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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger
Autoren: Dan Shocker
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zum Opfer gefallen waren – auf Schiffen, in
Flugzeugen oder unter Wasser, das schien keinen Unterschied zu
machen.
    Streng genommen wußte er selbst nicht, was er suchte. Irgend
einen Hinweis, eine besondere Formation der Korallen oder ein
gewächsfreies Gebiet, das öde den Grund des Meeres
zierte?
    Er wußte es nicht. Aber er wußte, daß er es
erkennen würde, sobald es ihm vor Augen kam.
    Er war die Konzentration selbst. Mit wohlberechneten Bewegungen
seiner Hände und Füße schob er sich in diese oder
jene Richtung, untersuchte hier eine Grotte und dort die Stelle, an
der sich eben noch ein großer Schwarm Fische befunden hatte.
Die Zeit verging im Flug. Er ließ nicht in der
Gründlichkeit seiner Untersuchungen nach, aber in deren Verlauf
fädelte sich ein Gedanke ein, der immer drängender
wurde.
    Es war an der Zeit aufzutauchen!
    Jacques Estrelle ließ von dem Objekt ab, das er seiner
merkwürdigen Form wegen eben noch untersucht hatte, und paddelte
in die Höhe. Ein Blick auf den Chronographen zeigte ihm,
daß er noch Sauerstoff für sieben Minuten hatte. Es
drängte ihn, fünf von diesen sieben Minuten für
weitere Untersuchungen zu verwenden, doch seine Vernunft schalt ihn
einen Narren. Ein solches Tun würde keinen Nutzen bringen,
dafür aber das Risiko eines Tiefenkollers erhöhen. Estrelle
besann sich.
    Langsam ließ er sich nach oben treiben. Er schwamm nicht
zügig bis zur Oberfläche durch, denn sein Körper
mußte sich erst langsam wieder an den schwächeren Druck
gewöhnen, der knapp unterhalb der Wasserlinie herrschte. Er
benötigte immer eine Weile, um sich in gewissen Intervallen zu
akklimatisieren, bis fast wieder der normale Außendruck
hergestellt war.
    Jacques’ Kopf durchstieß den Wasserspiegel.
    Er spuckte den Schnorchel aus und schob die Taucherbrille in die
Stirn. Dann zwinkerte er mit den Augen und hustete leicht. Er war
doch etwas zu schnell nach oben gekommen.
    Jacques Estrelle vernahm eine Stimme, wendete den Kopf und
erblickte die Jacht in hundert bis hundertfünfzig Metern
Entfernung. Christine stand auf der Brücke und warf gerade den
Motor an. Eine Hand an der Zündung, winkte sie ihrem Freund mit
der Linken zu.
    Jacques sah in den Himmel.
    Christine hatte recht gehabt. Er hätte diesen letzten Ausflug
in die Tiefe nicht mehr unternehmen sollen. Es begann bereits zu
dämmern, und sein Tauchversuch hatte auch kein Resultat
erbracht. Morgen würde er von neuem sein Glück
versuchen…
    Die schneeweiße Jacht tuckerte direkt auf ihn zu. Sie fuhr
mäßige Geschwindigkeit. Christine führte sie nur zu
Jacques, um ihm das Schwimmen der Entfernung wegen zu ersparen.
    Estrelle erwartete entspannt ihre Annäherung und ließ
sich widerstandslos von den Wellen treiben.
    Was war das?
    Jacques hatte das Gefühl, daß sie ihn nicht vor sich
hertrieben, sondern langsam einkreisten. Plötzlich schien es
ihm, als würden seine Flossen schwer.
    Er schaute zu der sich nähernden Jacht.
    Christine Olivier stand hinterm Steuer und schenkte ihm ihr
strahlendstes Lächeln. Sie war nur noch fünfzig Meter von
dem Schwimmer entfernt.
    »Christine, beeile dich!« rief Estrelle.
    Das Zerren und Ziehen an den Schwimmflossen des Franzosen wurde
stärker. Es schob sich langsam die Beine hinauf und trachtete,
seinen Unterleib zu erfassen. Zugleich bemerkte er, daß er ohne
sein Zutun die Jacht, die Christine zu ihm führte, aus den Augen
verlor.
    »Christine!« rief Jacques Estrelle.
    Er begann seine Flossen zu bewegen und versuchte auch mit den
Händen sich wieder in die Blickrichtung auf das Schiff zu
drehen. Er glaubte es fast geschafft zu haben, als der Sog
stärker wurde.
    Er wollte um Hilfe rufen, aber im selben Augenblick schob sich
eine Woge über ihn und verschluckte seinen Schrei.
    »Jacques!«
    Nur schwach drang der Laut an Estrelles Ohren. Er vermengte sich
mit dem wilden Rauschen, das in ihm immer lauter wurde. Dann spuckte
ihn die See wieder aus. Mit verschleierten Augen blickte der Franzose
über die Wasserfläche.
    »Jacques, was ist mit dir?«
    Die weiße Jacht hatte sich dem Meeresforscher bis auf zehn
Meter genähert. Hilflos stand Christine Olivier an Bord und
wußte nicht, was sie tun sollte. Die Geschwindigkeit konnte sie
nicht erhöhen, da die Entfernung zwischen ihrem Freund und ihr
inzwischen zu gering geworden war. Andererseits sah sie ihn hilflos
den Wellen ausgeliefert.
    Auch Christine wußte nicht, was mit Jacques geschah.
    Estrelle schien wie gelähmt. Von Bord der Jacht aus
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