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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger
Autoren: Dan Shocker
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Ende des Ganges anders vorgestellt.
    Das Flimmern hatte seinen guten Grund. Aus einem Loch, dessen
Tiefe sich in der Dunkelheit verlor, stiegen heiße Dämpfe
auf. Vor Sekunden schon hatte die Kleidung auf Jacques Haut gebrannt.
Aber da sich die Schmerzen nicht vergrößert hatten, nahm
er gegen jede Vernunft an, daß auch die Hitzestärke
konstant geblieben war.
    Aber was war schon Vernunft? Estrelle hatte gelernt, dieses Wort,
wenn überhaupt, nur noch flüsternd auszusprechen.
    Doch obgleich die Hitze nicht zunahm, fand Jacques die
Vorstellung, in das Loch hineingetragen zu werden, nicht gerade
erbaulich.
    Sein Blick fiel auf den Torbogen.
    Schon in halber Höhe schloß der Zugang zu dem
mörderischen Loch mit dem Bogen ab. Estrelle sah seine einzige
Chance darin, sich an dem Bogen in die Höhe zu stemmen. Zwar sah
er auch keine Möglichkeit, von dort oben wieder fortzukommen,
aber im Moment war es wichtig, dem sofortigen Tod zu entgehen.
Darüber, wie es danach weiterging, konnte er später noch
nachdenken.
    Aufrecht stand er auf dem Transportband und hatte abwartend die
Hände erhoben. Die Hitzewellen, die ihn umflirrten, spürte
er kaum mehr.
    Sekundenlang sah er vor sich den Abgrund. Ein unendlich tiefes
Loch, dessen undurchdringliche Finsternis ihn schauderte. Dann
krampften sich seine Finger um etwas Festes.
    Jacques Estrelle spannte sich. Er glaubte, Bleiklötze an
seinen Füßen zu haben.
    Langsam zog er sich in die Höhe.
    Unter ihm verlief das Band, das ihn beinahe in den Tod getragen
hätte. Jacques überlegte, welchen Nutzen der Mechanismus
haben mochte, der mit so großem Aufwand geschaffen worden
war…
    Ein Schmerzenslaut kam über seine Lippen, als Estrelles Kopf
an die Decke stieß. Er hatte nicht bemerkt, wie tief sie doch
hing!
    Noch mal warf er einen Blick in die Tiefe. Dann schloß er
die Augen und sah sich wieder auf dem kleinen Plateau um, worauf er
sich gerettet hatte.
    Es war so niedrig, daß Estrelle nicht aufrecht stehen
konnte. Der Raum zwischen ihm und der Decke besaß nur zweifache
Leibesdicke. Er vermochte nicht mehr, als sich auf den Boden zu
pressen und nachzudenken.
    In welche höllische Situation war er da geraten!
    Unwillkürlich strich sein Blick über die Decke.
    Schräg über ihm, etwas nach hinten versetzt, so
daß er es zu Anfang nicht hatte sehen können, erkannte er
deutlich die Umrisse eines Vierecks. Sie bildeten die einzigen
Unterbrechungen in der Ebenmäßigkeit der Wand.
    Zitternd streckte er eine Hand danach aus. Leicht ließ er
sie über die Umrisse fahren und spürte freudig die
Aufwölbungen.
    Es mußte sich um eine Klappe handeln.
    Hastig begann er nach einem etwaigen Verschluß zu suchen.
Als er keinen fand, drückte er kurzerhand dagegen.
    Er hörte ein leises Knirschen und glaubte, eine leichte
Bewegung festgestellt zu haben. Dennoch gab die Klappe nicht
nach.
    ›Hoffentlich öffnet sie sich nicht nach innen!‹
dachte er. ›Hoffentlich!‹
    Soweit es ihm möglich war, führte er seine angezogenen
Knie über den Körper und stemmte sich dann mit aller Kraft
dagegen. Aus dem Knirschen wurde ein Ächzen und Krachen. Endlich
gab die Platte nach. Mit einem Reißen schoß sie in die
Höhe.
    Diffuses Rotlicht ergoß sich über ihn. Es stammte aus
dem Raum, zu dem er sich eben Zugang geschaffen hatte.
    »Ich gratuliere dir!« sagte eine tiefe Stimme. »So
hast du doch noch den Weg gefunden!«
    Die Stimme kam aus dem Raum über ihm.
     
    *
     
    Christines Lebensgeister wurden wach, noch während sie im
Wasser trieb. »Jacques!« stöhnte sie.
    Die eigene Stimme klang nur verschwommen an ihr Ohr. Sie
fühlte sich von einem leisen Rauschen umgeben, das sie an den
lauen Herbstwind erinnerte.
    »Jacques!« rief sie wieder.
    Dann öffnete sie die Augen. Im selben Moment löste sich
die Sperre, und die Erinnerung fiel über sie her.
    Wild blickte sie um sich. Fische, wohin sie sah!
    ›Ich bin im Wasser!‹ durchzuckte es ihre Gedankenkette.
›Aber ich atme und kann sprechen…‹
    Sie begann zu strampeln. Es war eine unüberlegte Reaktion,
die zur Folge hatte, daß sie sich zu drehen begann. Auf einmal
blickte sie in tausend tückische Augen.
    Sie wischte sich mit der Hand übers Gesicht, und die Augen
verschwanden. Sie verwandelten sich in Fische verschiedener
Größe. Sie waren von gleicher Art wie die, die ihre Jacht
belagert hatten. Und sie geleiteten sie in die Tiefe hinab.
    ›Es geht nicht mit rechten Dingen zu!‹ dachte
Christine.
    Instinktiv hielt sie eine
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