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Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)

Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)

Titel: Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Autoren: Elke Bergsma
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Ihr und ihrem Jungen hatte es an nichts
gefehlt. Doch hatten sie sich nie geliebt. Sein Interesse hatte ausgefallen
Sexpraktiken gegolten, zu denen sie, wie er am eigenen Leib in ihrer Zeit als
Prostituierte mit Entzücken zur Kenntnis genommen hatte, gerne bereit war,
solange es dafür eine angemessene Entlohnung gab. Und das war dann auch der
Deal gewesen: Sie beschaffte ihm, wann und wie immer er es wollte, sexuelle
Befriedigung, im Gegenzug gab er ihr und ihrem Sohn ein gesichertes Dasein. Das
hatte bis zu seinem Tod vor fünf Jahren bestens funktioniert. Zwar war sie nach
und nach einer Alkoholsucht verfallen, weil sie die von ihm geforderten
Praktiken in nüchternem Zustand nur schwer hatte ertragen können. Aber damit
konnte sie leben. Und auch ihrem Sohn, so glaubte sie, hatte es nie geschadet.
Denn war er nicht eigentlich ein ganz reizender junger Mann geworden? Aber
Theologie – nein, das musste doch nun wirklich nicht sein!
    Kein Mensch würde ihr glauben,
wenn sie der Öffentlichkeit eines Tages erzählen würde, wie viele Priester, Pfarrer
und Mönche damals unter ihren Kunden gewesen waren, evangelische wie
katholische, verheiratet oder dem Zölibat verpflichtet, kinderreich oder –
zumindest offiziell – kinderlos. Bei ihr hatten sie gesucht, was sie zuhause
nicht bekamen. Und sie hatte es ihnen gegeben. Seither wusste sie, dass es wohl
kaum eine Berufsgruppe auf dieser Welt gab, die sich so ausgiebig der Heuchelei
hingab, wie die angeblich so keuschen und gottesfürchtigen Theologen der
Christenheit.
    Nach dem Tod ihres Mannes hatte
sie die Großstadt verlassen, im ostfriesischen Emden ein kleines Häuschen
gekauft und ihre neu gewonnene Freiheit genossen. Hier hatte sie ihre Ruhe, und
keiner verlangte von ihr irgendwelche abartigen Dinge. So hätte sie rundherum
zufrieden sein können, wenn sie sich nicht ständig über Jonathans Lebenswandel
hätte Sorgen machen müssen. Dabei war es ihr geringstes Problem, dass ihr Sohn
sich ganz offensichtlich zu Männern hingezogen fühlte. Eigentlich hatte sie
damit sogar überhaupt kein Problem. Sollte doch ein jeder nach seiner Fasson
glücklich werden. Allein, er war es nicht. Im Gegenteil schien er sogar
ziemlich unglücklich zu sein, weil ihm sein Lover zwar ewige Liebe schwor, ihm
deswegen aber noch lange nicht treu war. Jonathan litt ganz furchtbar unter
dieser Situation und hatte sogar schon mehrmals damit gedroht, sich etwas
anzutun. Und nun saß er erneut hier vor seiner Mutter und weinte bitterliche
Tränen.
    „Du solltest ein für alle Mal mit
diesem Kerl abschließen“, sagte Katharina Eckstein nun zu ihrem Sohn, „seit du
ihn kennst, macht er dich mit jedem Tag unglücklicher. Eine Beziehung aber
sollte doch beide Partner bereichern, glücklich machen, Jonathan.“
    „Das sagt ja genau die Richtige“,
brummte der Pastor, der das verquere Verhältnis seiner Mutter zu Dietrich
Eckstein noch gut vor Augen hatte.
    „Ja. Eben weil ich in meiner
Beziehung nie wirklich glücklich war, weiß ich, wie wichtig das ist. Wie lange
willst du denn den Eskapaden deines Freundes noch zusehen? Jeder einzelne
seiner Ausrutscher tut dir weh, er aber scheint alleine den Lustgewinn im Auge
zu haben. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber deine Gefühle, Jonathan,
sind ihm doch völlig egal.“
    „Er liebt mich, da bin ich mir
ganz sicher.“
    „Dann hat er aber eine tolle Art
dir das zu zeigen“, knurrte Katharina und nahm einen großen Schluck von ihrem
Whiskey.
    „Kannst du nicht mal mit der
Sauferei aufhören? Das ist ja widerlich!“, bemerkte Jonathan verärgert und zog
die Stirn in Falten.
    „Nein“, antwortete seine Mutter
knapp und nahm demonstrativ einen weiteren Schluck. „Nicht genug damit, dass er
dich betrügt und vor aller Welt zum Affen macht“, fuhr sie unbeeindruckt fort,
„nein, du sicherst ihm auch noch sein komfortables Einkommen, in dem du ihm
einen Klavierschüler nach dem anderen vermittelst. Das ist doch in höchstem
Maße berechnend und niederträchtig von ihm. Ich weiß wirklich nicht, was du dir
dabei denkst, mein Junge. Welche Frau hatte er denn diesmal flachgelegt, als du
in seinen Unterrichtsraum kamst?“
    Jonathan ließ ein verärgertes
Grunzen vernehmen. „Drück dich doch bitte nicht so ordinär aus, Mama.“
    „Dein Freund Raffael ist ordinär,
Jonathan, nicht ich.“ Sie seufzte. „Was muss denn noch alles passieren, damit
du ihn endlich verlässt?“
    „Ich ... kann ihn nicht
verlassen“, antwortete ihr
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