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Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen

Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen

Titel: Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen
Autoren: Dan Shocker
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bewältigt.
    Frandon verließ den schattigen, kühlen Hof. Dem
Wohnhaus gegenüber lagen zwei ansehnliche Schuppen und ein
Stall, in dem Hühner gackerten und Schweine grunzten.
    Die Straße, die zu dem mit einem alten, schmiedeeisernen
Gitter versehenen Anwesen führte, war mehr als ein mit geteertem
Schotter befestigter Weg zu bezeichnen, auf dem keine zwei Fahrzeuge
nebeneinander fahren konnten.
    Steil fiel der Schotterweg ab. Nach knapp siebenminütiger
Fahrt mündete der Weg auf eine etwas breitere und asphaltierte
Straße. In Kurven ging es durch das felsige Gelände, in
dem hohes Gras und einzelne Akaziengruppen und Korkeichen
wuchsen.
    Harry Frandon war unzufrieden mit sich und der Welt.
    Mürrisch und nachdenklich fuhr er Richtung Küste, die er
auf Umwegen nach zwanzig Minuten erreichte.
    Er hielt am Straßenrand an und starrte hinüber zum Kap.
Die verwitterten Zinnen und düsteren Rundungen der Türen
waren hinter dem Wall aus verwildertem Buschwerk und meterhohem
Unkraut kaum noch wahrzunehmen, waren mehr zu ahnen.
    Die Worte des Wirts klangen noch in seinen Ohren. Reisen Sie ab,
solange Sie es noch können… reisen Sie ab, wenn Sie
überhaupt noch in der Lage dazu sind.
    Was hatte das zu bedeuten?
    Natürlich war er in der Lage dazu. Hier an der Kreuzung
konnte er die Entscheidung treffen. Fuhr er geradeaus weiter, kam er
geradewegs zum Kap – bog er rechts ab, kam er nach Perpignan,
dann nach Bezier und schließlich immer tiefer in das
Hinterland.
    Entschlossen gab er Gas. Er wollte sich selbst beweisen, daß
er Herr seines Willens, Herr seiner Entscheidungen war.
    Mit der großen, verwitterten und düsteren Ruine schien
tatsächlich einiges nicht in Ordnung zu sein. Er hatte mal
wieder den richtigen Riecher gehabt.
    Er fuhr langsam und unkonzentriert. Mal geriet er so weit auf die
linke Fahrbahnseite, daß er auf der engen Straße beinahe
mit einem entgegenkommenden Citroen zusammengestoßen
wäre.
    Im letzten Augenblick konnte er den Aufprall verhindern.
    Er sah das Straßenschild nach Perpignan und war
entschlossen, nicht mehr an das Schloß und den Wirt und die
Geschichte zu denken, die sich um den Comte de Barteaulieé
alias de Noir rankten.
    Zehn Kilometer vom Kap entfernt schalt er sich im stillen einen
Narren, daß er sich durch ein paar unhaltbare Worte ins
Bockshorn jagen ließ.
    Zwanzig Kilometer vom Kap entfernt hielt er an, wendete den
Triumph Vitesse und fuhr zurück.
    Er hatte bewiesen, daß er abreisen konnte, wann immer er es
wollte. Der Anblick der schönen jungen Frau im Garten des
Schlosses übte nicht den Zwang auf ihn aus, den der Wirt ihm
einreden wollte.
    Oder doch?
    Warum kehrte er zurück? Weshalb zog die Schloßruine ihn
an wie ein Magnet?
    War doch etwas Wahres an dem, was der Wirt ihm gesagt hatte?
    Er fuhr so weit auf das Kap, wie es ihm mit dem Fahrzeug
möglich war.
    Harry Frandon starrte in die Höhe, wo auf felsigen
Vorsprüngen und rotbrauner Erde Akazien standen, deren Wipfel
sich im Wind bewegten.
    Der Engländer horchte in sich hinein. Kam er freiwillig
– oder folgte er einem inneren Zwang?
    Frandon war überzeugt, reiner Neugierde zu folgen, um seinen
Wissensdurst zu löschen.
    Die Wahrheit aber war anders, und er erkannte sie nicht.
    Frandon suchte eine Möglichkeit, auf das Kap zu der Ruine zu
kommen. Es gab einen einzigen Weg. Steil und beschwerlich. Den wollte
er gehen. Irgendwie, so sagte er sich, mußte auch die nackte
Schöne dort hinaufgekommen sein.
    Oder sie wohnte dort…
    Keiner wollte oder konnte darüber Auskunft geben, wem das
Anwesen und die Ruine gehörte und ob es dort vielleicht nicht
doch noch bewohnbare Trakte gab…
    Er wollte es genau wissen.
     
    *
     
    Die Treppe hatte die Form einer Pyramide.
    Auf den einzelnen Stufen standen steinerne Throne, auf denen
kostbar gekleidete Skelette saßen. Weise und Priester des
Landes Xantilon, das vor zigtausend Jahren wie Atlantis in den Fluten
unterging, waren hier versammelt. Diese Weisen und Priester
führten die lange Reihe an, die er eines Tages abschließen
sollte. Der oberste steinerne Thron trug den Namen eines Mannes, der
vom Schicksal mit einer besonderen Mission betraut worden war:
Björn Hellmark. Und er hielt sich in diesen Sekunden hier in der
Höhle auf, er war das einzige Wesen aus Fleisch und Blut unter
den makabren Gestalten, die für ihn jedoch nichts Erschreckendes
hatten.
    Die auf den Thronen sitzenden und in prachtvolle, farbige
Gewänder gehüllten Skelette schreckten ihn
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