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Lust auf ihn

Lust auf ihn

Titel: Lust auf ihn
Autoren: Kiara Singer
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dem Weg zu ihm befand, ließ sie das vorangegangene Wochenende nocheinmal gedanklich Revue passieren. In einem Punkt war sie sich ganz sicher: Diesmal würde es für sie nur eins geben, nämlich alles ganz genau so zu machen, wie er es von ihr verlangte, und zwar ohne Fragen zu stellen oder Widerworte zu geben. Ohne ihren Kopf zu verwenden, würde sie unmittelbar mit ihrem Körper reagieren. Sie sah ein, dass sie eventuelle Unklarheiten oder Bedenken gut und gerne auch zu einem späteren Zeitpunkt ansprechen konnte, zum Beispiel dann, wenn sie nach den ihr zugefügten Peinigungen wieder wie ein kleiner schutzbedürftiger Knäuel auf seinem Bauch lag.
    Gespannt fragte sie sich, was er wohl diesmal mit ihr vorhatte. Würde er sie fesseln, knebeln, peitschen, fisten, mit Klammern verzieren oder ihr peinliche Aufgaben stellen? Oder ihr wieder den Kitzler betäuben, damit es nicht zu lustvoll für sie würde? Müsste sie gar das ganze Wochenende über nackt und auf allen Vieren durch die Wohnung laufen? Auch malte sie sich aus, wo es ihr hinterher überall wehtäte. Sie liebte es, auf diese Weise noch tagelang an ihn und das Erlebte erinnert zu werden. Einmal mehr schwor sie sich, ihn absolut nicht zu enttäuschen und sich ihm ganz hinzugeben.
    Sie hatte Lust auf ihn.

Vergewaltigung
    Sie hasste es, wenn er sie so anschaute, weil sie dann genau wusste, dass er sowieso keine Ruhe gab, egal wie lange sie sich mit ihrer Antwort Zeit lassen oder gar zieren würde.
    Für einen Augenblick huschte ein zaghaftes Lächeln über ihre Lippen. Waren es nicht sonst immer die Männer, die sich in eine fast demonstrative Schweigsamkeit zurückzogen, wenn es um etwas wirklich Persönliches ging. Jedenfalls behaupteten das ihre Freundinnen. Sue beispielsweise bemerkte einmal über ihren Ehemann an: „Du kannst ihn alles fragen, solange das Problem mit einem Schraubenzieher oder Hammer lösbar ist.“ Um dann kichernd hinzuzufügen: „Notfalls mit dem Hammer in seiner Hose.“
    Nicht so bei Thomas und ihr. Da war sie die große Schweigerin, jedenfalls, wenn es in irgendeiner Weise brenzlig wurde. Und seine heutige Frage war brenzlig, sehr brenzlig sogar. Dabei wollte er lediglich wissen, ob sie beim Sex mit ihm oder auch sonst einmal bestimmte sexuelle Fantasien habe, die sie besonders stark erregten. Nicht irgendwelche Vorstellungen, sondern für sie ganz typische Abläufe oder Erscheinungen, die ständig wiederkehrten.
    Zu ihrem Leidwesen hatte er damit punktgenau eines ihrer dunkelsten Geheimnisse berührt. Doch sie hatte keineswegs vor, ihm dieses aus freien Stücken preiszugeben.
    „Und du?“
    Sie entsann sich, von dieser Taktik einmal vor etlichen Jahren in einem Ratgeber für Kommunikationstechniken gelesen zu haben: ‚Stellt dir jemand eine unangenehme Frage, antworte sogleich mit einer ähnlich schwierigen Gegenfrage.’
    „Sorry Larissa, aber dein schäbiger Versuch, mir mal wieder den Schwarzen Peter zuzuschieben, war allzu durchsichtig.“
    Er kannte also ihren Ratgeber.
    „Wieso? Mich interessiert wirklich, was in deinem Kopf vorgeht, wenn du mit mir schläfst.
    Wetten, dass du dabei überhaupt nicht an mich denkst, sondern an Beyoncé Knowles oder irgendein anderes Sternchen, auf das du gerade scharf bist. Vielleicht hast du auch längst eine heimliche Geliebte und träumst die ganze Zeit beim Sex von ihr. Ich habe gelesen, die meisten Ehemänner in deinem Alter hätten mindestens eine Zweitfrau, mit der sie mehrmals unter der Woche Liebe machen. Manche gehen mit ihnen stundenlang shoppen, kaufen ihnen schicke Klamotten, Brillanten und …“
    Eine energische Hand ergriff ihren Unterarm und brachte ihren atemlos sprudelnden Redefluss zum Erliegen.
    „Genug Larissa, genug! Nun hattest du ausreichend Gelegenheit, deine Östrogene und deinen Uterus zu Wort kommen zu lassen, doch jetzt ist wieder dein Verstand gefragt. Was ist mit deinen sexuellen Fantasien?“
    „Gar nichts. Was soll damit schon sein? Ich kenne so etwas nicht“, log sie.
    Wie ein Schraubstock schloss sich seine Hand ein Stück fester um ihren Unterarm.
    „Autsch, du tust mir weh!“ Spätestens an dieser Stelle schien es ihr sinnvoll zu sein, ein verletztes Gesicht zu machen und die Opferhaltung einzunehmen. Doch seltsamerweise beeindruckte sie ihn damit dieses Mal nicht.
    „Auf andere Weise ist doch überhaupt nichts aus dir herauszubekommen. Du glänzt mal wieder mit einer einzigen Aneinanderreihung aus Lügen, Beschwichtigungen und kommunikativem
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