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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Autoren: Jack Vance
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Platz, jeder unter dem Wappen seiner Vorfahren. Der Königsthron war Evandig gewesen, bis Olam III. ihn zusammen mit dem runden Tisch Cairbra an Meadhan nach Avallon geschafft hatte. Der Tisch, an dem die Edelsten der Edlen ihren mit ihrem Namen versehenen Platz hätten entdecken können, hatte in der Mitte der Halle gestanden.
    Das Ehrenhaus war einst von König Carles erbaut worden, dem letzten der Methewen-Dynastie. Chlowod der Rote, der erste der Tyrrhenier 8 dehnte die Umfriedung von Haidion bis zum Osten von Zoltras Mauer aus. Er pflasterte den Urquial, Zoltras alten Paradeplatz, und errichtete an dessen Rückseite den massiven Peinhador, in welchem das Spital, die Kaserne und das Gefängnis untergebracht waren. Die Kerker unter der alten Rüstkammer verfielen, die alten Zellen, Folterbänke, Räder, Wippgalgen, Pressen, Zangen und Streckbänke vermoderten in der dumpfen Feuchtigkeit.
    Die Jahre gingen dahin, ein König folgte auf den anderen, und jeder vermehrte Haidions Palasse, Häuser, Winkel, Gänge, Türme und Zinnen, gleich als ob jeder, wie um seiner eigenen Sterblichkeit zu trotzen, danach getrachtet hätte, sich selbst zu einem Teil des zeitlosen Haidion zu machen.
    Für die, die dort lebten, war Haidion ein kleines Universum, abgeschottet gegen die Geschehnisse von anderswo, wenn auch die Trennwand nicht gänzlich undurchlässig war. Es gab Gerüchte von außerhalb, vage Kunde vom Lauf der Jahreszeiten, von Ankünften und Ausflügen. Gelegentlich drangen Neuigkeiten, ja sogar beunruhigende Meldungen durch.
    Chlowods Großvater war ein von den Balearen stammender Etrusker gewesen.
    Aber das war kaum mehr als ein gedämpftes Gemunkel, verschwommene Bilder, die den Organismus des Palastes kaum erregten. Ein Komet am Himmel? Wunderbar – aber schon vergessen, wenn der Küchenjunge Shilk der Katze des Unterkochs einen Tritt versetzte. Die Ska haben Nord-Ulfland verheert? Die Ska sind wie wilde Tiere – aber heute morgen fand die Herzogin von Skroy, als sie sich Schlagrahm auf ihren Brei strich, eine tote Maus im Rahmkrug, und da konnte man die wirkliche Fülle von Gefühl erleben, rauh und echt, als sie losschrie und mit ihren Schuhen nach den Mägden warf!
    Die Gesetze, die das kleine Universum regierten, waren exakt. Rang war auf das feinste gestaffelt, von der höchsten Stufe bis zur niedrigsten der niedrigen. Jeder kannte seinen Status und war sich des feinen Unterschieds zum nächsthöheren (den es zu verringern galt) und zum nächstniedrigeren (den es zu vergrößern und herauszustreichen galt) stets bewußt. Einige wagten sich über ihre Stellung hinaus, schufen Spannung; der scharfe Geruch von Mißgunst und Intrige hing in der Luft. Jeder kontrollierte das Verhalten der über ihm Stehenden, während er gleichzeitig stets darauf bedacht war, seine eigenen Affären vor den unter ihm Stehenden zu verbergen. Die Mitglieder des Königshauses erfreuten sich einer besonders sorgfältigen Beobachtung; ihr Verhalten wurde jeden Tag ein dutzendmal durchgekaut und analysiert. Königin Sollace legte religiösen Eiferern und Priestern gegenüber eine große Herzlichkeit an den Tag und fand vieles von Interesse an ihren jeweiligen Bekenntnissen. Sie stand in dem Ruf, frigide zu sein, und hatte niemals Liebhaber. König Casmir wohnte ihr regelmäßig, einmal im Monat, bei, und dann paarten sie sich mit der majestätischen Plumpheit zweier Elefanten.
    Prinzessin Suldrun nahm einen besonderen Platz in der Sozialstruktur des Palastes ein. Die Gleichgültigkeit von König Casmir und Königin Sollace ihr gegenüber blieb nicht lange unbemerkt; kleinere Gemeinheiten und Sticheleien konnten daher ungestraft an Suldrun verübt werden.
    Die Jahre vergingen, und ohne daß es so recht aufgefallen wäre, wuchs Suldrun zu einem ruhigen Kind mit langem, weichem Blondhaar heran. Weil niemand es für angebracht hielt, die entsprechenden Zuständigkeiten anders zu arrangieren, machte Ehirme den Sprung von der Amme zur Privatzofe der Prinzessin.
    Ehirme, ungeschult in der Etikette und auch ansonsten nicht sonderlich begabt, hatte sich Wissen von ihrem keltischen Großvater angeeignet, das sie über die Jahreszeiten und Jahre der Prinzessin vermittelte: Geschichten und Märchen, die Gefahren ferner Orte, Mittel gegen die Possen von Elfen, die Sprache der Blumen, Vorsichtsmaßnahmen gegen mitternächtliche Geister, das Wissen von guten Bäumen und von schlechten Bäumen. Suldrun erfuhr von Ländern jenseits der Burg. »Zwei Wege
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