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Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt

Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt

Titel: Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt
Autoren: Dan Shocker
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war, impulsiv zu reagieren, wurde sie sich ihrer
Unvorsichtigkeit gar nicht bewußt.
    Staunend bemerkte sie, daß im Treppenhaus kein Licht
brannte. Hatte die Automatik die Lampen bereits wieder
ausgeschaltet?
    Oder hatte nur jemand aus Spaß bei ihr die Klingel
betätigt – ein Betrunkener vielleicht? So was kam hier in
Soho oft vor. Randalierer gab es immer wieder.
    Da fiel Mary ein, daß es nur einmal geläutet hatte.
Wahrscheinlich war doch alles nur ein Spaß gewesen, ein Witz,
bei dem sie die Dumme sein sollte.
    »Wäre ich nur in meinem Bett geblieben«, murmelte
sie. Gleichzeitig schickte sie sich an, die Tür wieder zu
verschließen.
    Doch da schien plötzlich ein Schatten aus dem Boden zu
wachsen. Mary Cornwall vernahm das Knarren der Stufen nur
unterschwellig. Wie ein Geist stand unvermittelt eine düstere
Gestalt vor ihr.
    Die Frau wollte schreien und die Nachbarn auf den unheimlichen
Besucher aufmerksam machen, doch da begann der Fremde schon zu
sprechen. Eine bekannte Stimme drang an Marys Ohren.
    »Miss Cornwall«, sagte der Besucher, »entschuldigen
Sie die späte Störung, aber…«
    Obwohl sie den Mann nur einmal in Boston persönlich getroffen
hatte, erkannte Mary die Stimme sofort wieder. Erleichtert
verschluckte sie den Schrei.
    »Mister Gerlon«, seufzte sie. »Haben Sie mir aber
einen Schrecken eingejagt!«
    »Tut mir leid«, sagte der Kunsthändler
kurzangebunden. Seiner Stimme fehlte jegliche Wärme, und ein
gefährlicher Unterton schwang darin mit. »Aber mein Besuch
ließ sich nicht vermeiden. Es geht um unaufschiebbare
Dinge.«
    Mary Cornwall wurde der Doppelsinn dieser Worte nicht
bewußt. Auch die Veränderung in Gerlons Stimme entging
ihrer Aufmerksamkeit.
    »Kommen Sie herein«, sagte sie leise. »Wenn Sie
sich schon meinetwegen die Nacht um die Ohren schlagen, dann
muß es ja wichtig sein.«
    »In der Tat«, murmelte der Mann kalt, während er
den Korridor betrat und seinen Mantel an die Garderobe hing.
    Die junge Frau ging ins Wohnzimmer und Gerlon folgte ihr. Er
würdigte die peinlichst sauber aufgeräumte Wohnung keines
Blickes.
    In seinem Gehirn arbeitet es. Der Mordplan begann Gestalt
anzunehmen.
    »Ich hätte Sie erst morgen erwartet«, sagte Mary
und nahm zwei Gläser aus der Bar. »Das gleiche wie in
Boston?«
    Der Amerikaner nickte geistesabwesend und ließ sich auf
einem schweren, lederbezogenen Sessel nieder – ein teures
Stück. Obwohl sie in diesem Altstadtviertel lebte, war Mary
Cornwall keineswegs arm. Sie besaß ein gutgehendes
Antiquitätengeschäft, in dem es viele seltene und wertvolle
Stücke zu kaufen gab.
    Sie hatte Charles Gerlon vor einem Jahr auf einer Auktion in
Boston getroffen. Wertvolle Kunstgegenstände hatten damals den
Besitzer gewechselt, und Gerlon und sie hatten sich hart und
unerbittlich gegenseitig überboten.
    Am Ende der Auktion hatte Charles Gerlon ihr zu ihrer
Hartnäckigkeit gratuliert und Mary anschließend zum Essen
eingeladen.
    Auf diese Weise war eine Geschäftsverbindung zustande
gekommen, die sich für beide Seiten im letzten Jahr als sehr
ersprießlich erwies.
    Mary Cornwall schenkte ihrem Besucher einen Bourbon ein. Sie
selbst wählte einen Scotch. Vorsichtig stellte sie die
Gläser auf den Tisch.
    Mary hob ihr Glas.
    »Cheers«, sagte sie und blickte auf.
    Da schrak sie zusammen. Ihr Blut schien in ihren Adern gefrieren
zu wollen.
    Charles Gerlon – seine Augen hatten sich verändert!
    Von einem Augenblick zum anderen schien sich der Kunsthändler
in ein anderes Wesen verwandelt zu haben.
    Etwas Undefinierbares, Gefährliches schimmerte in seinen
Augen. Die Macht, die Charles Gerlon übernommen hatte, schlug
jetzt voll durch.
    Noch hatte Mary sich in der Gewalt. Obwohl sie am liebsten
geschrien hätte, zwang sie sich doch zur Ruhe.
    »Charles«, hauchte sie. »Was ist mit Ihnen
los?«
    Ihr Gegenüber antwortete nicht. Mit marionettenhaften
Bewegungen erhob er sich aus dem Sessel. Dabei stieß er
unbewußt an den Tisch. Das Bourbonglas kippte um. Schnell
ergoß sich die bernsteinfarbene Flüssigkeit über die
Tischplatte und auf den kostbaren Teppich.
    Mary war nicht fähig, sich zu bewegen. Die Pupillen des
Kunsthändlers zogen sich zusammen und begannen sich wie
irisierende Scheiben zu drehen.
    Rote Funken schienen hervorzusprühen.
    Ohne auch nur einen Schritt zur Seite zu gehen, wartete die junge
Frau, bis ihr Gegner heran war.
    Widerstandslos ließ sie es geschehen, daß sich die
Hände des Kunsthändlers wie Schraubzwingen um
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