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Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Titel: Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben
Autoren: Dan Shocker
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Atmosphäre rundum verbreitete Beklemmung und
Beunruhigung. Hier hatte einst etwas existiert, dessen Nähe
nicht hatte vergehen können.
    Rani Mahay fühlte sich beobachtet.
    Die Tigerkatze ging unruhig im Kreis herum. Aus ihrer Kehle drang
ein leises, gefährliches Knurren. Die Nackenhaare des Tieres
waren leicht aufgerichtet, es hatte die Ohren angelegt.
    Chitra verhielt sich anders als sonst Sie witterte eine Gefahr und
wußte doch nicht, wo sie zu finden war.
    Rani war es, als halte sich hier außer ihm noch jemand auf.
Er drehte sich um und durchbohrte die stumpfe Dunkelheit mit
aufmerksamen Blicken.
    Die Umrisse der abschreckenden Gestalten in den bizarren
Säulen kamen ihm plötzlich plastischer und mit mehr Leben
erfüllt vor.
    Da zuckte er zusammen.
    Unter einem Durchlaß tauchte eine Gestalt auf.
    Sie war weiß und schwebte einige Zentimeter über dem
Boden.
    Ein Geist!
     
    *
     
    Der Inder hielt den Atem an.
    Chitra benahm sich seltsam. Die Tigerin drehte sich im Kreis, als
suche sie etwas. Sie sah nicht die schwebende Lichtgestalt, die
langsam zwischen den unheimlichen Säulen näher glitt, als
würde ein Windhauch sie wie ein Blatt tragen.
    Die helle Gestalt war eine Frau von unvergleichlicher
Schönheit. Durch das weiße, weich fließende Gewand
schimmerte die getönte Haut, die makellos wie ein Pfirsich
war.
    Das Gesicht schien einer Prinzessin zu gehören. In langen,
platinfarbenen Locken fiel das Haar über die Schultern herab und
floß bis tief über die sanften Rundungen der
Hüften.
    Die Gestalt kam bis auf drei Schritte an Mahay heran – der
Inder registrierte jede Regung auf dem schönen Gesicht.
Erstaunen, Verwunderung und tiefes Glück spiegelten sich in
diesem Antlitz. Groß und klar wie ein Bergsee waren die
Augen.
    Die geisterhafte Frau wandte sich nach links. Sie schien viele
andere Dinge wahrzunehmen, aber den Inder und die Raubkatze hatte sie
wohl nicht gesehen.
    Die Gespenstische schwebte zum Thron.
    »Wer bist du?« fragte Mahay klar und deutlich. Seine
Stimme hallte durch den abstoßend wirkenden Thronsaal und
verwehte.
    Die schöne Fremde nahm überhaupt keine Notiz von
ihm.
    Sie umrundete den Thron und strich mit zarter Hand über die
widerlichen Dämonenfratzen, die dort aus dem Stein
herausgearbeitet waren, und verschwand dann in der Dunkelheit der
verschachtelten Räume.
    Mahay lief ihr in das Labyrinth der leeren Gänge nach und
entdeckte sie auch einige Male wieder. Einmal stand die Fremde an
einem mitten im Raum stehenden Brunnen und starrte in die Tiefe. Ein
andermal tauchte sie in einem wie eine tote Augenhöhle
aussehenden Fenster auf und blickte erschreckt in das geisterhafte
Tal.
    Die weiße Frau schrie. Man sah ihr das Grauen, die
Ratlosigkeit und die Verzweiflung an. Sie floh wie von Sinnen durch
die Räume, tauchte hier und dort wieder auf.
    Sie befand sich in einem Labyrinth der Schrecken, und verschwunden
war der Ausdruck der Glückseligkeit in ihrem Gesicht. Sie stand
dicht davor, den Verstand zu verlieren. Sie mußte tausend Dinge
gleichzeitig sehen, die sich hier abspielten. Sie schrie, aber kein
Laut drang durch die Stille der Nacht und hallte schrecklich durch
die Ruinenstätte.
    Die gespenstische Erscheinung verschwand schließlich wieder
so schnell und geheimnisvoll, wie sie gekommen war.
    Als Mahay die Geisterburg verließ, um weiter, das Tal
Richtung Südstern zu durchqueren, kreisten seine Gedanken wie
ein in wilde Fahrt geratenes Karussell.
    Wer war die Frau – und warum war sie dazu verdammt, an diesem
unseligen Ort zu spuken?
    Hätte er jetzt Björn Hellmark sprechen und ihm die
Situation schildern können, wäre ihm einiges
klargeworden.
    Das Gemäuer, das er verließ, war die Burg des
Scharlachroten, der weder menschlicher noch tierischer noch
pflanzlicher Herkunft war.
    Tamuur hatte im Augenblick des Dimensionsumsturzes seinen Fluch
wahrgemacht. Sein Tal ging unter, weil die Bedingungen, unter denen
es gestanden hatte, nicht mehr existierten. Raum und Zeit innerhalb
des Tals und, des angrenzenden Landes Ullnak kippten. Ein neuer
Zeitraum entstand – und neue Bedingungen. Die Bedingungen einer
fernen Zeit – Tamuurs Land und das Land Ullnak wurden in der
Vergangenheit ausgelöscht und entstanden in der Zukunft neu.
    Die geisterhafte Schöne, die der Inder beobachten konnte, war
niemand anders gewesen als Aleana, die Tochter des Fürsten Altor
aus Ullnak. Tamuur schwor, Aleana bis ans Ende ihrer Tage an sich zu
fesseln und sie alle Schrecken
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