreiter

Titel: Macabros 091: Die Pestreiter
Autoren: Dan Shocker
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erreichte gleich darauf einen kleinen Lagerplatz, auf
dem abseits vor einer Buschgruppe ein Zelt stand. Mitten auf dem
Platz war eine Feuerstelle errichtet. Ein Rest von Glut ließ
das heruntergebrannte Holz nachglimmen.
    Der ›Vogel‹ umflatterte die Feuerstelle einige Male, ehe
er sich dem einsamen Zelt zuwandte.
    Der Eingang war fest verschlossen. Um das Zelt war ein Graben
gezogen.
    Tiefe Atemzüge verrieten, daß der oder die Personen im
Zelt fest schliefen.
    Der ›Vogel‹ wollte mehr wissen.
    Er landete auf der Spitze des Zelteingangs. Die Landung des
leichten Körpers erfolgte so sanft, daß kaum die straff
gespannte Plane an der betreffenden Stelle in Bewegung geriet.
    Der ›Vogel‹, entstanden aus einer einzigen Zelle des
unwahrscheinlichen Myriadus, drehte den Kopf nach allen Seiten. Ein
dickes Tau lief unterhalb des Zeltdaches durch Ösen und hielt
die beiden sich überlappenden Teile der Plane, die den Eingang
bildeten, fest zusammen. Auf diese Weise wollte man es wilden Tieren
erschweren, die notdürftige Unterkunft zu betreten.
    Für die Zelle des Myriadus aber gab es kein Hindernis, wenn
sie erst mal vollwertig war und den Reifeprozeß abgeschlossen
hatte.
    Der ›Vogel‹ schrumpfte zusammen, nahm eine bizarre,
längliche Form an und wurde zu einem dünnen Faden, der von
eigenständigem Leben erfüllt war. Der Faden glitt in
schlängelnder Bewegung an der dunkelbraunen Zeltplane entlang
und rutschte dann wie von selbst durch den winzigen Spalt, der
zwischen den beiden überlappenden Teilen bestand. Der
Zwischenraum war nur einen zehntel Millimeter breit. Platz genug
für den ›Faden‹ um durchzukommen. Ohne Widerstand
rutschte er in das Zeltinnere.
    Dort richtete sich im gleichen Moment eine Gestalt auf.
    »Eric?!« sagte eine verängstigte weibliche
Stimme.
    Der Mann an ihrer Seite war sofort hellwach. Automatisch griff er
nach dem Gewehr neben sich. »Ist was, Peggy?«
    »Ich weiß nicht, da war ein Geräusch.« Die
Frau hielt den Atem an und lauschte.
    Der Mann an ihrer Seite schüttelte den Kopf. »Es ist
alles völlig ruhig, bis auf den Krach, an den wir uns schon
gewöhnt haben. Kein Grund zur Besorgnis. Du hast dich bestimmt
getäuscht…«
    »Jetzt ist es nicht mehr da, Eric… aber einen Moment war
es ganz nahe. Es hörte sich an, als wäre jemand ans Zelt
gekommen… ich bekam’s nur mit, weil ich gerade wach lag,
aber doch nicht gleich reagierte…«
    Der Mann richtete sich vollends auf und nahm mit der rechten Hand
die griffbereit neben ihm liegende Stablampe an sich. Ein breiter,
greller Lichtstrahl flammte auf, der das Zeltinnere im Nu völlig
ausleuchtete.
    Der Lichtkegel war auf den Eingang gerichtet. Wäre jemand
oder etwas Großes vor dem Zelt gewesen, hätte sich schon
jetzt sein Schatten abgezeichnet.
    Eric Fraplin, ein international bekannter Abenteurer, der
Schlagzeilen dadurch machte, daß er verrückt anmutende
Reisen unternahm, war furchtlos und ein in tausend Gefahren
gestählter Mann, den nichts so leicht in Harnisch brachte.
    Er zog mit einem Ruck die Leine aus den Ösen und klappte die
Plane nach außen.
    Mit dem Gewehr im Anschlag spähte er in die Nacht und
überblickte den freien Platz vor dem Zelt. Nur wenn man genau
hinsah, war ein zweites Zelt in der Dunkelheit drüben zwischen
den dicht stehenden Büschen zu erkennen. Auch dort war alles
ruhig. In dem Zelt lagen vier Schwarze, Eingeborenen-Träger, die
Fraplin und Peggy Lascane, die Anglo-Französin, begleiteten.
    Die sechsundzwanzigjährige Frau, mit der Fraplin seit drei
Jahren befreundet war, beugte sich nach vorn und schloß zu ihm
auf. Dabei bemerkte sie den hauchdünnen Faden nicht, der etwa
drei Zentimeter lang und weniger als einen zehntel Millimeter dick
war und jetzt weiter an ›Substanz‹ verlor. Der Faden hatte
die Farbe des grünbraunen Schlafsackes.
    »Die Luft ist rein, Peggy«, sagte Fraplin. Dennoch
verließ er vollends das Zelt, drehte eine Runde und ließ
den Lichtkegel über Boden, Büsche und Bäume wandern.
Das Raunen und Kreischen im nächtlichen Dschungel
verstärkte sich.
    Obwohl er aufmerksam suchte, entdeckte er nichts, das Peggys
Wahrnehmungen untermauert hätte. Die dunkelhaarige Frau mit den
Sommersprossen um die Nase war dennoch nicht überzeugt.
    »Es hat sich angehört wie ein fliegender Vogel, der sich
schließlich aufs Zelt setzte«, beschrieb sie ihre
Wahrnehmungen genauer. »Er ist aber nicht mehr
weggeflogen…«
    Sie sagte es mit einer Bestimmtheit, daß man es ihr
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