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Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Titel: Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
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legte die Hände auf ihre Oberschenkel. Ihre Finger krallten sich in den verwaschenen Jeansstoff ihrer Hose. „Heutzutage sucht doch jeder eine Arbeit. Setzen Sie doch einfach eine Annonce in die Zeitung, ich bin mir sicher viele Leute würden gerne für einen Marquis arbeiten.“
    „Das ist leider nicht möglich. Der Marquis vertraut nur den Mitgliedern der Familie Tremonde.“
    „Dann hat der Marquis Pech gehabt.“ Joli fühlte sich auf einmal sehr müde.
    „Joselin ...“
    „Tut mir schrecklich leid, aber ich möchte nun gehen.“ Joli erhob sich. Tremonde schien ihre Enttäuschung nicht zu bemerken.
    „Bitte, Joli, überlege es dir noch einmal. Ich werde dir das Haus zeigen. Es ist wahrlich ein schönes Haus! Du wirst dich hier wohl fühlen.“
    „Lassen Sie es gut sein, Herr Tremonde.“
    Sie zwängte sich an dem runden Tisch vorbei und lief zügig aus dem Salon. Tremonde beeilte sich, ihr zu folgen. Wenn es um die Tradition ging, schien ihr Vater schnell zur Stelle zu sein, doch wo war er all die Jahre gewesen, in denen sie ihn gebraucht hätte? Doch tatsächlich hatte sie ihn gar nicht gebraucht. Sie war ohne ihn zurecht gekommen, denn sie hatte wunderbare, liebevolle Eltern, die vielleicht nicht so reich wie ein Tremonde waren, die sie aber liebten, sich um sie kümmerten und sorgten. Darauf kam es an.
    In ihrer Rage achtete sie nicht auf den jungen Mann der wie aus dem Nichts vor ihr stand und stolperte geradewegs in seinen Rücken. Erschrocken torkelte sie zurück und rieb sich die schmerzende Stirn. Es dauerte einen Moment, ehe sie realisierte, dass sie nicht gegen eine Wand, sondern gegen einen Menschen gelaufen war.
    „Entschuldigen Sie“, murmelte sie, verwirrt darüber, woher der Kerl plötzlich aufgetaucht war. Sie musterte ihn verlegen von oben bis unten. Er trug nichts weiter außer einem hellblauen Frotteehandtuch um die Hüften. Ein nackter Typ in Tremondes Haus. Um Taktgefühl bemüht schlug sie sich die Hände vor die Augen, riss dabei versehentlich ihre Brille von der Nase und stieß mit schriller Stimme ein zweites, diesmal deutlich panischeres „Entschuldigung“ aus. In was für eine peinliche Situation hatte sie sich nun schon wieder gebracht?
    Der Kerl sprach nicht, doch sie spürte, dass er sich zu ihr umdrehte und sie anstarrte. Langsam schob sie die Finger auseinander und lugte durch die entstandenen Lücken hindurch zu ihm. Er stand direkt vor ihr und war von oben bis unten klitschnass. Der Duft eines süßen Badeöls stieg ihr durch den Türspalt in die Nase.
    Joli hob den Blick bis zu seinem Gesicht und erstarrte. Dieser Typ war nicht nur an die zwei Meter groß, er sah auch noch wie ein fleischgewordener Traum aus. Die langen, dunklen Haare hingen in feuchten Strähnen über seine breiten Schultern, die wiederum in muskulösen, auffällig behaarten Unterarmen endeten. Seine Haut war eigenartig blass und sein Blick hatte etwas Durchdringendes. Und etwas Empörtes. Sie schluckte. Das Blut schoss heiß in ihre Wangen und brachte sie zum Glühen. Dabei war es nicht ihre Schuld, dass sie zusammengeprallt waren. Tremonde hatte sie völlig aus der Fassung gebracht.
    Der Fremde räusperte sich. Erst jetzt merkte Joli, dass sie den Hünen unverschämt lange anstarrte. Sie nahm die Hände aus dem Gesicht und hob ihre Brille auf, um sie auf den angestammten Platz zu setzen.
    „Marquis!“, rief Tremonde hektisch, drängte sich an Joli vorbei und verneigte sich ehrfürchtig vor dem Muskelprotz mit dem Stofffetzen um die Lenden, der nicht mehr allzu viel ihrer Phantasie überließ. „Es tut mir leid, Herr. Verzeihung. Das Mädchen war zu schnell.“
    Das war also der Marquis de Sagrais. Seine Bauch- und Brustmuskeln spannten sich. Dieser Mann war unglaublich durchtrainiert. Und unglaublich behaart. Auch wenn sie nie auf allzu behaarte Männer gestanden hatte, musste sie doch zugeben, dem Marquis stand der kleine Pelz. Und dieser Mann war nicht alt.
    „Das ist also unser Gast. Und sie möchte uns schon wieder verlassen? Zu schade, dabei wollte ich gerade nach oben gehen und mich ein wenig herrichten, um Sie anschließend zu begrüßen.“
    Der letzte Teil des Satzes war an Joli gerichtet. Vermutlich sah sie mittlerweile wie eine überreife Tomate aus. Bildete sie es sich nur ein, oder hatte der Kerl einen leichten Akzent? Nun, sein Name ließ vermuten, dass er Franzose war. Tremonde hingegen, der ebenfalls französischer Abstammung war, sprach ein astreines Deutsch, was gewiss daran
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